Land und Leute - Im Gewann „Alter Wasen“ will Klaus Mühlhölzer im Herbst 30 Obstbäume pflanzen / Streuobstwiese soll auch pädagogischen Zwecken dienen

Projekt in Walldürn: Schritt für Schritt in Richtung Natur pur

Im Gewann „Alter Wasen“ bewirtschaftet Klaus Mühlhölzer seit einigen Jahren eine gepachtete Streuobstwiese. Auf seinem eigenen Gelände nebenan will er im Herbst zusätzlich alte Obstsorten anpflanzen.

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Ralf Scherer
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Im Gewann „Alter Wasen“ am westlichen Stadtrand bewirtschaftet Klaus Mühlhölzer seit einigen Jahren eine gepachtete Streuobstwiese mit 25 Bäumen. © Ralf Scherer

Walldürn. Im kniehohen Gras zirpen Grillen um die Wette. Schmetterlinge in den verschiedensten Farben tanzen geruhsam über die Wiese dahin. Das sattgrüne Blattwerk alter Obstbäume spendet Schatten vor der hochstehenden Sonne eines Nachmittags im Juli. „Für mich ist das hier ein herrlicher Ort der Ruhe und Erholung“, schwärmt Klaus Mühlhölzer. Auf der Streuobstwiese im Gewann „Alter Wasen“ am westlichen Stadtrand fühlt er sich wohl. Die Arbeit, die er in den Erhalt des rund 2000 Quadratmeter großen Fleckchens Natur steckt, gibt ihm Kraft.

Vor einigen Jahren hat Mühlhölzer die Streuobstwiese mit 25 Apfel-, Zwetschgen- und Birnbäumen gepachtet. Dass die Stadtverwaltung dort Bauplätze schaffen will, hat den 59-Jährigen nicht abschrecken können. „Ich wollte nicht abwarten, ob das jetzt kommt oder nicht“, sagt er. „Ich will die Natur erhalten und neuen Lebensraum für Pflanzen und Tiere schaffen.“

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Deshalb hat Mühlhölzer im vergangenen Jahr sein Terrain erweitert und gleich nebenan das Nutzungsrecht für eine ebenfalls rund 2000 Quadratmeter große Wiese erworben. Dort will er im Herbst 30 Obstbäume pflanzen. Vor allem alte Sorten hat er sich ausgesucht und bei Hermann Schreiweis bestellt. Der Pomologe aus Roigheim, der mitunter als „Wächter der alten Bäume“ beschrieben wird, hat im Laufe seiner Tätigkeit mehr als 1500 Apfel- und Birnensorten wissenschaftlich erfasst. Einige davon werden bald auf der Wiese von Klaus Mühlhölzer wachsen. Neben Apfel- und Birnbäumen freut sich der 59-Jährige schon auf seine neuen Kirsch-, Quitten- und Aprikosenbäumchen. Dazwischen will er verschiedene Beerensträucher und Wildkräuter pflanzen. „So naturnah wie möglich“, betont Mühlhölzer.

Viel Zuspruch erhalten

Von Passanten erhielt er bereits viel Zuspruch für sein Vorhaben. „Ich habe dadurch viele Leute kennengelernt“, freut sich der Naturliebhaber. Dass er jedoch nicht überall offene Türen einrennt, bekam Mühlhölzer schnell zu spüren oder genauer gesagt zu lesen.

Auf Initiative der Stadtverwaltung teilte die Baurechtsbehörde des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Hardheim-Walldürn seiner Verpächterin in einem Schreiben mit, dass er ohne Genehmigung im Außenbereich keinen Holzschuppen bauen dürfe. Weil er dem Kenntnisstand der Behörde nach keinen landwirtschaftlichen Betrieb im baurechtlichen Sinn führe. Entmutigen lässt sich Mühlhölzer davon nicht. Statt sein Werkzeug in dem erst halb fertigen Unterstand zu lagern, sollen dort bald zwei Schafe einziehen, die ihm als „Rasenmäher“ auf vier Beinen die Pflege der Streuobstwiese erleichtern werden.

Seine Totholzhecke aus Reisig will Mühlhölzer nach der Intervention des GVV vorerst nicht erweitern. Zum Aufruf der „Blühenden Naturparke“ in Baden-Württemberg würde die Schaffung solch ökologisch wertvoller Lebensräume zwar ideal passen. „Besonders auf Streuobstwiesen bietet es sich an, Kleinstrukturen zu fördern“, heißt es im aktuellen Rundbrief der „Blühenden Naturparke“, deren Mitglied der Naturpark Neckartal-Odenwald und somit auch die Stadt Walldürn ist. Aber auch für eine Totholzhecke sei eine Genehmigung erforderlich, lautete der Hinweis der Baurechtsbehörde.

„Das ist denen ein Dorn im Auge“, vermutet Mühlhölzer. „Aber ich will die Natur hier mit allen Mitteln erhalten.“ Das sei auch im Interesse des Grundstückseigentümers, der schon als Kind gerne mit seinen Eltern zur damals noch mit Bäumen bewachsenen Wiese gegangen sei.

Unterstützung erhält Mühlhölzer auch von seinen fünf Kindern. Ihnen macht die Ernte im Herbst und das Saftkeltern ebenso viel Freude wie ihrem Vater. „Das ist ein Riesenerlebnis für Kinder“, sagt Mühlhölzer. Deshalb tüftelt er bereits gedanklich an der Idee, die örtlichen Kindergärten in seinen Naturgarten einzubinden.

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Pflanzaktion im November

Zunächst gilt es jedoch ganz handfest die Ärmel hochzukrempeln und die Voraussetzungen für die Pflanzaktion im November zu schaffen. Ein Plan ist notwendig, wo später welcher Baum seinen Platz finden soll. Dabei wollen ihn Mitglieder des Biotopschutzbunds ebenso unterstützen wie beim Pflanzen der Gehölze.

Über diese Hilfe freut sich der 59-Jährige ganz besonders. Aus Rücksicht auf seine angeschlagene Gesundheit kann und will er sich nämlich nicht zuviel auf einmal zumuten. „Das ist ein Projekt für viele Jahre“, betont Mühlhölzer. Seinem Ziel will er mit vielen kleinen Schritten näher kommen. Gerne auch gemeinsam mit Gleichgesinnten, die seine Liebe zur Natur teilen und zu deren Erhalt beitragen wollen.

Über seine eigene Streuobstwiese hinaus wünscht sich der 59-Jährige zahlreiche Nachahmer an anderer Stelle. „Man kann nicht alles zubetonieren“, mahnt Mühlhölzer vor dem Hintergrund von Klimawandel und Artensterben.

Entschädigt wird er für sein Engagement mit Natur pur. Die von ihm geschaffenen Kleinstrukturen und Nisthilfen wurden von der Tierwelt schnell angenommen. Vor allem in den Abendstunden genießt er die besondere Atmosphäre zwischen seinen Obstbäumen. „Das ist, was ich zum Gesundwerden brauche.“

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