Walldürn. Die Position des Walldürner Gemeinderats ist klar: Wenn für den Verkehrslandeplatz Beeinträchtigungen zu befürchten sind, wollen die Ratsmitglieder den Plänen der Nachbargemeinden Hardheim und Höpfingen zum Bau von Windkraftanlagen auf dem Kornberg nicht zustimmen. Im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung am 24. Juli haben deshalb die Fraktionen und Gruppierungen mit großer Mehrheit beschlossen, die vom Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Hardheim-Walldürn erarbeitete Beschlussvorlage zur Änderung des Flächennutzungsplans abzulehnen. Völlig überraschend kam diese Entscheidung nicht. Viele Walldürner Ratsmitglieder hatten in der Vergangenheit die Flugsicherheit und den Fortbestand des Verkehrslandeplatzes als rote Linie definiert.
Für die kommenden Dienstag in Höpfingen terminierte Sitzung des GVV zeichnete sich deshalb eine Kampfabstimmung ab. Wollen doch die Gemeinderäte in Hardheim und Höpfingen trotz vieler Unklarheiten den Bau der Windräder weiter vorantreiben und Fragen zur Flugsicherheit erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Bebauungsplanung erörtern. Aufgrund der Tragweite einer solchen Entscheidung viel zu spät, finden in Walldürn etwa CDU, SPD und Freie Wähler. Sie befürchten, dass trotz allem Fakten geschaffen werden, die möglicherweise unumkehrbar sind.
Zwar hat Walldürn mit seinen elf Stimmen keine Mehrheit in der Verbandsversammlung. Hardheim und Höpfingen verfügen zusammen ebenfalls über elf Stimmen. Im Falle eines Unentschiedens gilt jedoch die Beschlussvorlage der Verbandsverwaltung mangels Mehrheit als abgelehnt.
Sprich, die von den Hardheimer und Höpfinger Gemeinderäten im Vorfeld beschlossene Umstellung des Planungsverfahrens wäre vom Tisch. Das Verfahren zur Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie im Bereich Kornberg/Dreimärker müsste dann auf der Basis der Beschlüsse der Verbandsversammlung vom 23. Mai 2017 fortgesetzt werden.
Sitzung abgesagt
Um die drohende Konfrontation noch abwenden zu können, liefen im Hintergrund seit Tagen Gespräche. Am Freitag kurz nach 13 Uhr teilte der GVV schließlich mit: Die Sitzung fällt aus. Ein neuer Termin wird mit den Verbandsgemeinden abgestimmt. „Auf Wunsch einer Mitgliedsgemeinde sollte noch eine Stellungnahme beim Regierungspräsidium Stuttgart eingeholt werden. Diese liegt uns bis dato noch nicht vor“, erklärte Alexander Beuchert, Sachgebietsleiter beim GVV. „Aus diesem Grund muss die Sitzung leider entfallen.“
Für Erleichterung dürfte diese Entscheidung auch bei den Walldürner Freien Wählern sorgen. Mit der Bitte um Beantwortung offener Fragen hatten sie sich im Vorfeld an die Verbandsverwaltung gewandt. „Die Beantwortung hat aber aus unserer Sicht keine hinreichende Klarheit geschaffen. Damit fehlen zum jetzigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine sachgerechte Entscheidungsfindung“, betonten Ramona Paar und Helmut Kubin in einem Schreiben an Walldürns Bürgermeister Markus Günther. Darin hatten die Freien Wähler bereits in der Gemeinderatssitzung am 24. Juli eine Vertagung der Verbandsversammlung auf einen Termin nach der Sommerpause beantragt, weil aus ihrer Sicht „keine solche Eile geboten“ ist.
In einer weiteren Stellungnahme vom Dienstag fanden sie deutliche Worte: „Ganz und gar unverständlich ist uns der kurzfristig anberaumte Sitzungstermin, der außerdem in der Haupturlaubszeit und Sitzungspause liegt, zudem das nicht das erste Mal vorkommt.“ Ursprünglich war die Sitzung für den 31. Juli anberaumt, später jedoch auf den 7. August verschoben worden. Mit der Folge, dass urlaubsbedingt nicht jedes reguläre Mitglied hätte teilnehmen können.
Auch, aber nicht nur deshalb war der Unmut bei den Freien Wählern groß. Grundsätzlich stehen sie erneuerbaren Energien wie der Windkraft positiv gegenüber, setzen im konkreten Fall jedoch klare Prioritäten: „Das wirtschaftliche Überleben des Flugplatzes zu riskieren, um an anderer Stelle zum Beispiel Pachteinnahmen aus Windkraft zu erlösen, macht unseres Erachtens keinen Sinn. Sollte beim Abwägen mit der Windkraft Kornberg die volle Funktionsfähigkeit des Flugplatzes gefährdet sein, liegt unsere Priorität eindeutig beim Erhalt des Flugplatzes.“
Hoher Klärungsbedarf
Aufgrund der Tragweite einer solchen Entscheidung bestehe jedenfalls noch hoher Klärungsbedarf. Nach der Vorlage weitere Informationen – vor allem im Hinblick auf die Luftverkehrssicherheit – wollen sich die Freien Wähler die nötige Zeit für eine sorgfältige Bewertung nehmen und nicht unter Zeitdruck entscheiden müssen.
Diese Sorgfalt fordert auch die SPD-Fraktion: „Der Verkehrslandeplatz darf als wichtiger Standortfaktor sowohl für Gewerbe als auch Tourismus nicht durch die geplanten Anlagen beeinträchtigt werden. Solange nicht eindeutige und verbindliche Aussagen der zuständigen Fachbehörden zur Sicherheit sowie zum Fortbestand unseres Verkehrslandeplatzes vorliegen, können wir der Beschlussvorlage im GVV nicht zustimmen.“
Wie die Ratskollegen der CDU und der Freien Wähler steht auch die SPD der Windkraft nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Die Verwunderung ist jedoch auch bei den Walldürner Sozialdemokraten groß, dass die bisherigen Gutachten zu Flugsicherheit und Artenschutz nach einer Änderung des Planungsverfahrens plötzlich keine Beachtung mehr finden sollen.
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