Walldürn. Zum ersten Mal präsentierten sich am vergangenen Samstagabend alle Walldürner Museen und die Kunstgalerie „Fürwahr“ gemeinsam als neuer kultureller Walldürner Höhepunkt beim „3. Dürmer Lichderfeschd“.
Von 18 bis 22 Uhr geöffnet waren bei dieser kulturellen Walldürner Erlebnisnacht bei freiem Eintritt das Bildhauerhaus Juncker, die Galerie „Fürwahr“ (mit einem Preview zur Herbst/Winter-Ausstellung „Sanfte Kräfte“ von Anikó Keleti und Ágnes Regös), das Haus der Bahngeschichte, das Elfenbeinmuseum und die Ausstellung der „Dürmer Faschenaacht“ im ehemaligen Reil´schen Haus.
Zusätzlich spielte im stimmungsvoll illuminierten Museum „Zeit(T)räume in der Unteren Vorstadtstraße von 20 Uhr bis 24 Uhr die Band „Colours“. Bei einem im Rahmen dieser kulturellen Erlebnisnacht durchgeführten Gewinnspiel gab es einen Erlebnistag im Odenwälder Freilandmuseum in Gottersdorf mit Sonderführung und Verpflegung von maximal fünf Personen zu gewinnen.
Gespräch mit Künsterlerinnen
In der Herbst-/Winterausstellung des Vereins „kunstreich e.V.“ sind vom 17. September bis zum 17. Dezember in der Galerie „FürWahr“ in der Hauptstraße Werke der beiden Künstlerinnen Anikó Keleti und Ágnes Regös aus Budapest zu sehen. Sie präsentieren ihre Malerei, Zeichnungen und Collagen unter dem Thema „Sanfte Kräfte“. Am Samstag boten beide Künstlerinnen in der Galerie ab 18.30 Uhr im Rahmen der „Langen Nacht der Walldürner Museen“ ein Künstlerinnengespräch an, das vonseiten zahlreicher Gäste und Kunstinteressenten gerne genutzt wurde. Musikalisch in begeisternder Weise umrahmt wurde sowohl dieses Künstlerinnengespräch am Samstagabend als auch die Vernissage am Sonntagvormittag durch die Harfenistin Oona Böken aus Wiesbaden, einer Enkelin der ausstellenden Künstlerin Anikó Keleti.
Die Werke beider Künstlerinnen denn von den „kunstreich“-Vorstandsteammitgliedern Gaby Eder-Herold und Ann Kathrin Schneider in Form von Gedankenspielen, Ein-lassungen und theoretischen Ansätzen vorgestellt.
Ann-Kathrin Schneider ging auf das künstlerische Schaffen und Wirken der 1958 in Tokaj geborenen ungarischen Künstlerin Ágnes Regös näher ein und las aus eine Text vor, den die Künstlerin zur Vernissage verfasst hatte. „Von den figurativen Darstellungen habe ich mich in den letzten Jahren losgelöst. Ich war auf der Suche nach einer freieren Formgebung, die es mir ermöglichen würde, die tiefen Zusammenhänge zwischen meiner inneren und meiner äußeren Welt darzustellen.“ In einem längeren Prozess habe sie Gesetzmäßigkeiten innerhalb eines Bildaufbaus geprüft. Wie stärken oder schwächen verschiedene Systeme, die aufeinandertreffen die neuen Dimensionen? Was können sie beim Bildbetrachter auslösen?
„In der Ausstellung hier in Walldürn zeige ich Arbeiten in aus-schließlich quadratischer Form, in unterschiedlichen Formaten. Das Viereck wählte ich sehr bewusst aus. So wie der Kreis eine absolut vollendete Form ist, so ist dies auch das Viereck. Im Kreis erkennen wir das himmlisch Geistige. Demgegenüber steht das Materielle, Erdenhafte, welches im Viereck zu erkennen ist.“
Das Viereck habe viele Erscheinungsformen, wie zum Beispiel die vier Jahreszeiten, die Mondphasen, die vier Elemente und die Himmelsrichtungen. Oder auch die Raumrichtungen (oben, unten, rechts, links). Die Zahl vier ist eine gerade Zahl und habe weiblich praktische und rationale Qualitäten.
Materie greifbar
In den hier gezeigten Bildern erscheine die Materie mit den Händen greifbar. Die Farben vermitteln das Erdhafte – hie und da aber scheint etwa Gold auf, welches die kosmische Welt symbolisieren soll. „Zwei Arbeiten von mir sind zu sehen, die ich als Beispiele aus einer anderen Bilderserie mitgebracht habe. Diese Malerei, die auch altungarische Kerbschrift zeigt, ist zurzeit in Ungarn in einer Ausstellung zu sehen, die Ende August in Ersci in Ungarn eröffnet wurde. Die Buchstaben der Rovásirás-Schrift erinnern an germanische Runen. , Es besteht tatsächlich aber keine Verbindung. Die Herkunft wird phönizisch erklärt und stammt aus dem 9. Jahrhundert. Ich habe teilweise Textzeilen der zeitgenössischen Lyrikerin Baka Györgyi eingefügt, die von einem Bild ins andere hinüberfließen. Die Übersetzung dieser Kerbschrift-Texte lautet: „Lebe kein Schein-Leben, nimm alle deine Masken ab. Schreite auf Grasspitzen, deine Selbstöffnung ist ewig, so erweckst du deine Wesenheit.“
Dann folgte ein von der zweiten ausstellenden Künstlerin Anikó Keleti verfasster Text, vorgetragen von Gaby Eder-Herold. „Durch einen ,Abstieg’ des Lichtes vom Himmel auf die Erde werden die Farben sichtbar. Sichtbar durch und in For-men, Strukturen, Materialien. Farben schaffen Empfindungen, Erinnerungen. Erinnerungen an das Licht. Für die Physik ist Licht elektromagnetische Wellen, Energie und Wärme. Der Mensch empfindet Licht vielfältiger. Er kann das Licht mittels der Farben wahrnehmen. Goethes Farbenlehre spricht von den Farben als Taten und Leiden des Lichts. Rudolf Steiner drückt es so aus: die Farben seien sinnlich-sittliche Tätigkeiten des Lichtes.“
Viel gelernt
Sie selbst konnte viel lernen und Erfahrungen sammeln während ihrer Arbeit als Mal-Therapeutin in Tübingen mit unterschiedlichsten Person: Frauen und Männern, mit Krebskranken, mit verwirrten Menschen. Die kreative Arbeit habe den Patientinnen und Patienten oft Mut und Stärke vermittelt, die Lebensqualität ganz sicher auch verbessert. „Ich bin sogar überzeugt davon, dass die schöpferische Tätigkeit mit Farben lebensverlängernde Auswirkung haben kann. Farben, so habe ich dies in der kunsttherapeutischen Arbeit erlebt, können heilen. Ich habe diese Tätigkeit immer als sehr erfüllend empfunden.“ ds
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