Frühjahrsversammlung

„Politischer Wille und die Realität klaffen auseinander“

Innung des Kraftfahrzeuggewerbes Hohenlohe-Franken traf sich in Laudenbach. E-Mobilität und Nachwuchsgewinnung sind große Themen

Lesedauer: 

Laudenbach. Die Frühjahrsversammlung der Innung des Kraftfahrzeuggewerbes Hohenlohe-Franken fand in der Vereinshalle des AMC-Laudenbach statt. In seinem Bericht ging Obermeister Rainer Biedermann, der sich seit 1997 im Ehrenamt für seine Innung engagiert, auf Themen ein, die die Branche beschäftigen.

Das Wort „Transformation“ gefalle ihm dabei nicht, wie er sagte. Fakt sei jedoch, dass sich das Kfz-Gewerbe in einem Veränderungsprozess befinde. Die Politik gibt den Rahmen für die fortschreitende E-Mobilisierung vor, und die Automobilhersteller beschreiten diesen Weg. Bei der Beantwortung der vielen Kundenfragen zu diesem Thema sei entscheidend, so der Obermeister, dass die Händler eine Brücke zur hauseigenen Ladeinfrastruktur beim Kunden schlagen. Um hier optimale Angebote machen zu können, kooperieren die Kfz-Betriebe mit den Elektro-Handwerk.

Laut einer Studie des Fraunhofer IAO und dem Institut für Automobilwirtschaft erwartet die Branche einen Beschäftigungsrückgang bis im Jahr 2030 um 18 Prozent und bis 2040 um 29 Prozent. Die Gründe dafür liegen in der Digitalisierung der Fahrzeuge mit rasanter Entwicklung der Fahrassistenzsysteme, einer völlig neuen IT-Infrastruktur und der damit notwendigen Digitalisierung der Geschäftsprozesse in Autohäusern und Werkstätten, der Elektrifizierung der Antriebssysteme sowie dem Agenturmodell der Hersteller.

Mehr zum Thema

Stadtradeln startet am 14. Juni

Pro Rad und Klimaschutz

Veröffentlicht
Von
stv
Mehr erfahren

Betroffen sein werden bis 2030 die herstellergebundenen Betriebe, bis 2040 auch die freien Werkstätten und Autohäuser. Betriebe, die den Wandel aktiv für sich gestalten, hätten aber gute Chancen, so Rainer Biedermann, zu den erfolgreichen zu gehören.

Das seit vielen Jahren drängende Thema der Nachwuchsgewinnung hat die Innung lange auf konventionellem Wege zu lösen versucht. Doch die herkömmlichen Wege hätten nicht mehr die Wirkung wie zuvor. Die neuen Medien seien jugendorientiert und erlaubten eine direkte Ansprache von potenziellen Auszubildenden und möglichen Fachkräften.

Zahl der Betriebe sinkt

Ehrengast des Abends war Detlev Peter Grün, der neue Vizepräsident und Bundesinnungsmeister, der sich den Mitgliedern vorstellte. Er nahm auch zur Frage „Wohin steuert das Kfz-Gewerbe“ Stellung. Was sich in E-Bereich noch alles tun wird, skizzierte er mit Weitblick. Durch Tele Aid beziehungsweise Telematik stehen die Systeme direkt mit dem Hersteller und dieser direkt mit dem Fahrzeughalter beziehungsweise dem Fahrer in Kontakt. Android und Google sind damit ständige Begleiter. Die Elektrifizierung des Antriebsstranges, die Digitalisierung, die Fahrzeugassistenzsysteme seien politisch gewollt und „wenn wir uns dem E-Markt verschließen, werden wir abgehängt“, so der Bundesinnungsmeister.

Die Kfz-Betriebe werden immer weniger, aber die Arbeit immer mehr. Schuld daran sei, dass viele Betriebe keinen Nachfolger haben sowie erschwerte Bedingungen bei der Vergabe von Krediten. „Start Up-Träume werden unterstützt, aber Handwerker nicht“, kritisierte Detlev Peter Grün. Auch die Frage, warum die Meisterschule etwas kostet, das Studium jedoch nicht, beschäftigt weiterhin das Gewerk.

Grundsätzlich sieht Detlev Peter Grün die E-Mobilität nicht negativ, nur bei Nutzfahrzeugen ist er sich sicher, dass sie nicht praktikabel sein wird. Er wünsche sich Technologieoffenheit, nur leider sehe die deutsche Politik das nicht so.

Politisch werde einseitig auf Elektromobilität gesetzt, die in Deutschland nicht entsprechend ausgereift sei und für die die Infrastruktur noch nicht geschaffen sei: „Asien ist in Sachen E-Fahrzeuge deutlich besser als Europa und unsere Verbrenner-Gebrauchtwagen gehen nach Afrika“. Den Weg zum zertifizierten, klimaneutralen Autohaus schilderte Thomas Härterich von der Koch-Gruppe. Obwohl das Auto in Deutschland nur 18,2 Prozent des CO2-Ausstoßes verursacht, würden die Kunden in Sachen Klimaschutz immer sensibler. Außerdem sollte man, so Thomas Härterich, ein Beispiel geben, vor allem die Industrieländer müssten in Bezug auf Klimaschutz und Reduzierung der Erderwärmung eine Vorreiterrolle spielen.

Der ESG-Scor fließt ins Bankenrating ein, erläuterte er, und wird nur entsprechend gewertet, wenn der Betrieb entsprechende Zertifikate vorweisen kann. Kompensation kann geleistet werden, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren.

Im Fall der Koch-Gruppe wurden Job-Räder angeschafft, wird in Photovoltaik investiert und es wurden Windräder gebaut. Thomas Härterich ist Klimaschutz ein persönliches Anliegen, das er mit der Firma „Fokus Zukunft“ realisieren konnte. So weit bekannt ist, ist die Koch-Gruppe die einzige Kfz-Firma, die sich klimaneutral nennen darf. Die Ziele im Hause Koch verfolgt man konsequent weiter und arbeitet an Papiervermeidung, der Umrüstung auf LED-Lampen und nützt, statt 380 Rechnern, Zugangsterminals (NUC) über die auf die ausgelagerte Rechnerleistung zugegriffen werden kann.

Ein wichtiger Punkt für eine bessere Umwelt, und einhergehend eine Verringerung des CO2-Ausstoßes, ist, nach Ansicht von Thomas Härterich, nicht die Abschaffung der Fahrzeuge, sondern der schnelle Ausstieg aus fossiler Energie. Bei einem momentanen Bestand von 48,5 Millionen Pkws in Deutschland sei es unabdingbar, dass man sich mit dem Thema CO2-neutral hergestelltem synthetischem Kraftstoff beschäftigt, denn es wird noch viele Jahre dauern, bis diese Fahrzeuge vom Markt verschwinden, da selbst bei einem Anteil von 100 Prozent Elektrofahrzeuge lediglich drei Millionen Fahrzeuge pro Jahr ersetzt werden können.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten