Neubronn. Es ist ein stattliches Jubiläum, das der Neubronner Kirchenchor am Sonntag, 8. September mit einem Festgottesdienst begehen wird: die derzeit 15 bis 20 aktiven Sängerinnen, die die Tradition des vor 75 Jahren vom damaligen Ortspfarrer ins Leben gerufenen evangelischen Kirchenchors bis heute fortführen.
Dass das gelang, stimmt die aktiven ebenso dankbar wie die ehemaligen Sängerinnen. Es sei die Dankbarkeit, die sie beim Festgottesdienst vor allem zum Ausdruck bringen wollen, berichtet Chorleiterin Gudrun Schammann, die die Formation seit bereits sechs Jahrzehnten leitet.
Bei freudigen und auch traurigen Anlässen gesungen
Viel haben sie gemeinsam erlebt in all diesen Jahrzehnten, gesungen bei freudigen wie bei traurigen Anlässen, durch ihren Gesang auch in dunklen Stunden Hoffnung gespendet. Vor allem sei es das wunderbare Miteinander, das dem Chor auch über die Singstunden, Gottesdienste, Chorkonzerte und Ständchen hinaus seinen besonderen Charakter verleihe und über die chorische Arbeit hinaus ausstrahle, berichtet die Chorleiterin: Wenn irgend Not am Mann oder der Frau sei, unterstützen sich die Mitglieder ganz ohne große Anfragen und Absprachen gegenseitig. „Das ist bei uns ganz normal, auch über den Kreis der Aktiven hinaus.“
Kein Wunder also, dass es dem Chor nicht schwer fällt, bei geistlichen Abendmusiken, den Adventskonzerten oder eben auch jetzt für den Festgottesdienst musikalische Unterstützung zu finden: Da scharen sich schnell die Flötenkinder und die Mitglieder des Posaunenchors um die Sängerinnen, die sich dank ihrer Leiterin nie Gedanken um die Begleitung durchs Orgelspiel sorgen mussten.
Gudrun Schamman, die den Chor schon kurz nach ihrer Einheirat in die Ortschaft von der ersten Chorleiterin Erna Wolf übernahm, war von dieser auch kurz in die Nutzung der Manuale und Pedale der Vorgängerin der 1988 eingeweihten Laukhuff-Orgel eingeführt worden. Die übrigens sorgte ausgerechnet an einem 24. Dezember für Aufregung: Als die Organistin am Nachmittag zum Einspielen das Windwerk einschaltete, erklang ein markerschütternd grauenhafter Heulton. Einschalten, Ausschalten, anspielen – nichts, aber auch gar nichts wollte helfen. An einen klangvollen Weihnachtsgottesdienst war mit diesem so deutlich hörbar erkrankten Instrument auf gar keinen Fall zu rechnen.
15 Jahre seit der letzten Überholung hatte die 1988 eingeweihte Orgel problemlos auf kleinsten Tastendruck über alle Register ihren Dienst getan, mit ihrer Klangfülle jeden Gottesdienst bereichert – und nun das, ausgerechnet am Heiligen Abend!
Ein wahrer Segen, dass die so dramatisch heiser gewordene Patientin – sozusagen ein „heimisches“ Instrument – auf erste Hilfe aus der Nähe hoffen konnte: Orgelbauer Deeg stellte private Weihnachtsvorbereitungen hintan, startete unter gehörigem Zeitdruck seine Untersuchung und wurde fündig: Wohl bei der Montage hatte sich ein kleiner Schraubendreher in einer der Pfeifen versteckt und dem Instrument anderthalb Jahrzehnte keinerlei Beschwerden beschert. Ob es die anstehenden Jubelgesänge waren, die ihn erbeben ließen? Jedenfalls erblickte er kurz vor Beginn des Gottesdienstes dank Orgelbauer-Hilfe das Licht der anbrechenden Christnacht. In diesem Gottesdienst dürfte die Orgel den Chor ganz besonders strahlend unterstützt haben…
Die brauchte zu ihrer Finanzierung auch selbst Unterstützung – und dafür hat mehr oder weniger das ganze, mit seinen damals noch etwas mehr als 200 Einwohnern auch nicht gerade große Dorf gemeinsam mit dem Kirchenchor musiziert.
Kosten für Orgel-Finanzierung bei Osterkonzerten eingespielt
Die Orgel-Restfinanzierung in Höhe von rund 26 000 Mark spielten Chor, Posaunenchor, Flötengruppe und alles, was singen oder sonst wie musizieren konnte, über zwei Jahrzehnte bei den Ostermontagskonzerten ein. Kurze Schrecksekunden, wenn sich mal ein Notenblatt verkrümelt, sich eine Sängerin kurz vorm Adventskonzert an einem zur Stimmstärkung gewählten Hustenbonbon verschluckt oder eins der Flötenkinder noch ganz ganz dringend einem menschlichen Bedürfnis nachkommen muss, meistert die seit Jahrzehnten aufeinander eingespielte Formation entspannt. Da trägt die Gemeinschaft.
Das wird auch beim Jubiläums-Festgottesdienst so sein, der zugleich zur Wiederbegegnung auch mit allen noch erreichbaren ehemaligen Chormitgliedern wird. Ihnen allen, nicht nur den Mitgliedern, die gerade ein rundes Chorjubiläum feiern, wird Bezirkskantorin Anne-Maria Lehmann, die auch auf die Chorgeschichte zurückblicken wird, im Rahmen des Gottesdienstes eine Gedenkurkunde überreichen.
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