Theaterweinprobe der Doredräwer

Doredräwer servieren spritzige Weine und griffige Pointen

Von 
Inge Braune
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Zeugenbefragung durch „M&M“ - Merkel (Michaela Dietz, Dritte von rechts) und Marple (Sonja Hein, rechts): Wirklich zielführende Hinweise zum Verbleib des verschwundenen Bürgermeisters können (von links) weder der KI-Roboter (Oliver Gutöhrlein) noch die Neubürgerin Natascha (Jessica Köhn), der Bürgermeistersekretär Schäfer-Dünkel (Lukas Schäfer), Hannes (Martin Reindel, Mitte) noch Amtsbotin Hermes (Isolde Neef) liefern. © Inge Braune

Schon eine Stunde vorm Beginn drängte sich das Publikum an beiden Theaterweinproben-Abenden in der Bauernhalle. „Zweimal volles Haus“ meldeten die Veranstalter – kein Wunder, waren die 300 Karten doch so hurtig wie noch nie vergriffen.

Schäftersheim. Zuletzt 2019 konnte der Weinbauförderverein zur heiteren Theaterweinprobe mit der Theatergruppe „Doredräwer“ einladen. Schmerzlich vermisst wurde das durch die Pandemie torpedierte Highlight im Schäftersheimer Veranstaltungsjahr.

Mit „Hannes ohne Bürgermeister – M&M ermitteln“, getextet von den bewährten Theaterweinproben-Autorinnen Andrea Riegler-Seyffer und Tanja Jacoby-Fleuchaus, entschädigten jetzt die örtlichen Winzer und Darsteller fürs in den letzten Jahren entgangene Vergnügen.

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Bei Kerzenschein und einer mit reichlich Lokalbezügen gewürzten Krimi-Komödie, in die die Doredräwer gekonnt Informationen über die sechs perfekt kredenzten Proben einbauten, konnte die Theaterweinprobe nur zum umfassenden Hochgenuss geraten. Zum Entree ein Gläschen Secco – rosé aus Markelsheim –, zum ersten Akt ein vom Weingut Ehrmann kredenzter trockener 22er Weißburgunder und ein unterm Label „Edition Lust“ angebotener Sauvitage trocken. Zum zweiten Akt ein Tauberberg Zweigelt Kabinett des Jahrgangs 2019 und ebenso tiefrot Regent, eine Spätlese der gleichen Lage. Und dann zum Dritten erst ein „Cuvée 52“ (2022, Edition Lust) und – Schluss- und Höhepunkt der Weinverkostung – natürlich noch mit der 22er Kerner Spätlese eine Spezialität vom Schäftersheimer Klosterberg.

Soviel zum Wein, in dem bekanntermaßen Wahrheit liegt. Und Wahrheit sucht auch das eifrige Detektiv-Doppelgespann „M&M“ – Jane Marple (Sonja Hein) und Angie Merkel (Michaela Dietz) –, die sich nicht scheuen, halb Weikersheim ins Kreuzverhör zu nehmen, wobei sie unter anderem auf die Zungen lösende Kraft der Tauberweine setzen.

Darauf setzt auch Hannes, der unbedingt jetzt endlich einen neuen Bürgermeister braucht. Martin Reindel präsentiert perfekt das respektlose schwäbische Schlitzohr mit auch ohne Wein bereits lockerer Zunge. Wie er – ganz Liebhaber erlesener Genüsse – die Füllstände der Bestechungstropfen kontrolliert, bringt auch im Publikum so manchen Kopf in Seitenneigung.

Erst aber trifft er auf Lukas Schäfer, hier rechte Hand des Bürgermeisters und als „Lukas Schäfer-Dünkel“ nur zu gern selbst auf dessen Posten: Herrlich hochnäsig und viel beschäftigt versucht der erst mal, abzuwimmeln, denn schließlich geht ihm nach 200 Versuchen den Amtschef zu erreichen, doch irgendwie die Düse: Der Schultes ist verschwunden und nirgends aufzutreiben, nicht im Rathaus oder bei den Bienen, auch nicht bei einer Klassenführung im Schlosspark und schon gar nicht in seinem Amtszimmer. Neubürgerin Natascha (Jessica Köhn) – jung, hilfsbereit, ganz Ohr und dank IT-Verstand ein Gewinn fürs Städtchen – will vorsprechen; Amtsbotin Hermes (Isolde Neef) braucht ihren Boss zwecks Absprache der Getränkelieferung. Nicht nur der ganze Ort, nein, auch die Presse weiß schon Bescheid, dass Schultes Schnubart weg ist.

Hat man ihn gar entführt? Ängstliches Zähneklappern im Rathaus: köstlich mimen Neef und Schäfer aufkeimende Hysterie, die des Beruhigungsschlucks bedarf.

Die trockenste Rolle im Stück hat Oliver Gutöhrlein: als frisch erworbener Rathaus-Roboter 6992-KI-WKH-SHÄ wird er elektrisch, nicht mit Rebensaft betrieben. Gekonnt starrgliedrig und mit Automatenstimme tut der Robot kund, was Wein und Boden bieten und leistet seinen Beitrag zur Wahrheitsfindung. Dass edle Tropfen ebenso wie en passant beim Einkauf gefallene Sätze für Verwirrung sorgen können, wird allen spätestens klar, als sich die kollektive Dorfjugend (Josefine Fleuchaus, Esther Konrad, Lina Bauer und Lea-Sophie Klärle) aufmacht, um mit der Sammelbüchse schon mal Lösegeld für den Entführten aufzutreiben. Mit „Heidi K.“ (Manuela Kimmelmann) und „BM Schnubart“ (richtig gefolgert!) präsentierten die Doredräwer zwei Neuzugänge. Letztgenannter musste am ersten Theaterabend nach kurzen Auftritt in der Tauberphilharmonie wohl erstmals an einem einzigen Abend auf zwei Bühnen agieren. Kein Wunder, dass der Vorzimmerdrache schon in der ersten Szene Engagement-Anfragen für Bürgermeister-Einsätze als Weinlese-Erntehelfer abwimmeln musste. Das Publikum hatte jede Menge Spaß an der Weinprobe, die durch die Anwesenheit gleich mehrerer Weinhoheiten – Mareike Fries und Karina Eckard – geadelt wurde. Aufgrund riesiger Nachfrage und schon jetzt begeisterter Mundpropaganda bieten die Veranstalter in Kooperation mit dem Jugendclub Elpersheim am Freitag, 8. Dezember, 20 Uhr eine Zusatzaufführung in der Taubertalhalle Elpersheim an. Karten gibt’s bei Spielwaren Maier (Weikersheim, Hauptstraße 27, Telefon 07934/ 8049) sowie am Montag, 27. November von 18 bis 19 Uhr im Rathaus Elpersheim (Telefon 077934/8377).

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