Tauberbischofsheim. Die letzten beiden Sonntage vor dem ersten Advent sind stille Tage: Volkstrauertag und Totensonntag. Dient Ersterer dem Gedenken und Erinnern an diejenigen, die Opfer von Krieg, Gewalt und Unrecht sind, richtet sich der Blick eine Woche später auf alle Verstorbenen. Der Zug am Volkstrauertag führte vom Marktplatz zum Mahnmal für die in den Kriegen gefallenen Soldaten. Die Stadt- und Feuerwehrkapelle, die Stadtgarde, die Freiwillige Feuerwehr, Vertreter der Bundeswehr und des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie der Gemeinderat mit Bürgermeisterin Anette Schmidt nahmen neben zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern an der Gedenkveranstaltung teil.
Anette Schmidt sprach von einem Tag des Gedenkens und der Besinnung, um die Vergangenheit nicht zu vergessen und Lehren aus Kriegen ins Bewusstsein zu rücken. Opfer auf der ganzen Welt sollten nicht vergessen werden. Der Volkstrauertag trage dazu bei, sich der eigenen Verantwortung für den Frieden zu verdeutlichen und sich des unendlichen Leids, das Kriege mit sich bringen, zu vergegenwärtigen. Es gelte, jeden Tag für Versöhnung einzutreten und den hohen Wert von Frieden und Toleranz zu schätzen und hochzuhalten, damit solche Tragödien, wie sie Kriege mit sich bringen, nie wieder geschehen.
Sie freue sich, dass eine Gruppe Jugendlicher des Matthias-Grünewald-Gymnasiums das Gedenken mitgestalte, so die Bürgermeisterin. „Es ist wichtig, junge Menschen in dieses Gedenken miteinzubeziehen, weil damit ein klares Zeichen für Frieden und Menschlichkeit gesetzt wird“, meinte sie.
500 Menschen auf dieser Erde würden täglich durch Krieg und Gewalt sterben, 70 Prozent von ihnen seien Frauen und Kinder, berichtete eine Schülerin. Rund 122 Millionen Menschen befänden sich auf der Flucht. Im Dialog zweier Schülerinnen thematisierten sie das Gedenken am Volkstrauertag, indem sie feststellten, dass Krieg und Vertreibung für viele Menschen heute Realität seien. Während eine von Bildern und Berichten sprach, die zeigten, dass Flüchtlinge nur nehmen und nicht geben würden, berichtete die andere von ihrer einst geflüchteten Mutter, die sich durch Fleiß und Beharrlichkeit integriert habe und dankbar für ihre Chancen sei.
Die Schülerinnen erinnerten daran, wie viele Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg zur Flucht gezwungen waren, aufgenommen wurden und ihr Leben in neue Bahnen gelenkt haben. Für sie sei der Volkstrauertag ein Tag des Nachdenkens über Krieg, Hass und Ausgrenzung. „Erinnern heißt Verstehen und gerade am Volkstrauertag daran zu denken, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist“, lautete ihr Schlussappell und die Überleitung zum schön und einfühlsam gesungenen John-Lennon-Song „Imagine“.
Pfarrerin Heike Kuhn zielte in ihrer Ansprache auf das Gefühl von Trauer ab, das mit Bildern oder Filmen von Kriegsschauplätzen gar nicht vermittelt werden könne. Hier seien zerstörte Häuser zu sehen, da eine weggebrochene Wand. Dass damit aber das abrupte Ende von Familien, verbunden sei, werde erst durch die Geschichten Einzelner wahrnehmbar. Hier zeige sich nahe, was Krieg für Menschen bedeute. Es gelte, die Gesichter Einzelner zu erkennen und nicht aus der Ferne nach Gut und Böse, Schwarz oder Weiß zu sortieren oder sich anzumaßen, den Richterstuhl besteigen zu können.
Mit der Hoffnung auf Versöhnung endete Heike Kuhn. Die Stadt- und Feuerwehrkapelle spielte zum Abschluss traditionell „Ich hatt‘ einen Kameraden“, woran sich die National- und die Europahymne anschlossen.
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