Tauberbischofsheim. Alexander Geuking, Jahrgang 1988, leitet seit einem Jahr den TSV. Der Wirtschaftsingenieur, der einen Landtechnik-Handel betreibt, folgte auf Rüdiger Paul, der zuvor 16 Jahre lang Vorsitzender war. Im Gespräch mit den FN äußert sich Geuking ausführlich zur Situation im größten Verein der Kreisstadt.
Herr Geuking, die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren in der Vereinslandschaft hinterlassen. Für viele ist die Situation sogar existenzbedrohend. Wie steht es um den TSV Tauberbischofsheim?
Alexander Geuking: Von einer existenzbedrohenden Situation für den TSV kann zum Glück keine Rede sein. Zudem haben wir in der Vergangenheit gut gewirtschaftet und entsprechende Rücklagen gebildet, die uns in der Krise natürlich geholfen haben.
Was nicht heißen soll, dass wir die vergangenen Monate einfach locker weggesteckt haben. Die ganze Situation war und ist für alle Führungskräfte im Verein eine riesige Herausforderung. Durch einen bürokratischen Kraftakt haben wir außerdem finanzielle Hilfe vom Staat erhalten. Das war nicht sehr viel, hat aber geholfen, die Kosten zu decken. Jetzt sind wir unglaublich froh, dass dank sinkender Infektionszahlen und niedriger Inzidenzwerte wieder mehr möglich ist und wir in allen Abteilungen des TSV Angebote für unsere Mitglieder machen können.
Der TSV ist der mit Abstand größte Verein der Kreisstadt und hat zahlreiche Abteilungen. Wie ist die Situation dort?
Geuking: Unsere insgesamt elf Abteilungen stehen im Großen und Ganzen gut da. Sie alle haben die Krise bisher nach ihren Möglichkeiten gemeistert. Die Übungsleiter haben in den letzten Monaten alles dafür getan, den Kontakt zu den Mitgliedern nicht abreißen zu lassen. Und sie sind alle bereit für den Neustart. Das ist ein gutes Gefühl.
Ich bin unseren Leuten, die im Hintergrund so viel bewegen, unendlich dankbar. Sie hatten es wirklich nicht leicht. Was unseren Abteilungen natürlich unheimlich wehgetan hat, ist, dass seit über einem Jahr alle Veranstaltungen, Feste und Feiern abgesagt werden mussten. Da ging schon viel verloren – sowohl finanziell, aber auch mit Blick auf das Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl.
Stabile Mitgliederzahlen sind gewissermaßen die Lebensversicherung eines Vereins. Wie sieht es da aus? Mussten Sie durch Corona viele Abgänge hinnehmen, oder blieben Ihnen die Mitglieder treu?
Geuking: Gott sei Dank sind unsere Mitgliederzahlen stabil geblieben. Darüber freue ich mich sehr, denn es zeigt, wie treu unsere Mitglieder sind und wie sehr sie sich ihrem TSV verbunden fühlen. Außerdem zeigt es, wie hoch das Engagement und die Leidenschaft unserer Übungsleiter ist. Das macht mich und meine Kollegen im Vorstand sehr stolz. Nach wie vor haben wir rund 2500 Mitglieder im Verein und sind quer durch unsere Abteilungen stabil. Es gab Austritte in der üblichen Fluktuation und es fehlen leider die üblichen Neuzugänge. Aber man kann wirklich nicht davon sprechen, dass wir eklatant viele Mitglieder verloren hätten. Wir bewegen uns da auf dem gleichen Niveau wie in den Jahren vor Corona.
Bei anderen Vereinen ist das nicht unbedingt der Fall. Wieso beim TSV?
Geuking: Ich denke, wir haben unseren Mitgliedern einfach viel zu bieten und sind dabei auch noch relativ günstig. Ich sage immer, eine Mitgliedschaft in einer unserer TSV-Abteilungen ist nicht teurer als ein Abo bei einem Streamingdienst. In diesem Zusammenhang möchte ich auf keinen Fall die wertvolle Unterstützung der Stadt verschweigen. Zum Beispiel mit Blick auf die faire Preisgestaltung für die Anmietung der städtischen Hallen. Ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.
Was glauben Sie: Ist ein Vereinsleben, wie es das vor Corona gab, in Zukunft überhaupt wieder möglich? Wann wird das Ihrer Einschätzung nach soweit sein beziehungsweise was wird sich dauerhaft verändern?
Geuking: Prognosen fallen mir da sehr schwer. Natürlich werden wir wie alle Vereine noch lange an dieser Krise, die ja noch nicht vorbei ist, zu knabbern haben. Sportvereine sind nicht nur Spiel, Spaß, Gesundheit und Fitness. Es sind wichtige soziale Orte, in denen Freundschaften gepflegt werden, Beziehungen entstehen und Geschäfte eingefädelt werden. Der TSV ist wahrscheinlich die größte Dating-Plattform und das größte Karriere-Netzwerk der Stadt. Das hat in den vergangenen Monaten natürlich brutal gefehlt. Insofern glaube, ich, dass es die meisten gar nicht erwarten können, wieder das Vereinsleben und die zur Verfügung stehenden Angebote zu genießen. Der TSV ist und bleibt eine große Organisation, die jede Menge zu bieten hat. Wir sind eine große Familie. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Und wer weiß, vielleicht profitieren Vereine in ihrer Funktion als Orte der Begegnung und des sozialen Austauschs sogar von der Entwicklung.
