Weikersheim. Wolfgang II. war ein weiser Herrscher, dem das Wohl seiner Untertanen am Herzen lag. Die Beschäftigung mit der Alchemie war die Leidenschaft des Weikersheimer Grafen – nur das Goldmachen klappte nicht so recht.
Am 28. März ist sein Todestag. Wolfgang II., Graf von Hohenlohe und Herr zu Langenburg, starb 1610 im Alter von 63 Jahren. In seiner Hand vereinte er, Regent seit 1568, letztmals den Neuensteiner Teil der Grafschaft. Nach einer kurzen Studienzeit an der Universität Tübingen unternahm er eine mehrjährige Bildungsreise nach Paris und London und wurde dort auch den gekrönten Häuptern vorgestellt. Ein Jahr nach seiner Hochzeit mit Magdalena, Gräfin von Nassau-Diez-Katzenelnbogen-Dillenburg, einer gebildeten Apothekerin, starb sein Vater. Bei der Verteilung des Erbes erhielt er zunächst Weikersheim als Erbteil und baute dort anstelle der kleinen mittelalterlichen Wasserburg ein standesgemäßes Renaissance-Schloss mit großem Festsaal. Im ehemaligen Burgzwinger an der Nordseite des Schlosses ließ er ein geräumiges zweistöckiges Laboratorium errichten, in dem er seine alchemistischen Studien betreiben konnte.
Es war nicht selten, dass sich Adlige der „Alchemie“, einer frühen Form der Naturwissenschaft, widmeten. Die erhaltenen genauen Notizen über seine Experimente zeigen, wie sorgfältig er dabei vorging und dass er auch die Freundschaft mit dem gleichgesinnten Herzog Friedrich von Württemberg für seine Forschungen nützte. Oft bis in die Nacht hinein stand er vor seinen Öfen und Retorten, als Laborant unterstützte ihn kundig Adam König. Die Materialen und Geräte, die er nutzte, lassen sich aus den im Neuensteiner Zentralarchiv verwahrten Rechnungen rekonstruieren.
Die Gewinnung von Gold durch die „Transmutation“ unedler Metalle ist als Ziel der Alchemisten allgemein bekannt. Gewiss wären auch dem Grafen Wolfgang II. ein paar Tausend Gulden zur Finanzierung des restlichen Schlossbaus sehr willkommen gewesen. Doch war er Realist genug, um dieses Ziel - und den nötigen Zwischenschritt, die Erzeugung des „Steins der Weisen“ - in die Ferne zu rücken. Nur ein einziges Mal fiel er auf einen der nicht seltenen Scharlatane herein, die mit betrügerischen Versprechungen Geld in die eigene Tasche stecken wollten.
Fasziniert war der wissbegierige Graf von dieser Wissenschaft schon deshalb, weil man sich von der Transmutation der Metalle auch die Erlösung der Seele und die Läuterung seiner selbst versprach. Zudem gab es durchaus Erfolge zu vermelden, etwa chemische Analysen zur Bestimmung von Silber im Erzvorkommen der Grafschaft oder Rezepte zur Herstellung von Salpeter für das zur Jagd nötige Schießpulver.
Das einzige deutsche „Alchemie-Museum“ in den Räumen der alten Weikersheimer Schlossküche stellt die alchemistische Leidenschaft des Hohenloher Renaissance-Grafen anschaulich dar. Der Hamburger Professor Jost Weyer hat es nach umfangreichen Forschungen fachkundig gestaltet. Einige der seinerzeit verwendeten chemischen Öfen wurden nachgebaut, die nötigen Geräte und Materialen daneben gestellt. Ein Videofilm gibt einen Einblick in alchemistische Grundoperationen. In einem weiteren Raum ist ein Modell des ganzen Laboratoriums aufgebaut. Gut verständliche Schautafeln ergänzen das Dargestellte. Am ursprünglichen Platz des nicht erhaltenen Laboratoriums befindet sich heute der „Alchemie- und Hexengarten. Hier wachsen Pflanzen, die man mit Aberglauben und Zauberei in Verbindung bringt.
Die Leidenschaft des Grafen von Hohenlohe-Weikersheim fügt sich ein in das Jahresthema 2022 der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg „Liebe, Lust, Leidenschaft. Leben in Schlössern und Klöstern“. In 14 Monumenten geht es auf eine Zeitreise voller Schönheit und manchmal auch Frivolität ? von der Liebe jenseits der Ehe über intime Religiosität und leidenschaftliche Gottesliebe bis zur Sammelleidenschaft, die sich in Wunderkammern, Naturalienkabinetten und Gärten mit ihren exotischen Pflanzen widerspiegelt. Informationen dazu gibt es unter www.schloesser-und-gaerten.de im Internet.
Das Alchemie-Museum im Schloss Weikersheim ist ab 1. April wieder zugänglich, unabhängig von einer Führung – täglich (außer montags) von 10 bis 18 Uhr. peka
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