Weinig AG

Tauberbischofsheim: Thomas Bach 25 Jahre Aufsichtsratsvorsitzender bei Weinig

Dr. Thomas Bach feierte kürzlich Jubiläum: Seit 25 Jahren ist er Aufsichtsratsvorsitzender der Michael Weinig AG. Nun wurde er für weitere fünf Jahre gewählt. Im Gespräch mit den FN zieht er Bilanz.

Von 
Sabine Holroyd
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Zuversichtlich in die Zukunft: Weinig-Vorstandsvorsitzender Gregor Baumbusch, Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Thomas Bach sowie Konzern-Betriebsratsvorsitzender und Arbeitnehmervertreter Rainer Haag (von links). © Sabine Holroyd

Tauberbischofsheim. Für Dr. Thomas Bach ist 2023 ein besonderes Jahr: Seit zehn Jahren ist er IOC-Präsident, im Dezember wird er 70. In diesem Interview geht es aber einzig und allein um jene 25 Jahre als Aufsichtsratsvorsitzender bei Weinig.

Herr Bach, mit Ihren 25 Jahren als Aufsichtsratsvorsitzender feiern Sie sozusagen „Silberhochzeit“ mit Weinig, Sie sind mit dem Unternehmen durch Höhen und Tiefen gegangen . . .

Thomas Bach: Ja, das ist in der Tat ein bisschen wie eine „Silberhochzeit“. Schließlich handelt es sich dabei nicht nur um eine rein geschäftliche, sondern auch um eine sehr emotionale Bindung.

Wie kam diese „Ehe“ denn zustande?

Bach: Die Anteilseigner wollten damals den Aufsichtsratsvorsitzenden auswechseln, und so kam ich ins Gespräch. Bei einem Treffen mit dem damaligen Vorstandsvorsitzendem Wolfgang Wilmsen ging es jedoch gar nicht um den Aufsichtsrats-Vorsitz, sondern „nur“ um eine mögliche Kooperation mit Weinig als bodenständigem Unternehmen mit internationaler Ausrichtung.

Statement: Das sagt der Betriebsratsvorsitzende Rainer Haag

„Wenn man wie ich aus dem ländlichen Raum stammt, ist es definitiv spannend und besonders, mit Dr. Thomas Bach zusammenzuarbeiten. Ich weiß, wie wichtig er für die Firma und den Standort Tauberbischofsheim ist und was er auch im Hintergrund alles bewirkt. Bei Themen, die die Arbeitnehmer betreffen, nimmt er sich Zeit für den direkten Austausch. Als wir ihn bei einem Vorgespräch zur Entscheidung über die 70-Millionen-Euro-Investition von der Wichtigkeit dieses Projekts überzeugen wollten, sagte er: ,Leute, Ihr müsst mich nicht katholischer machen, als ich bin. Ich weiß, worum es geht.’ Für Weinig und Tauberbischofsheim ist es gut, dass ein ,Bischemer’ Aufsichtsratsvorsitzender ist. Stets versucht er auch, im Aufsichtsrat Einheit zu erzielen. Es ist immer sein Bestreben, einen hundertprozentigen Konsens herzustellen.“ sk

Bei diesen Attributen dachte er wohl auch an Sie…

Bach: Er meinte, das könnte passen – auch wegen meiner unternehmerischen Erfahrung. Allerdings hatten die kuwaitischen Anteilseigner das letzte Wort. Mit dem Hauptinvestor Ali Alghanim, der einst in Hannover studiert hat, habe ich mich dann in Bad Mergentheim zu einem netten Gespräch unter vier Augen getroffen. In Kuwait nennen sie ihn „den Deutschen“. Noch heute bin ich mit ihm befreundet. Kurz darauf fand die Aufsichtsratssitzung statt, zu der ich als Gast eingeladen war. Dort wählten sie mich – ohne mich vorher darüber zu informieren – zum Aufsichtsratsvorsitzenden.

Da mussten Sie erst mal schlucken, oder?

Bach: Ich war überrascht und erfreut.

Und Sie haben es nie bereut?

Bach: Ich wollte es ja auch, es war beileibe keine „Zwangsheirat“ (lacht). Natürlich hat es Höhen und Tiefen gegeben. Noch im selben Jahr begannen wir dann mit den ersten Übernahmen, die alle noch vor meiner Zeit vorbereitet worden waren. Im folgenden Jahr expandierten wir in Japan und übernahmen zwei weitere deutsche Firmen, um unser Produkt-Portfolio zu erweitern.

