Spannender Vortragsabend

Die Außenfassade der Weikersheimer Stadtkirche ist fertig saniert

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Inge Braune
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Das „Dankeschön“, das Dekanin Renate Meixner (rechts) den beiden Vortragenden überreichte, kommt von hoch oben: Anette Pelizaeus und Günter Breitenbacher freuten sich über die bemalten Schieferplatten, die bis zur Renovierung noch das Kirchendach deckten. © Inge Braune

Weikersheim. Es sei ein „Etappensieg“, den die Gemeinde in dieser Woche feiern könne, sagte Dekanin Renate Meixner vor rund 30 Gästen in der Stadtkirche St. Georg. Nach fünfjähriger Bauzeit ist die Außensanierung der Kirche abgeschlossen. Die kleine Festwoche eröffnete Hans-Ulrich Nerger am Flügel, ehe die Kunsthistorikerin Anette Pelizaeus und der Studiendirektor a.D. Günter Breitenbacher in ihren Vorträgen den Blick für die kunstgeschichtlichen und historischen Besonderheiten der Kirche schärften.

Eigentlich, so die Dekanin, hätte der Vortrag, der Einblick in manch neue Erkenntnisse zur Vorgängerkirche, Baugeschichte und Ausstattung gab, bereits 2020 stattfinden sollen. Damals ging der mit Blick auf die Sanierung von den beiden Historikern erarbeitete, reich bebilderte und detaillierte neue Kirchenführer in Druck. Gern hätte man das 40-seitige Heft da schon präsentiert, doch Corona bremste nicht nur die Bauarbeiten, sondern auch die Vortragsveranstaltung aus.

Reise in Kirchengeschichte

Viel neues Wissen hat Günter Breitenbacher in zahlreichen Archiven zusammengetragen, alte, für heutige Leser kryptische Urkunden gesichtet, studiert, sie ins Deutsche und das aktuelle Schriftbild übertragen. Es war eine spannende Reise in die Kirchengeschichte, bei der Breitenbacher auch Dokumente zur Vorgängerkirche ausfindig machte.

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Die gehörte zur ursprünglichen, an der Einmündung des Vorbachs in die Tauber gelegenen Siedlung Wighartesheim. Zwar wird diese, soweit bislang bekannt, erstmals 837 in einer Schenkungsurkunde des Klosters Fulda genannt, doch ihre Gründung dürfte bereits ins sechste oder siebte Jahrhundert zurückreichen.

Dass die Ortschaft wohl bereits zu Beginn des 13. Jahrhunderts eine eigene Pfarrkirche hatte, schließt Breitenbacher aus einer Erbschaftsurkunde: Kurz vor Silvester 1219 setzte Pfarrer Sifrid den Deutschen Ritterorden als Erbe von Hof, Äckern, Weinbergen und Grundstücken ein, ein Indiz, das für eine florierende Pfarrei spricht.

Doch der von den adligen Herren von Weikersheim – später „Edle von Hohenlohe“ – gebaute Kirche drohte wohl durch die Erbauer selbst das Ende: Die von der Herrschaft erbaute Wasserburg lockte die Einwohner von der Ursprungssiedlung ins sich um die Burg entwickelnde Städtchen. Die Folge: für die Gemeinde wurde der Kirchgang umständlich, teilweise gefährlich – insbesondere für den Pfarrer, wenn er bei Nacht und Nebel etwa zur Krankenkommunion gerufen wurde.

Mit der Inkorporation, also Einverleibung der Kirche ins Stift Neumünster wechselte das Patronatsrecht aus den Händen der weltlichen in die geistliche Macht, die dank des von 23 Titularbischöfen am damaligen Papstsitz Avignon beurkundeten Sammelablasses nicht unwesentliche Einnahmen generieren konnte. Das später angefügte 24. Siegel stammt vom Würzburger Bischof Albrecht, der damit den 960-tägigen Ablass zeitlicher Sündenstrafen für rechtens erklärte. Mit Verleihung des Stadtrechts 1330 wuchs der Wunsch nach einer Stadtkirche, deren Grundsteinlegung vor 600 Jahren Weikersheim 2019 feierte.