Wie meinen Sie das?
Geuking: Nun, meiner Auffassung nach lechzen die Menschen in Zeiten von Homeoffice und Co. nach Bewegung und Begegnung. Das kann auch für einen regelrechten Boom in den Vereinen sorgen, sobald es die Corona-Regeln wieder zulassen.
Was allerdings bleibt, sind die Probleme, die es auch schon vor Corona gab: Der demografische Wandel ist ein großes Thema, genauso die andauernde Suche nach Menschen, die ehrenamtlich Verantwortung übernehmen. Ich denke, davon kann fast jeder Verein ein Lied singen. Auf Tauberbischofsheim bezogen ist es da sehr begrüßenswert, wenn die Stadt beabsichtigt, einen festen Verantwortlichen zu installieren, der sich um die Belange der Vereine kümmert und ständiger Ansprechpartner ist. Das ist der richtige Ansatz.
Unabhängig von der Pandemie stehen für den TSV wichtige Themen und Projekte auf der Agenda. Da sind zum Beispiel die Tennisplätze an der Tauber. Wie die FN bereits berichtet haben, soll die komplette Anlage ja wegen Maßnahmen zum Hochwasserschutz weichen. Was sagen Sie dazu?
Geuking: Das ist in der Tat ein wichtiges Thema, das uns im Gesamtvorstand sehr beschäftigt. Die Kündigung der Stadt, die ja Eigentümer der Flächen ist, liegt uns schon seit über zehn Jahren vor. Insofern ist das eine sehr lange Hängepartie und eine Situation, die für die Verantwortlichen der Tennisabteilung auch nicht leicht ist. Zum Beispiel müsste das Dach des Clubheims dringend grundsaniert werden, aber natürlich macht man nicht so eine Investition, wenn man bald sowieso weichen muss und alles abgerissen wird.
Es ist gut, wenn endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden und das Thema gelöst wird. Aber: Grundsätzlich wollen wir alle gerne am bisherigen Standort bleiben, weil er ideal liegt und sich alle dort sehr wohl fühlen. Deshalb haben wir der Stadt auch den Vorschlag gemacht, von sechs auf vier Plätze zu reduzieren und so entlang der Tauber den nötigen Spielraum zu geben, die Umgestaltung sowie die notwendige Anpassung des Hochwasserschutzes realisieren zu können.
Und was sagt die Stadt dazu?
Geuking: Die möchte das nicht. Aber, und das möchte ich betonen: Wir führen da sehr gute Gespräche und sind in einem konstruktiven Dialog. Bei der Stadt hängt man sich sehr ins Zeug, um ordentliche Alternativen zu bieten. Bürgermeisterin Anette Schmidt ist da sehr engagiert. Wir fühlen uns definitiv ernst genommen.
Thema Hallenbad in Tauberbischofsheim. Stadt und Gemeinderat haben sich gegen einen Neubau entschieden. Wie steht man beim TSV dazu?
Geuking: Wir haben zwar keine eigene Schwimmabteilung im TSV, aber das Angebot zur Wassergymnastik in der Turnabteilung wird sehr vermisst, und wir suchen aktuell noch nach Alternativen. Natürlich gehen unsere Mitglieder auch gerne ins Schwimmbad. Gleichzeitig sind wir solidarisch mit anderen Vereinen wie der DLRG und allen Schwimmern. Insofern sprechen auch wir vom TSV uns für ein Hallenbad aus, in welcher Form das auch immer realisiert werden kann.
Und Ihre persönliche Meinung?
Geuking: Eine Stadt wie Tauberbischofsheim braucht ganzjährige Schwimmmöglichkeiten. Vielleicht kann man das irgendwie in Einklang bringen mit der Sanierung des Freibads. Klar: Hallenbad und Tennisanlagen haben eine lange Vorgeschichte, und durch Corona ist das etwas verzwickter. Aber bei solchen Themen gilt: Konzepte erarbeiten und vorstellen, Zahlen auf den Tisch und die Bürger mitentscheiden lassen.
Neben der Vorfreude auf den Wiederbeginn – was steht beim TSV als nächstes an?
Geuking: Wir haben noch zwei offene Stellen zu vergeben im Programm „Freiwilliges soziales Jahr Sport und Schule”. Wir bieten da jungen Menschen eine tolle Möglichkeit sich zu entwickeln und mit Tätigkeiten in Grundschulen und unserem Verein tolle Erfahrungen zu gewinnen.
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