Und dann ging Weinig 2002 von der Börse . . .

Bach: Das waren spannende Zeiten. Wir hatten zwei, die Minderheitsaktionäre betreffende, umstrittene Entscheidungen zu fällen. In der Sporthalle des Matthias-Grünewald-Gymnasiums hielten wir eine ziemlich lebhafte Hauptversammlung mit ein paar hundert Aktionären ab. Damals waren gerade die „Aktivisten-Aktionäre“ in Mode gekommen. Zu ihnen zählte der bundesweit bekannte Professor Ekkehard Wenger aus Würzburg, auch „Vorstandsschreck“ genannt. Aber wir haben das durchgestanden, indem wir von einem neuen Gesetz Gebrauch machten, das uns den zwangsweisen Ausschluss – „Squeeze-out“ – von Minderheitsaktionären erlaubte. Das rief erneut die Aktivisten-Aktionäre auf den Plan, die nicht immer mit feinen Methoden arbeiteten. Das kochte dann so hoch, dass wir die Hauptversammlung auf zwei Tage einberiefen. Wir hätten sie also 48 Stunden lang reden lassen. In einer Sitzungspause am Abend stand Professor Wenger auf und sagte: „Ich habe festgestellt: Sie sind nicht von spaltbarem Material.“ Das empfand ich als Ritterschlag und Zeichen, dass es jetzt zu Ende geht. Und so war es dann auch eine Stunde später. Natürlich folgten danach Prozesse, die wir alle gewonnen haben. Wir waren das einzige Unternehmen in dieser frühen Phase des „Squeeze out“-Prinzips, bei dem es nicht vor Gericht angefochten wurde, sondern es nur die Höhe der Entschädigung ging.

Und dann kam die große Krise . . .

Bach: Zuvor hatten wir 2005 mit der 100-Jahr-Feier ein schönes internationales Weinig-Familienfest mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. In dieser Zeit war auch die geschäftliche Entwicklung sehr gut – bis sie durch die Weltwirtschaftskrise abrupt zum Stillstand kam. Die ersten drei Quartale liefen noch hervorragend, dann brach das Geschäft plötzlich ein. Das war eine enorm schwierige Phase. Wir mussten in Tauberbischofsheim 300 Mitarbeiterplätze abbauen, das hat mir auch persönlich sehr wehgetan. Schließlich war es uns immer wichtig, so gut wie alle Auszubildenden zu übernehmen. Aber das war in dieser Finanzkrise nicht möglich. Danach konnten wir dieser Firmenpolitik wieder folgen und haben dadurch einen gesunden Mitarbeiterstamm.

Weinig ist der weltweit größte Herstellervon Maschinen und Systemen für die Massivholzbearbeitung. © Sabine Holroyd

Was war der absolute Höhepunkt für Sie in diesen 25 Jahren?

Bach: Dass es uns gelungen ist, den Standort hier in Tauberbischofsheim und in Deutschland in einer Phase zu sichern, in der nicht nur sehr viel Produktion, sondern ganze Firmen ins Ausland verlagert worden sind. Wir müssen unseren kuwaitischen Shareholdern sehr dankbar sein, dass sie das immer respektiert und mitgetragen haben. Vor 25 Jahren waren wir bei einem Umsatz von etwa 270 Millionen Euro, jetzt sind wir bei knapp 600 Millionen Euro angelangt. Das heißt, wir haben den Umsatz mehr als verdoppelt und zählen in der Weinig-Gruppe rund 2500 Mitarbeiter.

Das freut Sie wahrscheinlich nicht nur als Aufsichtsratsvorsitzender, sondern auch als „Bischemer“, oder?

Bach: Es war mir stets wichtig, dass man den Standort sichert, denn ich bin nicht nur mit dem Unternehmen Weinig verbunden, sondern auch mit seinen Mitarbeitern. Bei einem Besuch von Weinig in den USA traf ich einmal einen Mitschüler aus der Grundschule wieder, der mittlerweile dort lebte und bei Weinig arbeitete.

Und nun investiert Weinig fast 70 Millionen Euro in den Standort Tauberbischofsheim.

Bach: Diese Investition ist eines der Bekenntnisse zum Standort, den die Anteilseigner mitgetragen haben. 70 Millionen für das neue Logistik- und Fertigungszentrum in Tauberbischofsheim sind nicht nur eine Zusage für die nächsten fünf Jahre, sondern das wirkt hoffentlich längerfristig. Das Ganze nahm seinen Anfang in der Coronakrise. Nach dem Motto „Lass’ keine Krise ungenutzt“ überlegten wir, wie wir uns längerfristig ausrichten können und müssen, ohne das Kurzfristige zu vernachlässigen.