Abbruchsteine für Neubau

Abriss und Neubau genehmigte die geistliche Macht unter der Auflage, dass „ein Teil der versetzten Kirche“ am alten Standort auf dem Friedhof zu erhalten sei und die Abbruchsteine für den Neubau zu verwenden seien.

Stadtherr Conrad von Weinsberg und seine Frau Anna kamen dieser Verpflichtung nach und stifteten für die Friedhofskaplanei auch ein Wohnhaus samt Hofstelle. Ihre Investitionen in den Neubau bedurften nicht nur der Ergänzung durch die Kirchengemeinde, sondern auch durch Almosen aus anderen Bistümern: Verbrieft ist eine Almosenaktion aus der Diözese Konstanz – natürlich ebenfalls mit Ablässen für zeitliche Sündenstrafen im Fegefeuer verbunden. Laut der Gedenktafel am linken Pfeiler der Westfassade erfolgte die Grundsteinlegung für die neue Kirche innerhalb der Stadtmauer am 27. Mai 1419, die Weihe der dem Heiligen Blut und St. Georg gewidmeten Kirche ist bereits für den 9. September 1425 beurkundet.

Damals, so Kunsthistorikerin Anette Pelizaeus, sei die spätgotische Hallenkirche allerdings noch deutlich kleiner gewesen: der größere, bis heute erhaltene Chorbau mit seinem sehenswerten Sterngewölbe, der allegorischen Darstellung der sieben Tugenden, dem Ehe-Allianzwappen von Graf Georg Friedrich von Hohenlohe und seiner Gattin Eva, geb. Gräfin Waldstein und dem von unten nicht lesbaren Lebenslauf des Grafen wurde erst 1616 bis 1618 angefügt. An das ursprüngliche Stifterpaar – Reichserbkämmerer Conrad von Weinsberg und dessen Gattin Anna, geborene Hohenlohe-Weikersheim – erinnert das heute unter der Westempore zu sehende Spitzbogenrelief im Kirchenraum. Mancher Ausstattungsschatz der Kirche fällt auf Anhieb auf: das „Prinzle“ natürlich, die aufwändig gestaltete Kanzel, der reich verzierte Hochaltar, der genaues Hinsehen werte Kreuzaltar, der 1766 von Graf Ludwig Friedrich Carl von Hohenlohe-Neuenstein gestiftete Spätrokoko-Orgelprospekt, der die Vorgängerorgel von 1612 ersetzte und der uralte, aus Lichtel stammende Taufstein.

Begeisterung und Besorgnis

Anderes erschließt sich erst auf den zweiten Blick: dazu gehören etwa die 20 in Halbkreisnischen zu findenden Reste eines Rundbogenfrieses des Vorgängerbaus, die Tafelmalereien an den östlichen Emporenbrüstungen oder die farbig gefassten Schnitzarbeiten an den Wangen der Kirchenbänke im östlichen Langhaus.

Mit sichtlicher Begeisterung und teilweise auch Besorgnis über die noch ausstehende Innensanierung führte Anette Pelizaeus anhand von Detailfotos das Publikum zu den Kunstwerken.

Wer diesen näher kommen möchte, sollte sich am Sonntagnachmittag Zeit für die Stadtkirchenführung mit Monika Birkhold nehmen. Ab 14.30 Uhr wird sie erläutern, „Was Steine uns erzählen“.

Die Steine werden nicht nur erzählten: Sie werden auch „mitsingen“, denn Bezirkskantorin Anne-Maria Lehmann begleitet die Führung an der zuletzt 1976 von der Orgelmanufaktur Laukhuff überarbeiteten Orgel und lässt dabei die Akustik der Kirche glänzen.

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