„Hamsterkäufe“ in der Region - Große Nachfrage nach lange haltbaren Lebensmitteln und Desinfektionsmitteln / Lieferanten stark ausgelastet

„Die Versorgung ist gesichert“

Von 
Nicola Beier und Maren Greß
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Grundnahrungsmittel waren am Wochenende in den Supermärkten der Region stark nachgefragt. Mancherorts standen Kunden vor leeren Regalen. © dpa

Neckar-Odenwald-Kreis. Dem deutschen Einzelhandel bereiten erste Hamstereinkäufe wegen der Verbreitung des Coronavirus in Deutschland bislang keine Sorgen. Die Lieferstrukturen im Handel seien effizient und gut vorbereitet, die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet, sagt der Sprecher des Handelsverbands Deutschland, Kai Falk. Einschränkungen bei der Warenverfügbarkeit im Handel seien bislang nicht festzustellen, so Falk weiter.

Das gilt auch für die Lebensmittelmärkte im Neckar-Odenwald-Kreis. Nach kurzzeitigen Engpässen am Wochenende sind die meisten Produkte wieder verfügbar. Anders sieht die Entwicklung in Drogerien und Apotheken aus. Dort werden vor allem Desinfektionsmittel und Mundschutzmasken knapp, wie eine Umfrage der Fränkischen Nachrichten ergeben hat.

Nachfrage „explodiert“

Von einem gravierenden Anstieg der Verkaufszahlen in der vergangenen Woche berichtet Marco Baumann, Leiter der Aldi-Filiale in Walldürn: „Wir waren darauf vorbereitet. Aber eine solche Masse in so kurzer Zeit haben wir nicht erwartet.“ Besonders gefragt waren lange haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Mehl und Konserven aller Art. Aber auch Produkte wie Toilettenpapier, Taschentücher, Müllbeutel, Waschmittel oder Knäckebrot fanden reißenden Absatz.

Eine größere Nachfrage sei bereits ab vergangenem Montag zu verzeichnen gewesen, so Baumann. Durch den Corona-Verdachtsfall in Buchen sei die Nachfrage ab Freitagmittag regelrecht „explodiert“. „Plötzlich war Corona nah dran. Die Kunden sind da sehr feinfühlig“, so der Filialleiter. „Man kann von Hamsterkäufen reden.“

Dieser unerwartet große Ansturm – vergleichbar mit dem Umsatzvolumen vor Ostern oder Weihnachten – habe auch in seiner Filiale zu Lücken in den Regalen geführt. Einen dauerhaften Engpass befürchtet Baumann allerdings nicht: „Die Versorgung ist gesichert“.

Bereits am Montagnachmittag erhielt die Walldürner Filiale einen doppelten Sattelzug mit frischer Ware. Der weiteren Entwicklung sehen Baumann und seine Mitarbeiter gelassen entgegen. Schulungen in Sachen Hygiene und Desinfektion haben alle inzwischen absolviert. Ihr Wissen wollen sie nun auch an die Kunden weitergeben.

Bei den Rewe-Märkten in Adelsheim, Walldürn und Hardheim sieht die Situation ähnlich aus. Über die Pressestelle teilte das Unternehmen mit, dass bundesweit eine verstärkte Nachfrage nach lange haltbaren Lebensmitteln, Konserven und Drogerieprodukten festzustellen sei.

„Es gibt keine Engpässe in der Warenversorgung. Die Frequenz der Belieferung der Märkte haben wir erhöht beziehungsweise angepasst. Wir sind gut auf die Situation eingestellt“, lässt Rewe verlauten.

Auch im Edeka-Markt Tischer in Osterburken werden vermehrt Käufe von Mehl, Zucker, Konserven aber auch Getränken getätigt, bestätigt Marktleiter Jürgen Bender. Da der Markt nur zwei Mal wöchentlich mit Waren beliefert werde, stünden einige Regale vorerst leer. Die Nachlieferungen sollen die Bestände in Osterburken wieder komplett auffüllen, so Bender. Sollte die Nachfrage noch größer werden, werde es jedoch eng. Das Zentrallager, von dem Osterburken beliefert werde, fahre insgesamt mehr als 400 Märkte an. Dort arbeite man schon am Anschlag, weshalb die Nachlieferungen nicht gesteigert werden könnten.

Zur Situation in Buchens größtem Lebensmittelmarkt „Kaufland“ wollte das Unternehmen auf Nachfrage keine Auskunft geben.

Keine Nachlieferungen

Erste Engpässe verzeichnen die Apotheken in der Region. Julia Haberkorn von der Stadtapotheke am Bild in Buchen erklärt: „Schon seit Mitte Januar haben wir keine Mundschutzmasken mehr. Die Nachlieferung ist auch nicht möglich, da die Nachproduktionen sofort exportiert werden“. Beim Desinfektionsmittel sei seit Donnerstag eine erhöhte Nachfrage festzustellen, wodurch es seit Freitag keine Flaschen mehr gebe. Handschuhe seien nach wie vor erhältlich, so Haberkorn.

