Neusaß. Routiniert holt Greg Tennant mit seinem Eisen zum Schwung aus. Ein kurzes, sattes Geräusch im Treffpunkt lässt wenig später einen gelungenen Abschlag vermuten. „Nach links verzogen“, kommentiert jedoch der Leiter der Golfschule des Golfclubs Glashofen-Neusaß, noch bevor der Ball den Boden berührt hat. Sekundenbruchteile später bestätigt eine Hochgeschwindigkeitskamera seine Einschätzung: Etwas zu weit links von der berechneten Ideallinie springt der Ball auf. Nicht etwa auf einem der weitläufigen Fairways der idyllisch gelegenen Anlage in Neusaß, sondern virtuell auf der Videoleinwand im Gebäude der Driving Range.
Während der Ball langsam ausrollt, bekommt Tennant bereits die wichtigsten Parameter seines Schlages angezeigt: Geschwindigkeit, Höhe, Weite, Abflugwinkel, Flugkurve oder Drall. Daten, die er beim Spielen im Freien nicht erhalten würde – und sich bei der Fehlerkorrektur ausschließlich auf seine Erfahrung verlassen müsste.
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Die Freude über die Anschaffung eines professionellen Golfsimulators ist deshalb nicht nur bei Greg Tennant groß. Seit Anfang Februar steht das System in einer früheren Abschlagbox der Driving Range allen Clubmitgliedern zur Verfügung – vom Anfänger bis zum wettkampforientierten Spieler. Auch externe Golfspieler können den Simulator stundenweise buchen, wenn sie einem anderen Club angehören und über die Platzreife verfügen.
Den Wunsch, einen Simulator zu installieren, hatte Tennant schon länger: „Das war ein Traum von mir.“ Bisher war ihm die Technik solcher Anlagen aber noch nicht ausgereift genug gewesen. „Wenn wir es machen, machen wir es richtig“, betont er. Mit dem Simulator der Firma „Foresight“ stand nun endlich die seinen hohen Anforderungen entsprechende Technik zur Verfügung. „Die Grafiken sind großartig. Eines der besten Systeme der Welt“, wie Tennant betont.
Abschlagbox renoviert
Ein ausreichend großer Raum mit viel Bewegungsfreiheit für den neuen Simulator war schnell gefunden. Die Abschlagbox im vor 35 Jahren umgebauten ehemaligen Kuhstall musste sowieso renoviert werden. Ein neuer Boden war zügig verlegt, die technischen Komponenten mit Kameraeinheit, Beamer und Computer bald einsatzbereit.
Deutlich aufwendiger gestaltete sich der Einbau einer passenden Videoleinwand. An der Materialauswahl tüftelte Greg Tennant stundenlang. Extrem strapazierfähig muss das Material sein. Schließlich können bis zu 250 km/h schnelle Bälle auf der Oberfläche einschlagen. Gleichzeitig dürfen die Bälle nicht zurückspringen und dadurch die Spieler gefährden.
Mit dem Ergebnis ist Tennant hochzufrieden: „Jetzt fehlen nur noch schwarze Vorhänge an den Seiten der Box. Für einen besseren Kontrast.“ Die Vorteile des neuen Systems liegen für ihn auf der Hand: „Mit dem Simulator kann man das ganze Jahr über trainieren.“ Eis und Schnee im Winter oder ein von Dauerregen gefluteter Platz im Sommer können die Spieler nun nicht mehr ausbremsen. Durch ein kontinuierliches Training ohne längere Pausen sind somit auch schnellere Fortschritte möglich.
Zumal der Simulator – darin sind sich die bisherigen Nutzer einig – auch richtig viel Spaß macht. „In drei Stunden kann man einen 18-Loch-Kurs schaffen“, berichtet Tennant. Über die Steuerungssoftware können die Spieler aktuell aus sieben internationalen Golfplätzen auswählen. Bis zu 90 Plätze sollen später einmal zur Verfügung stehen. Nur die Anlage in Neusaß wird es virtuell nicht geben. Dafür wäre die exakte Vermessung und spätere Pflege der Daten zu aufwendig.
Auch bei den äußeren Bedingungen wie Regen, Wind, Nebel, Geräuschkulisse oder Schwierigkeitsstufe können die Spieler nach Lust und Laune variieren. Allesamt realitätsnahe Bedingungen in Echtzeit, die virtuelle Turniere mit Spielern vor Ort, aber theoretisch auch mit Teilnehmern weltweit ebenso ermöglichen wie individuelles Training mit einzelnen Schlagübungen.
Rasante technische Entwicklung
„Das ist ein fantastisches Gerät“, schwärmt Greg Tennant. Er ist überzeugt, dass der Simulator das klassische Abschlagtraining in der Driving Range irgendwann völlig überflüssig werden lässt. Die Technik habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert und werde sich auch zukünftig weiterentwickeln.
So ist der Simulator für Tennant bereits heute ein ideales Instrument, um für jeden Spieler den passenden Golfschläger zu finden. Anhand der von der Kamera aufgezeichneten Daten kann er ermitteln, welcher Schläger den individuellen Voraussetzungen eines Spielers am wahrscheinlichsten entgegenkommt. „Ein leichter Schaft aus Graphit ermöglicht höhere Geschwindigkeit, ein Schaft aus Stahl mehr Genauigkeit“, erklärt Tennant.
Für dieses sogenannte „Fitting“ musste er sich bisher auf sein geschultes Auge verlassen. Mit dem Simulator erhält er nun präzise Informationen, mit denen er die Ausrüstung der Spieler noch gezielter optimieren kann. „Das hat den Club weitergebracht. Das hat nicht jeder Verein zu bieten“, ist er vom Nutzen des Simulators auch in diesem Bereich überzeugt.
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