Weikersheim. Lesen ist die wichtigste Schlüsselkompetenz, um sich in einer komplexen Umwelt zurechtzufinden – für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Smartphone-„Daddeln“ mit Suchtfaktor trainiert eher Reaktionsfähigkeit und digitale Flexibilität und kann bei Übermaß ein tiefes Eintauchen in Sachverhalte eher verdrängen. Doch wer liest, versteht die Welt – und Bibliotheken sind wichtige Lieferanten der Lesemedien. In einer groß angelegten Studie wurden jetzt die Faktoren analysiert: Was „bringt“ der Besuch? Michaela Stock von der Weikersheimer Bücherei an der Laudenbacher Straße gab dem Gemeinderat Einblicke in die aktuelle Studie.
Im Jahr 2024 wurde die großangelegte Publikumsstudie namens „Sentobib“ für öffentliche Bibliotheken in Deutschland und sechs weiteren europäischen Ländern durchgeführt. Dieses Forschungsangebot wurde für und zusammen mit dem Bibliothekssektor entwickelt, in Kooperation mit einem Konsortium aus sechs europäischen Universitäten und den nationalen Bibliotheksorganisationen, einschließlich des Deutschen Bibliotheksverbands. Sentobib bietet nach der Aufarbeitung der Ergebnisse öffentlichen Bibliotheken in Deutschland und Europa die Möglichkeit, ihre Besucher über alle relevanten Aspekte ihres Bibliotheksbesuchs zu informieren.
Brettspiele stehen hoch im Kurs
Knapp formuliert: Welche Bedeutung hat meine Bücherei vor Ort? Nicht nur das Besucherverhalten und die Besuchsdauer wurden in Weikersheim (als eine von über tausend Teilnehmer-Bibliotheken) abgefragt, sondern auch zukunftsweisende Aspekte unter der Leitfrage: Wie kann man die Ansprache von Kunden optimieren?
Grob gesagt: Rund zwei Drittel der Nutzer kommen aus dem Weikersheimer Stadtgebiet, ein Drittel aus Nachbargemeinden. Rund die Hälfte der Nutzerinnen sind 26 bis 45 Jahre alt. Ungefähr die Hälfte der Nutzer verweilt mehr als eine Stunde. Gut 88 Prozent leihen dann auch etwas aus. 19 Prozent lesen eine Zeitschrift oder die Zeitung, ein Buch oder einen Comic, 17 Prozent besuchen eine Veranstaltung. Über 30 Prozent leihen in Weikersheim Brettspiele aus – und das ist signifikant hoch. Innerhalb des „Clusters“ vergleichbarer Einrichtungen sind es nur 16 Prozent. Rund 42 Prozent suchen hauptsächlich nach allerneuesten Titeln, 33 Prozent nutzen Ebooks. Auf Nachfrage aus dem Gemeinderat stellte Bibliotheksleiterin Michaela Stock klar fest: Für klassische Literatur interessieren sich lediglich zehn Prozent, „gefragt ist immer das Neue“.
Zufriedenheitswert bei fast 100 Prozent
Erfreulich für Weikersheim: Mehr als 96 Prozent der 236 örtlichen Studienteilnehmenden sagen, dass sie mit dem Team sehr zufrieden sind in puncto Fachkompetenz, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Zugänglichkeit. Die Tauschbörsen sind am bekanntesten, aber auch die Medienflohmärkte sind allgemein bekannt. Der wichtigste Informationskanal ist die regelmäßige E-Mail-Newsletter, rund 37 Prozent nutzen die Homepage, 18 Prozent informieren sich über Soziale Medien.
Blick auf die Kinder und Jugendlichen: Hier gibt es den Ferienclub, Führungen, die „Leseminis“ und Kindertheater – und alles wird mit höchsten Zufriedenheitswerten angenommen. Ein (allgemein zu erwartender) Nutzer-Knick ist bei den älteren Jugendlichen zu verzeichnen.
So schätzen die Nutzer die Bedeutung der Bücherei ein: Sie unterstütze nicht nur die Lesekompetenz an sich, sondern auch die persönliche Entwicklung, habe eine große Bedeutung für Kinder und Jugendliche und auch für die breitere städtische Gesellschaft. Und: Sie ist ein „einladendes Haus für alle Menschen“ – das sagen fast 90 Prozent der Studienteilnehmer. Kurz: Die Weikersheimer Einrichtung ist nicht nur Wohlfühlort, sondern wird als Zentrum für Kreatives und Soziales wahrgenommen.
Das wünschen sich die Nutzer
Was soll die „Stadtbücherei der Zukunft“ bieten? Nutzer wünschen sich auch Kurse, Schulungen, Workshops und Vorträge vor allem zu Themen wie Garten, Politik, Lebenshilfe, IT und Fremdsprachen, mehr Kindertheater und einen Leseclub für Kinder. Interessiert ist man auch an einem Buch- oder Plaudercafé, an Veranstaltungen für (Groß-) Eltern und Kinder, einem Außenbereich und ruhigen Rückzugsorten mit bequemen Lesesesseln.
Bürgermeister Nick Schuppert würdigte nicht nur die aufschlussreiche Analyse, sondern die „hervorragende Arbeit“ des motivierten Bibliotheksteams. Die Bücherei sei ein „echter Ort der Begegnung“. Lob aus dem Gesamtgremium gab es zudem. Die Stadträte würdigten u.a. die übergreifende Arbeit mit anderen Bildungsträgern wie den Schulen.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/weikersheim_artikel,-weikersheim-lesen-staerkt-die-stadt-was-die-weikersheimer-buecherei-besonders-macht-_arid,2336275.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/weikersheim.html