Bildung

Tauberbischofsheim: Vom Traum zum realen Projekt

Sechstes Gespräch zur Baukultur von Kunstverein und dem Bund Deutscher Architekten

Von 
Ulrich Feuerstein
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Nach der Podiumsdiskussion nutzten die Besucher die Gelegenheit, die ausgestellten Schülerarbeiten in Augenschein zu nehmen (oben). Die Preisträger mit der Juryvorsitzenden Christine Jouaux (rechts im Bild unten links). Gesprächsrunde im Forum des MGG mit (von links im Bild unten rechts): Christian Holl, Sebastian Klawiter, Mia Dietz und Selina Rosenberger. © Ulrich Feuerstein

Tauberbischofsheim. Ideen gibt es viele. An der Umsetzung hapert es oft. Wie aus einem Wunschtraum ein reales Projekt wird, war Thema beim sechsten Gespräch zur Baukultur, das der Kunstverein Tauberbischofsheim in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) Heilbronn-Franken veranstaltete.

Die mittlerweile zu einer schönen Tradition gewordene Veranstaltung fand dieses Mal im Forum des Matthias-Grünewald-Gymnasiums statt. Aus gutem Grund: Schüler des Geschichtsleistungskurses und zweier Kunstgrundkurse haben sich ein Jahr lang im Rahmen eines „denkmal aktiv“-Projektes mit dem alten Silogebäude am Bahnhof beschäftigt. Sie recherchierten nicht nur die Geschichte des Gebäudes, sondern machten sich auch Gedanken über eine mögliche Zukunft und skizzierten Entwurfsideen. Zwei von ihren, Mia Dietz und Selina Rosenberger, sprachen mit Architekt Sebastian Klawiter und Moderator Christian Holl über ihre Erfahrungen.

„Das ZG-Silo hat Geschichte“, betonte Selina Rosenberger. Ihrer Meinung nach kann das historische Gebäude als Ausgangspunkt für Neues dienen, wenn man bereit ist, sich davon inspirieren zu lassen. Für Mia Dietz zählt der ökologische Aspekt. Ein altes Gebäude neu zu nutzen, spare Ressourcen. Im ZG-Silo sah sie Potential: „Die zentrale Lage eröffnet vielfältige Möglichkeiten.“

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Einige haben die Schüler im Rahmen des „denkmal aktiv“-Projektes entwickelt. Die überzeugendsten Entwürfe prämierte eine Jury unter dem Vorsitz von Christine Jouaux. „Die Schüler haben sehr gute Arbeit geleistet“, lobte die Gruppenvorsitzende der Architektenkammer im Main-Tauber-Kreis. Die Arbeiten haben ihren Angaben zufolge die Erwartungen deutlich übertroffen und zeigen insgesamt ein hohes Niveau. „Letztlich haben Nuancen den Ausschlag gegeben“, betonte Jouaux.

Einer von vier Preisen ging an Sina Berthold, Annika Gerber und Lara Lima Fernandes. Das Trio hat ein zweigeschossiges Raumkonzept für benachteiligte Jugendliche entworfen. Die Zielgruppe und die räumliche Konzeption überzeugten die Jury. Prämiert wurde auch Luisa-Marie Kuhnerts und Melina Wüsts „Künstlerturm“. Die Jury würdigte die gelungene Kombination von Gemeinschaftsbereichen und Rückzugsmöglichkeiten.

Einen Preis gab es außerdem für Sabine Kismann und Romy Wenzel für ihre Arbeit mit dem Titel „Wohngemeinschaft im Turm“. Die Jury lobte den nachhaltigen Ansatz, der den Bestand berücksichtige, sowie die sorgfältige Darstellung in Modell und Grundriss. Aus dem Geschichtsleistungskurs erhielt Selina Rosenberger einen Preis. Sie hat sich im Laufe ihrer Recherche mit den Originalakten zum Bau des ZG-Silos beschäftigt.

Eine Anerkennung ging an Finn Eckert, Marlin Gaab und Linus Joachim, die mit ihrem Entwurf für eine „Junge WG“ sensibel auf die gegebene Struktur reagiert und dabei neue Räume geschaffen haben. Dominik Leis und Julian Trabold erhielten ebenfalls eine Anerkennung. Ihr „Hotel für Radfahrer“ besticht nach Ansicht der Jury durch eine große Praxisorientierung und schnelle Umsetzbarkeit. Sebastian Klawiter stellte allgemeine Überlegungen an, wie Projekte erfolgreich in Angriff genommen werden können. Der Architekt und Nachhaltigkeitsforscher hat in seiner Masterarbeit zum Thema „Stadtlücken“ eine Systemarchitektur entwickelt, die helfen soll, selber aktiv zu werden. Am Beispiel des Österreichischen Platzes in Stuttgart machte er seinen Ansatz deutlich. Angeregt durch die Aktionen des von Klawiter gegründeten Vereins „Stadtlücken“, hat die Stadt Stuttgart diesen Raum für zwei Jahre als Experimentierfeld geöffnet. „Er sollte ein Ort des Miteinanders, des Austauschs, der Kultur und der Geselligkeit werden, ein Ort für alle“, erklärte Klawiter. Expertenworkshops und Diskussionsrunden wurden ins Leben gerufen, um neue Ansätze zu erarbeiten. Ein ähnliches Vorgehen konnte Klawiter sich auch für Tauberbischofsheim vorstellen. Voraussetzung sei es, sich „Komplizen“ zu suchen, die die Stadt mitgestalten wollen. Es gelte, in einen offenen Dialog zu treten. Wert legte Klawiter auf die Feststellung, dass während des gesamten Prozesses Transparenz herrschen muss. Ein erfolgreiches Projekt sei keine geschlossene Veranstaltung. „Jeder, der möchte, muss sich einbringen können.“ Eingebracht haben sich in Tauberbischofsheim all diejenigen, die an der Gesprächsreihe zur Baukultur in den vergangenen zwei Jahren teilgenommen haben. „Wir haben einiges bewegen können“, meinte Initiator Johannes Sack. Ziel sei es gewesen, den Blick für „Möglichkeitsräume“ zu schärfen. Dass das Thema Baukultur in der Kreisstadt präsent bleibt, darauf hofft auch Dagmar Wolf. Die Vorsitzende des Kunstvereins signalisierte schon einmal Unterstützung für künftige Vorhaben.

Die Schülerarbeiten sind noch bis zum 22. Juli am Matthias-Grünewald-Gymnasium ausgestellt. Eine Besichtigung ist während der Öffnungszeiten der Schule nach Voranmeldung im Sekretariat (Telefon 09341/3140 oder sekretariat@mgg-tbb.org) möglich.

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