Johannes Sitterberg, Inhaber der Apotheke an der Post in Hardheim, sagt: „Es besteht eine starke Nachfrage nach Desinfektionsmitteln. Unser Lieferant ist stark ausgelastet, und es sind nicht mehr alle Verpackungsgrößen lieferbar.“ Eine erhöhte Nachfrage nach anderen Medikamenten, wie Schmerzmitteln, bestehe laut Sitterberg nicht.

Auch in der Central-Apotheke Walldürn hinterlässt die Unsicherheit Spuren. „Wir beobachten eine erhöhte Nachfrage nach Desinfektionsmitteln für die Hände und Schutzmasken. Davon haben wir fast nichts mehr. Ich habe das Gefühl, dass viel mehr los ist. Es holen mehr Leute ihre Medikamente als sonst“, sagt eine Mitarbeiterin gegenüber den Fränkischen Nachrichten.

Die Chefin der Kastell-Apotheke in Osterburken, Ulla Häfner, zeichnet ein ähnliches Bild. „Weder Desinfektionsmittel noch Mundschutzmasken stehen zur Verfügung. Nachbestellungen können nicht getätigt werden, da die Zulieferer keine Produkte mehr haben.“ Häfner habe überlegt, Desinfektionsmittel selbst herzustellen, aber auch dafür sei der benötige Alkohol nicht mehr lieferbar.

Für den Drogeriemarkt Rossmann in Osterburken teilte die zentrale Pressestelle des Unternehmens mit, dass eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Produkten beobachtet werde. „Wir stehen in engem Austausch mit unseren Lieferanten.“ Weitere Details könnten laut Unternehmenskommunikation nicht genannt werden.

Was ein vierköpfiger Haushalt für 14 Tage vorrätig haben sollte

  • Beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sowie beim Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft sind Listen abrufbar, welche Nahrungs- und Hygienemittel, Dokumente und Medikamente im Katastrophenfall oder in Quarantäne vorrätig sein sollten.
  • Der Vorteil beim Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft unter www.ernaehrungsvorsorge.de/private-vorsorge/notvorrat/vorratskalkulator/ ist, dass sowohl die Personenzahl im Haushalt als auch die Dauer angegeben werden können, so dass eine individuelle Abfrage nach zehn, 14, 28 Tagen, oder jedem beliebigen anderen Zeitraum möglich ist.
  • Zudem ist dort der Energiegehalt jedes einzelnen Lebensmittels angegeben.
  • Pro Tag und Person sollten in jedem Fall zwei Liter Wasser bevorratet werden.
  • Zudem wird in verschiedene Kategorien aufgeteilt, was aus jeder Produktgruppe im Vorrat bereit stehen sollte. Das sind in einem Vier-Personen-Haushalt für 14 Tage vier Kilogramm Vollkornbrot, 1,6 Kilogramm Zwieback, vier Kilogramm Knäckebrot, zwei Kilogramm Nudeln, ein Kilogramm Reis, drei Kilogramm Hafer- oder Getreideflocken und vier Kilogramm Kartoffeln.
  • 22,4 Kilogramm Gemüse und Hülsenfrüchte sollten im Vorrat ebenfalls nicht fehlen. Dazu gehören Bohnen, Erbsen und Möhren, Rotkohl, Sauerkraut, Spargel, Main, Pilze und Rote Beete in Dosen oder Gläsern sowie zwei Kilogramm frische Zwiebeln.
  • Auch beim Obst handelt es sich um Dosen- oder Trockenprodukte, die von Kirschen über Mandarinen und Ananas bis zu Trockenpflaumen und Haselnusskernen reichen. Als rohes Obst werden Äpfel, Birnen, Bananen und Orangen genannt.
  • Zu den Getränken gehören neben Wasser, Kaffee und Tee auch Zitronensaft.
  • Zu den 14,8 Kilogramm Milch- und Milchprodukten werden zwölf Liter H-Milch mit 3,5 Prozent Fettgehalt sowie 2,8 Kilogramm Hartkäse empfohlen.
  • Daneben zählen in der Kategorie Fisch, Fleisch und Eier Thunfisch, Ölsardinen und Corned Beef in Dosen, Bockwürstchen im Glas, Dauerwurst wie Salami sowie 40 Eier zur Vorratsempfehlung für einen Vier-Personen-Haushalt.
  • Als Streichfett werden ein Kilogramm – egal ob Butter oder Margarine – sowie 1,2 Liter Öl genannt
  • Unter www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Broschueren_Flyer/Buergerinformationen_A4/Checkliste_Ratgeber.html finden sich zudem eine persönliche Checkliste, in die Hinweise auf Hygieneartikel, notwendige Dokumente, Medikamente oder Notgepäck aufgenommen sind. hvb

Redaktion Im Einsatz für die Redaktionen Buchen und Sport

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