Laudenbach. Er ist ein junger, konservativer Unionspolitiker auf dem Durchmarsch: Manuel Hagel, Fraktionschef der CDU im Landtag von Baden-Württemberg. Und er ist, seine Wahl im November vorausgesetzt, auf dem Weg zum neuen Spitzen-Gesicht im Land. Vor einem Monat hatte Innenminister Thomas Strobl angekündigt, dass er nicht mehr zur Wahl zum BW-Parteivorsitzenden antreten wird. Und er hat seinen Wunsch-Nachfolger gleich genannt: Manuel Hagel soll übernehmen.
Oberstes Ziel: CDU zurück an die Spitze bringen
Der 35-Jährige hat zügig bereits ein oberstes Ziel formuliert: Er will die CDU wieder an die Spitze in Baden-Württemberg bringen. Bei der „Sonntagsfrage“ liegt die Partei aktuell vor dem regierenden grünen Koalitionspartner. Und: Die Union hat mit Hagel einen deutlichen Verjüngungsprozess an der Parteispitze eingeläutet.
In der öffentlichen Wahrnehmung steht er noch im Schatten der „Alten“, doch bei der bildungspolitischen „Bergpredigt“ in der Laudenbacher Wallfahrtskirche konnte man den aufstrebenden katholischen Politiker aus Ehingen auch im Norden des Bundeslands schon einmal persönlich kennenlernen. Seine „Bergpredigt“: eine politsche Standortbestimmung. Es war allerdings kaum ein gemischtes Publikum – hauptsächlich seine Parteifreunde aus der Tauber-Region besuchten den Vortrag.
Vernunft statt Regulierung
Pfarrer Burkhard Keck führte in die Veranstaltung ein. Unter Bezug auf den Zentrums-Politiker Eugen Bolz, von 1928 bis 1933 Staatspräsident von Württemberg und im Widerstand gegen das NS-Regime, bezeichnete Keck die Politik als praktische Ausprägung der Religion. Deren Ziel: Immer der Mitmensch.
Manuel Hagel nahm den Ball auf: Für ihn als christlichen Politiker sei die Bibel das Fundament. Und – bezogen auf die Bergpredigt Jesu – sei das Ziel politischen Handelns der Mitmensch. Umkehrschluss: Wenn Politik nicht auf den Menschen ausgerichtet sei, „ist es keine christliche Politik“.
Es gelte die Würde des Menschen zu schützen, „unabhängig von Verdienst, Abstammung, Herkunft, Glaube, Leistungsfähigkeit oder sonst einer Eigenschaft“, machte Hagel klar. Würde liege im Menschsein an sich, „weil jeder Mensch von Gott gewollt“ sei. Damit einher gehe auch, die Freiheit jedes Menschen zu akzeptieren – auch die Freiheit anderer Meinungen. Der Einzelne habe aber auch Verantwortung für die Gesellschaft, „wenn man Teil davon sein will.“
In der Politik sprach sich Hagel für eine Deregulierung aus. Familie etwa wisse am besten, wie sie sich organisieren könne, auch bezogen auf Betreuung und Erziehung und die Form „in der sie zusammenleben will“.
Stichwort Klimawandel: Verbote führten in die falsche Richtung, ebenso staatliche Überwachung und Kontrolle; Hagel nannte das Gebäudeenergiegesetz. Eine „Letzte Generation“ (Thema „Klimakleber“) gebe es für ihn nicht, denn als Christ gehöre er zu den hoffnungsvollen Menschen. Insgesamt gehe es doch um mehr praktische Vernunft und weniger moralischen Rigorismus, mehr Eigenverantwortung und weniger Staatsgläubigkeit.
Bürger-Sorgen ernst nehmen
Neben anderen Themen (etwa Bürgergeld, Leistungsgerechtigkeit, Arbeit) sprach Hagel auch das Fehlen einer „breiten Mitte“ an, das die Demokratie unter Druck setze. Hetze, Hass, Unversöhnlichkeit und aufflammende Gewalt gegen Menschen jüdischen Glaubens seien nur ein Ausdruck aktueller Entwicklungen. Auch über Pandemie und Klimakrise habe er eine „Emotionalisierung“ und eine unbedingte „Gewissheit“ der Richtigkeit der eigenen Position festgestellt. Doch „Wo Rauch ist, da ist auch Feuer“, so Hagel. Gleichzeitig warnte er vor Strömungen, die dem Bürger „einfache Lösungen vorgaukeln“. Populisten behaupteten dann, das Wohl des Volkes als einzige zu kennen und leiteten daraus einen Machtanspruch ab.
Für ihn bedeute (christlich-) poltisches Handeln: die Sorgen und Ängste von Menschen wahrnehmen und in Diskussionen berücksichtigen. Politik „muss also ganz genau hinhören“, dürfe sich nicht „in Echoräumen“ abschotten. Grundlage der Demokratie: Debatte und Diskurs ohne Schönreden. Erst über den Austausch von (sachlich fundierten) Argumenten (und nicht über das Festhalten an Selbstüberzeugungen) komme man zum Konsens. Bei aller Sachlichkeit dürfe aber „die Gefühlswelt nicht ausgeklammert werden.“
Nötig sei auch ein „Mut zum Bekenntnis“, dass nicht alle Gründe für das Unbehagen von Menschen beseitigt werden könnten. Offenheit statt Abschottung, ein „Hin zum Bürger“ im Sinne einer direkten Demokratie, samt authentischen Auftretens „als Person und als politische Organisation“. Dazu gehöre, auch Fehler einzugestehen.
Die Grundlagen des Grundgesetzes seien aber „nicht verhandelbar“, die Würde des Menschen unantastbar. Lebens, Meinungs-, Glaubens- und Versammlungsfreiheit, sowie die Pressefreiheit seien zu schützen. „Alles andere darf aber in der politischen Debattenkultur kein Tabu sein.“ Christen, so Manuel Hagel, dürften nicht „schal“ sein, sondern müssten sich auf ihre „Würze“ besinnen. Und – man müsse das eigene „Licht zeigen, anstatt es unter den Scheffel zu stellen“.
In der Diskussions- bzw. der Fragerunde mit den Vortragsbesuchern kamen einige Punkte aufs Tapet, beispielsweise der Schutz ungeborenen Lebens, der praktischen Politik und dem Umgang mit dem Populismus. Hier dürfe man „nicht über den Wähler spotten“, sondern man müsse dessen formulierte Probleme lösen“, so Hagel. Und schließlich: Man könne nur Menschen für das Ehrenamt begeistern, wenn dieses auch Spaß mache. Überbordende Vorschriften, etwa für Vereine, müssten zurückgefahren werden und der Vernunft weichen.
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