Normalerweise würde mit der Gemeinde gefeiert – der erste Bauabschnitt der Stadtkirchen-Sanierung ist weitgehend beendet. Doch für die weiterführenden Arbeiten fehlen noch Gelder.
Weikersheim. Eigentlich ist der Abschluss der ersten Sanierungsphase an der Weikersheimer evangelischen Stadtkirche St. Georg ein Feiertag. Ein gutes Jahr wurde an vielen Stellen gewerkt – das Gotteshaus wurde dafür eingerüstet und verhüllt. „Es war ein gutes Jahr, das jetzt zuende geht“, hält Dekanin Renate Meixner fest. Auch wenn die Baukosten vor allem marktbedingt nach oben korrigiert werden mussten (ursprüngliche Planung: 982 000 Euro – aktueller Stand bei rund 1 117 000 Euro), was geschafft werden musste, ist auch im Wesentlichen geschafft.
Zur Erinnerung: „Historische“ Schadstoffe, wie Holzschutzmittel im Dachgebälk, mussten entfernt werden. Die große und vor allem steile Dachkonstruktion und die Ziegeleindeckung wurden ertüchtigt. Am Hauptturm zum Marktplatz hin kletterten die Handwerker dafür hoch hinaus: In schwindelerregender Höhe wurden Schiefer-Schindeln erneuert. Und wie das bei Alt-Bauten (St. Georg wurde im gotischen Zeitalter ab 1419 erbaut) eben so ist: einige Schäden kamen erst per unmittelbarer Augenschein-Kontrolle ans Tageslicht. Da waren dann vor allem Fachleute für Natursteinarbeiten im Einsatz – am Langhaus und am Turm. Wenn nicht gerade ein Handwerker-Laster neben der Kirche geparkt war, bekamen die Weikersheimer von den teils sehr anspruchsvollen Arbeiten kaum etwas mit. Dieses Problem der „Kaum-Sichtbarkeit“ hatten die Verantwortlichen schon im Vorfeld erkannt – die hohen Kosten für die Gewerke waren entsprechend schwer zu vermitteln.
Trotzdem hatte sich schnell eine engagierte Freundeskreis-Gruppe gefunden, die sich für das Kulturerbe einsetzte. Eine Spendeninitiative entstand. Immer wieder wurde etwa mit Informationsständen, publikumswirksamen Veranstaltungen (wie dem Stadt-Kirchen-Lauf) und Benefizkonzerten auf die örtliche wie überörtliche Bedeutung des historischen Kirchenbaus hingewiesen; auch mit dem Ziel, Geld in die Finanzierungskasse zu spülen.
„Von oben“ sind der Kirchenraum und seine einzigartigen Kunstwerke durch ein wieder dichtes Dach jetzt gesichert. Nun seht die zweite Bauphase an. Aufgrund der Kostensteigerungen kann diese allerdings nicht nahtlos gestartet werden, sondern erst ab Frühjahr 2021, so die Dekanin im FN-Gespräch. Die Finanzierung wird auch durch die Corona-Krise erschwert – Gottesdienst-Stopps, das Aus für öffentlicheVeranstaltungen wie den beliebten Lauf und das damit verbundene „Projektmarketing“ – es ist derzeit einfach schwer, für die Maßnahmen zu werben.
Aktuell sieht die Lage so aus: Bei einer Darlehensaufnahme von 30 000 Euro müsse die Kirchengemeinde rund 40 000 Euro an Spenden noch aufbringen, erklärt Renate Meixner. Irgendwann demnächst wird die Kirche abgerüstet, doch im östlichen Bereich bei den Doppel-Zwiebeltürmen muss für den Bauabschnitt II wieder eingerüstet werden, denn auch hier muss die Schieferdeckung erneuert werden. Weitere Arbeiten folgen: die Außenreparatur des Chors, Natursteinarbeiten auch an den Türmen (Kosten ursprüngliche Planung: 596 000 Euro, aktuell: 618 000 Euro). Auch hier ist ein Wermutstropfen zu vermelden – die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat die in Aussicht gestellte Fördersumme um 20 000 Euro auf nunmehr 50 000 Euro reduziert. Dennoch rechnet Meixner mit einem genehmigungsfähigen Finanzierungsplan – die Kirchenleitung stellt eine höhere Förderung in Aussicht.
Nachhaltig geschützt
Am Donnerstag nun wurden die Zimmereiarbeiten als wichtigstes Gewerk abgenommen. Mit dabei neben Statiker Joachim Schiebold und Bauleiterin Heike Hüppop (Architekturbüro Berger) und einem Vertreter der Zimmerei auch Dekanin Meixner, die sich von den geleisteten Arbeiten beeindruckt zeigte. Bis unter den First ist die Dachkonstruktion, wo nötig, fachmännisch erneuert worden, so dass „das Dach wahrscheinlich 200 Jahre“ ohne weitere größere Reparaturen auskommen werde, schätzt Schiebold. Selten sei der Dachstuhl wohl seit den Anfangszeiten der Kirche in einen so guten Zustand versetzt worden, wie jetzt. Alle Beteiligten betonten die Wichtigkeit dieses Bauabschnitts – wo kein Wasser eindringen könne, sei das darunter liegende Kirchenschiff nun nachhaltig geschützt.
Aktuell können die weiträumigen Dachgeschosse noch über die Gerüst-Außentreppe betreten werden. Nach dem Abbau gelangt man dann wieder nur über die Kirchturmstiege bis nach oben. Aus seiner Sicht stünde auch geführten Besichtigungen nichts im Wege, so der Statiker. Eine räumliche Nutzung ist aber wohl wegen heutigen Anforderungen an Fluchtwege kaum möglich – der optische Einblick via Zeitungsfotos für die Weikersheimer wohl im wahrsten Sinne des Wortes exklusiv.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/weikersheim_artikel,-weikersheim-das-kirchendach-ist-wieder-dicht-_arid,1645342.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/weikersheim.html