Den Opfern von Kriegen und Gewaltherrschaften wurde am Sonntag im Laufe der Feierstunde anlässlich des Volkstrauertags auf dem Walldürner Friedhof gedacht.
Walldürn. Mit getragenen Klängen untermalte die von Meikel Dörr dirigierte Odenwälder Trachtenkapelle und der gemischte Chor des Männergesangvereins „Frohsinn“ unter Leitung von Michael Wüst den Vormittag. Nach dem Einzug zum Kriegerdenkmal stimmte Hauptmann Thomas Kaiser mit dem Gedicht „Wenn jeder eine Blume pflanzt“ von Peter Härtling sowie tiefsinnigen Gedankengängen zum Volkstrauertag auf den Hintergrund der Veranstaltung ein.
Als Kommandeur des Logistikbataillion 461 erinnerte Oberstleutnaht Christoph Werle in seiner Gedenkansprache an das im Zeichen zweier Kriege stehende Jahr 2018: Vor 400 Jahren begann der 30-jährige Krieg, während vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg endete. „Die Kriege hinterließen Tod, Trauer und tiefe Wunden in den Seelen der Menschen“, erklärte er.
„Tag der stillen Einkehr“
Dass man seit 73 Jahren die längste kriegsfreie Zeit auf deutschem Boden genieße, sei ein großes Geschenk. „Nur Versöhnung, Kooperation und Anerkennung können diesen Frieden dauerhaft währen lassen“, hielt Werle fest und blickte auf die Gründung des Volksbunds deutscher Kriegsgräberfürsorge zurück, der Hinterbliebenen seinerzeit einen Ort der Trauer schenkte. Den Volkstrauertag bezeichnete er als „Tag der stillen Einkehr“, den man auch zur „Immunisierung gegen diskriminierende Parolen“ nutzen möge – zeichne sich doch aktuell eine Renaissance national motivierter Vorurteile ab. „Solche Probleme begünstigen Kriege“, mahnte Werle an. Umso wichtiger sei der Volkstrauertag, um sich mit dem Leid der Opfer von Kriegen und politischer wie religiöser oder regimebedingter Verfolgung auseinanderzusetzen und den hohen Wert demokratischer Ideale auf ein Neues achten zu lernen.
Kriege geraten in Vergessenheit
Nach dem von den Chorsängern dargebotenen Werk „Dona nobis pacem“ wartete Pfarrer Karl Kreß mit ähnlich eindrücklichen Worten auf. Im Namen beider Kirchengemeinden sowie der evangelischen und katholischen Militärseelsorge kam der Geistliche zu einem nachdenklich stimmenden Fazit. „Deutschland beginnt, die Kriege und die unfassbaren Opferzahlen zu vergessen“, hielt Kreß angesichts jährlich sinkender Besucherzahlen und des geringen Interesses junger Mitbürger am Volkstrauertag fest. Gerade Kinder kennen den Volkstrauertag und seine Bedeutung oft nur noch peripher – wenn überhaupt. „Dabei ist es eine Schuld, die nie vergessen werden darf“, betonte Kreß und stellte auf eloquente und zu Herzen gehende Weise die „modernen Rattenfänger“ an den Pranger, durch die Ideen zu Ideologien und Menschen gegeneinander aufgehetzt würden.
„Wir können vieles vergeben, aber nicht vergessen“, erklärte er und ermutigte dazu, den von Jesus vorgezeichneten Weg der Liebe und des Verständnisses miteinander zu beschreiten. Unter Trommelwirbel wurden schließlich an der Gedenkstätte die Kränze von VdK und Sozialverband Deutschland, des Volksbunds deutscher Kriegsgräberfürsorge, der Stadt Walldürn und des Bundeswehrstandortes Walldürn zu Ehren der gefallenen Soldaten nieder gelegt.
Eine wichtige Mahnung
Auf einen weiteren Choral der Odenwälder Trachtenkapelle folgte Bürgermeister-Stellvertreter Theo Staudenmaier, der in seiner Ansprache zum Gedenken für die Verstorbenen aus allen Kriegen sowie Terror, Vertreibung und Folter anhielt. „Der Volkstrauertag versteht sich nicht als langweilige und eingestaubte Tradition, sondern als unverändert wichtige Mahnung und Herausforderung zugleich“, sagte Staudenmaier und verwies einmal mehr auf Vergangenes, das sich nie wiederholen dürfe. „Die leidvollen Erfahrungen aus sämtlichen Kriegen verpflichten uns dazu, alles an den Frieden zu setzen“, erklärte er. Bevor die gemeinsam angestimmte Nationalhymne die Feier beendete, dankte Staudenmaier allen Mitwirkenden.
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