Die Krise als Chance?

Bach: Ja, denn so sind wir kurzfristig und mit unkonventionellen Maßnahmen besser durch dieses Tal gekommen, als wir anfangs vermutet hatten. Wir sind zu knapp 85 Prozent vom Export abhängig und wissen, dass die Nachfrage da ist und steigt. Allerdings können wir nicht so arrogant sein und behaupten, das sei allein wegen unserer Produkte der Fall. Diese steigende Nachfrage ist vor allem auch auf den zunehmenden Trend hin zum umweltfreundlichen Bauen zurückzuführen. In diesem Markt haben wir uns nach und nach positioniert. Dieser Trend wird weitergehen, er ist ein Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Also müssen wir unser Produktportfolio und unsere Kapazitäten erweitern, um die gesamte Prozesskette für den Holzbau abzudecken und noch effizienter zu arbeiten. Aufgrund unseres Standorts Deutschland liegen wir im internationalen Vergleich preislich über den Mitbewerbern. Also müssen wir durch eine höhere Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit unserer Maschinen besser sein. Der Kunde muss mit unseren Maschinen schneller und besser mehr Fenster produzieren können als mit denen der Mitbewerber.

Insgesamt investiert Weinig 120 Millionen Euro über fünf Jahre. Auch bei unserer Sparte Holz-Her haben wir die Fertigungskapazitäten erweitert. Deren Erwerb war auch eine unserer Erfolgsstorys. Das Unternehmen haben wir damals praktisch als Konkursmasse gekauft. Es trägt jetzt wesentlich dazu bei, dass wir in dieser Branche weltweit der einzige Komplettanbieter sind.

Statement: Das sagt der Vorstandsvorsitzende Gregor Baumbusch

„Die Zusammenarbeit mit Dr. Thomas Bach ist sehr angenehm und kooperativ. Wir haben das Unternehmen gerade in den vergangenen Jahren extrem gut entwickelt. Doch natürlich gab es auch Themen, die nicht so einfach waren. Aber da war er ebenfalls ein guter Unterstützer. Ich respektiere ihn, und wir vertrauen uns. Gerade bei einer Investition von 70 Millionen Euro braucht man das Vertrauen des Aufsichtsrats und speziell dessen Vorsitzenden. Wenn es dieses Vertrauen nicht gibt, wird es schwierig. Bei Fragen kann ich mich stets an ihn wenden. Es ist immer schön zu hören und auch interessant, wie er als Kosmopolit die Dinge sieht. Darüber hinaus essen wir beide gerne Bratwurst mit Sauerkraut. Man sieht, wir sind beide sehr bodenständig.“ sk

Weinig ist also gut aufgestellt für die Zukunft?

Bach: Ja, und das auch in meiner Heimatstadt. Wenn ich vom Frankfurter Flughafen herkomme, schaue ich immer gleich nach rechts, ob das Weinig-Schild noch oben auf dem Gebäude thront (lacht).

Macht Sie das stolz?

Bach: Ich verwende das Wort „Stolz“ nicht gerne. Vielmehr ist es Freude und Ermutigung für mich. Es war auch eine schöne menschliche Erfahrung, als ich 2013 zum IOC-Präsidenten gewählt wurde und alle meine Mandate abgab – auch bei Weinig wollte ich ausscheiden. Als dann aber sowohl die Aktionäre als auch die Mitarbeitervertreter im Aufsichtsrat sagten, sie würden es sehr begrüßen, wenn ich weitermache, war mir klar, dass ich doch nicht alles falsch gemacht habe. Dieses Mandat hält die Bindung an Tauberbischofsheim lebendig. Es sind nicht nur die nostalgischen Kindheits- und Jugenderinnerungen, sondern auch, dass man mit und in der Stadt mit den Bischemern lebt.

Sie sind als Aufsichtsratsvorsitzender wiedergewählt worden. Wie geht es in den nächsten fünf Jahren weiter?

Bach: Alle Beschlüsse in unserer Hauptversammlung wurden einstimmig gefasst. So einen Tag habe ich noch nie erlebt. Man sollte das aber nicht als Belohnung, sondern vielmehr als Ansporn sehen. Doch diese Einmütigkeit ist eine gute Basis für all das, was kommt.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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