Walldürn. Im Rahmen ihrer Berichterstattung im Vorfeld der Kommunalwahlen befragen die FN die Parteien und die FW-Vereinigung, die bei der Wahl antreten, zur geplanten Umwandlung eines Teils des Gebiets „Wasen“ am westlichen Stadtrand in ein Baugebiet. Bis zum Jahr 2030 sollen hier bis zu 200 neue Bauplätze ausgewiesen werden. Ein Vorhaben, das nicht unumstritten ist. Befürworter argumentieren mit der Notwendigkeit, Bauplätze für Familien zu schaffen. Gegner der Planung kritisieren den Flächenverbrauch und positionieren sich für den Erhalt des Naherholungsgebiets „Wasen“. Im Folgenden die Antworten.
Stellungnahme der CDU (Fabian Berger, Gemeinderat und Stadtverbandsvorsitzender): Wir müssen dafür sorgen, dass wir auch in Zukunft situationsbedingt für das nötige Angebot sorgen können. Uns geht es um jeden Bürger, daher ist es uns wichtig, dass wir ein ausgewogenes Angebot schaffen, das heißt große und kleine Bauflächen in der Kernstadt und in den Stadtteilen. Dabei müssen wir die Schließung innerörtlicher Baulücken ebenso berücksichtigen, wie die Erweiterung auf der „grünen Wiese“, wie dem Vorderen Wasen. Die frühzeitige, bedarfsorientierte Flächennutzungsplanung ist wichtig und muss neben der Ausweisung von Wohngebieten auch entsprechende städtische Industrie- und Gewerbeflächen berücksichtigen. Bei der Flächennutzungsplanung muss verantwortungsvoll, neutral und zukunftsorientiert mit den verschiedenen Interessen umgegangen werden. Eine heutige frühe Flächennutzungsplanung dient dazu, dass wir, beziehungsweise die nachfolgenden Generationen, bei Bedarf in der Zukunft auf die nötigen Flächen zurückgreifen und diese erschließen können. Eine vorausschauende Planung sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig. Niemand kann heute sagen, wie der Bedarf in der Zukunft aussieht, aber wir müssen die Weichen stellen, damit man in der Zukunft bei entsprechendem Bedarf reagieren kann. Wälder und Wiesen sind prägend für unsere Landschaft. Wir wollen dieses Bild unserer Heimat erhalten, jedoch ist die Ausweisung neuer Flächen nicht möglich, ohne auf die Natur zurückzugreifen. Wir wollen nicht nur Ausgleichsflächen ausweisen, sondern mehr tun, als die rechtliche Pflicht erfüllen. Diese Extraschritte müssen wir verfolgen, damit Naherholung auch in Zukunft in unserer Heimat möglich ist.
Stellungnahme der SPD (Rolf Günther, Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat): Das Thema „bezahlbares Wohnen“ geht uns alle an – sowohl junge Menschen, die für sich und ihre Familien ein eigenes Zuhause einrichten möchten, als auch Senioren, die nach einem erfüllten Arbeitsleben, ihren Ruhestand genießen möchten. Dabei wird es für viele Menschen immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zur Miete oder im Eigentum zu finden. Nicht nur in den Ballungsräumen – auch hier bei uns. Es ist ein erklärtes Ziel der SPD-Gemeinderatsfraktion, dass Wohnen in Walldürn und seinen Ortsteilen bezahlbar bleibt. In unserer Region sind die „eigenen vier Wände“ ein Stück Lebensqualität, das uns von den Ballungsräumen unterscheidet. Deshalb haben wir die Erschließung der Baugebiete „Lindig“ in Walldürn oder „Gütleinsäcker“ in Altheim im Gemeinderat unterstützt. Als Gemeinde müssen wir Bauplätze in kommunaler Hand vorhalten. Viele Baulücken in Walldürn sind in privater Hand und somit für Bauwillige nicht verfügbar oder nicht bezahlbar. Wir setzen daher auf positive Impulse durch Sanierungsmaßnahmen in der Altstadt. Erfolgreiche Projekte zur innerörtlichen Nachverdichtung gibt es sowohl in der Kernstadt, wie zum Beispiel das Areal „Volk“ oder das Areal „Kerzen-Günther“, als auch in unseren Ortsteilen. Dennoch wird eine Ausweisung von Bauflächen im Randbereich vermutlich notwendig sein, was jedoch erst nach Aufstellung und Genehmigung des Flächennutzungsplans 2030 und eingehender Bedarfsprüfung in Betracht gezogen werden kann. Für die SPD-Fraktion ist unstrittig, dass wir eine Situation wie Anfang der 1990er Jahre nicht noch einmal erleben wollen. Als Karl-Heinz Joseph 1991 Bürgermeister wurde, gab es keine Bauplätze in kommunaler Hand. Erst mit der Erschließung des „Vorderen Wasen“ konnten vielen Bauwilligen bezahlbare Bauplätze durch die Stadt zur Verfügung gestellt werden.
Stellungnahme der DCB (Jürgen Schmeiser, Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat): Durch Neubaugebiete in der Kernstadt und den Ortsteilen haben sich viele Menschen ihren Wunsch nach Wohneigentum erfüllt. Abwanderung und Aussterben wegen mangelnder Bauplätze wurde entgegengewirkt. Gleichzeitig ist unsere Natur, als wichtiger Standortvorteil, zu erhalten. Die DCB begrüßt daher die innerörtliche Baulückenschließung und Baureifmachung vorhandener Baugebiete vorrangig anzugehen. Ein Beispiel ist das Areal „Leinenkugel“. Auch über Geschosshöhen und Bauplatzgrößen sollte nachgedacht werden. Die Förderung des Kaufes und der Sanierung einer Altbauimmobilie ist notwendig, um die dörflichen und städtischen innerörtlichen Kerne mit Leben zu erhalten. Um nicht Ungleiches miteinander zu vergleichen, sollten jedoch die Probleme der Großstädte nicht unreflektiert auf unsere Verhältnisse übertragen werden. Daher halten wir es für notwendig, eine langfristige Bedarfsplanung zu entwickeln. Aspekte wie unter anderem Entwicklungen bei Baupreisen und Einwohnerzahlen müssen ebenso, wie Erhalt wertvoller Naherholungs- oder Waldgebiete, Berücksichtigung finden. Es ist wichtig, einen Ausgleich aller Interessen zu erreichen. Dabei wird die DCB als bürgernaher politischer Verantwortungsträger alle Argumente bei ihrer Entscheidungsfindung einbeziehen. Auf jeden Fall haben junge Familien das Recht auf die gleichen Chancen sich zu entfalten, wie all diejenigen, die ihren Wunsch nach Wohneigentum in der Vergangenheit in unserem Stadtgebiet verwirklichten. Nicht ohne Auswirkungen auf die künftige Entwicklung Walldürns wird auch die geplante Ausweisung von Baugebieten in den Nachbargemeinden sein. Daher werden wir uns, unter Berücksichtigung aller Interessen, einer maßvollen Ausweisung weiterer Baugebiete, auch im Vorderen Wasen, nicht verschließen.
Stellungnahme der Freien Wähler (Ramona Paar, Stadträtin und Gruppensprecherin): Bei allen Flächenausweisungen favorisieren wir die Nutzung innerörtlicher Potenziale und die Umnutzung von Leerständen. Qualitativ gute Nachverdichtung, einladende Plätze und Freiräume schaffen gute Nachbarschaft, zum Beispiel auch in nutzungsgemischten Quartieren. Generell soll – egal ob Wohn- oder Gewerbeflächen – nach dem Grundsatz der bedarfs-gerechten Erschließung gehandelt werden. Gute Beispiele dafür sind „Leinenkugel“ oder „Neuer Wasen“, Flächen, die wir immer unterstützt haben. Am Herzen liegen uns zum Beispiel noch die Flächen „Roter Weg“ bis zur Kaserne, Auf der Heide oder gegenüber der Leinenkugel. Auch sonst klaffen viele Lücken in allerbesten erschlossenen Lagen. Dem ungebremsten Flächenfraß aufgrund eines Überbietungswettbewerbs der Kommunen um jeden möglichen Einwohner – bevorzugt junge Familien – ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht entgegenzuwirken. Versiegelung und Landschaftsverbrauch sind irreversibel. Umfangreiche Erschließungs- und Unterhaltungsmaßnahmen belasten Stadtkassen und Personal. Die mangelnde Verkaufsbereitschaft der Privateigentümer darf kein Argument sein für das Ausweichen auf die grüne Wiese, die auch nicht in öffentlicher Hand ist. Zudem werden umfangreiche Ausgleichsflächen benötigt. Für den Erhalt des gewachsenen Charakters und der Lebensqualität der Ortsmitten ist die dauernde Anstrengung für die Innenentwicklung ohne Alternative. Wir lehnen neue Erschließungen nicht generell ab, aber gerade wegen der Verantwortung zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen stehen wir der weiteren Umwandlung des Vorderen Wasens ablehnend gegenüber.
Stellungnahme der AfD (Bernd Kirst, AfD Kreisverband Neckar-Odenwald): Das Naherholungsgebiet ist für die Anwohner wichtig. Aufgrund seiner Wege bietet es besonders für Senioren und Kinder ideale Gelegenheiten zur Erholung und Bewegung. Auch die Vielfalt an Tieren, bis hin zu den Insekten, ist eine Bereicherung. Wären an dieser Stelle Bauplätze, so wäre es nicht mehr möglich, diese Natur in unmittelbarer Nähe zu genießen. Gleichzeitig gibt es in der Innenstadt immer mehr Gebäude in schlechtem Zustand sowie diverse Baulücken. Junge Familien bevorzugen natürlich Neubauten, was letztendlich aber zu der Situation führt, dass die allgemeinen Immobilienpreise steigen, in den Innenstädten aber günstige „Ruinen“ stehen, weil diese aufgrund strenger Bauauflagen niemand sanieren möchte. Unsere Kandidaten stehen daher zum Parteigrundsatz, dass die Bauvorschriften gelockert werden müssen. So besteht die Möglichkeit, die bestehenden Gebäude einfacher zu sanieren oder zu ersetzen und in Folge werden weniger Neubaugebiete benötigt. Wir vermuten, dass im Vorderen Wasen auch für Flüchtlinge Häuser zur Anschlussunterbringung gebaut werden könnten. Die verpflichtende Anschlussunterbringung wollen wir daher aussetzen und diese Personen vorerst in ihren Gemeinschaftsunterkünften belassen, schon allein aufgrund der hohen finanziellen Herausforderung für die Kommunen. Auch dies würde zur Entlastung des benötigten Wohnraums beitragen. Wir lehnen eine Bebauung des Vorderen Wasens daher ab.
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