Landrat Christoph Schauder schlägt Alarm

Tauberbischofsheim: Sozialausgaben reißen Kreishaushalt ins Minus

Mit 271 Millionen Euro im Etat, aber 6,6 Millionen Defizit warnt Schauder vor struktureller Überforderung der Kommunen.

Von 
Klaus T. Mende
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Der Kreishaushalt 2026 könnte in eine dramatische Schieflage geraten. Grund hierfür ist vor allem die hohe Soziallast. Doch die Verantwortlichen sind bestrebt, das Beste aus der augenblicklichen Situation herauszuholen. Und eines ist gewiss: Die Lichter werden im Landratsamt Main-Tauber definitiv nicht ausgehen. © Klaus T. Mende

Main-Tauber-Kreis. Die Lage ist ernst, aber keineswegs hoffnungslos: Landrat Christoph Schauder hat in der mittwöchlichen Sitzung des Kreistags Main-Tauber in Tauberbischofsheim den Haushaltsentwurf 2026 vorgestellt – und dabei mit einer dramatischen Warnung eröffnet: „Das Schiff sinkt.“

Landrat Christoph Schauder spricht Klartext

Der „erste Mann“ im Landkreis sprach Klartext: Seine Haushaltsrede war alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Denn sie zeichnete ein durchweg düsteres Bild der finanziellen Lage. In seiner Analyse machte Schauder vor allem den Bund verantwortlich, der den Kommunen immer mehr Aufgaben übertrage, ohne die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen. „Hier ist umgehend ein Kurswechsel erforderlich“, um den Kahn nicht noch tiefer in die Sandbank zu manövrieren, mahnte er.

Der Etat für das kommende Jahr umfasse 271,3 Millionen Euro und werde in erster Linie vom explodierenden Sozialetat bestimmt. Ohne eine strukturelle Entlastung sieht Schauder die Handlungsfähigkeit des Kreises dauerhaft gefährdet, zumal die Rücklagen nahezu aufgebraucht seien.

Landrat Christoph Schauder bei seiner Haushaltsrede. © Klaus T. Mennde

Eine positive Nachricht gab es dennoch: Trotz der trüben Aussichten plane die Kreisverwaltung weiter Investitionen in Krankenhäuser, Schulen und Infrastruktur. Gleichzeitig müsse jedoch an anderer Stelle der Geldhahn zugedreht werden, um dringend nötige Einsparungen zu erzielen.

Die finanzielle Schieflage sei vor allem auf die immensen Kosten gesetzlicher Pflichtaufgaben im Sozialbereich zurückzuführen. „Hier haben wir mit fast 125 Millionen Euro den größten Einzelposten,“ erklärte der Landrat. Besonders ins Gewicht fielen die Kosten der Eingliederungshilfe für Menschen mit wesentlicher Beeinträchtigung, die sich auf rund 44,5 Millionen Euro belaufen – mehr als ein Drittel des gesamten Sozialhaushalts.

Der Nettozuschussbedarf für diese Pflichtaufgaben steige rasant: 2024 habe er noch bei 66 Millionen Euro gelegen, 2026 werde er voraussichtlich auf 76,5 Millionen Euro anwachsen.

Schauder fand deutliche Worte: „Wir haben keine Erkenntnisprobleme, wir haben ein Handlungsproblem – und hier meine ich besonders die Bundespolitik. Denn die Eisberge, die die Lecks in unser Schiff gerissen haben, kommen in erster Linie aus Berlin.“ Er verwies darauf, dass er schon in den vergangenen Jahren immer wieder Verantwortung und Vernunft angemahnt habe. Doch die Kostendynamik im Sozialbereich habe sich seither nicht gebessert – im Gegenteil: „Die Lage ist mittlerweile hochdramatisch. Die Lecks müssen schleunigst geschlossen und der Schiffsrumpf repariert werden.“

Trotz eines defizitären Haushalts von 6,6 Millionen Euro und eines erwarteten Anstiegs der Verschuldung plädiert Schauder für eine moderate Erhöhung der Kreisumlage von 34 auf 35,65 Punkte. Dies solle die Belastungen für die kommunale Familie in Grenzen halten. Gleichzeitig seien Kürzungen bei freiwilligen Leistungen sowie im Personal- und Sachhaushalt geplant, um die finanzielle Stabilität zu sichern.

An zentralen Investitionen wird festgehalten

Trotz aller Sparzwänge halte der Landkreis an zentralen Zukunftsinvestitionen fest – vor allem in den Bereichen Gesundheit, Bildung, ÖPNV, Kreisstraßen, Radwege und Klimaschutz.

Doch so wie bisher könne es nicht weitergehen, betonte Schauder unmissverständlich: „Um es klar und deutlich zu sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir in den nächsten Jahren einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen sollen, wenn nicht signifikante strukturelle Änderungen bei den gesetzlichen Standards kommen.“

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Noch sei es nicht zu spät, eine Trendwende herbeizuführen – aber es müsse endlich gehandelt werden. „Dies ist ein Balanceakt, den wir bewusst in Kauf nehmen, um die Kreisumlage nicht noch weiter zu erhöhen – das müssen wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen,“ erklärte der Landrat.

Etwas Entlastung verspreche immerhin ein Finanzpaket, auf das sich das Land Baden-Württemberg und die Kommunalen Spitzenverbände kürzlich verständigt hätten. Dieses könne die große Finanznot zwar nicht beheben, komme aber zum richtigen Zeitpunkt. „Aus diesem Grund sind wir dem Land auch sehr dankbar,“ sagte Schauder. Allerdings handele es sich bei einem großen Teil der zugesagten Mittel nicht um strukturelle Hilfen, sondern um Nachzahlungen aus früheren Jahren. „Das heißt: Das Paket verschafft uns zwar einen Moment zum Aufatmen, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass strukturelle Änderungen hermüssen, damit wir weiterhin handlungsfähig bleiben.“

Für seine Verwaltung habe nun oberste Priorität, den Haushalt zu stabilisieren. Zum Abschluss seiner Rede appellierte Schauder mit Nachdruck an die politischen Entscheidungsträger: „Wacht endlich auf, stellt euch der Realität und handelt!“

Trotz der prekären finanziellen Lage wolle man im Landratsamt den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern das Beste aus der Situation machen. „Die Lichter werden im Landratsamt Main-Tauber definitiv nicht ausgehen,“ bekräftigte der Landrat. Für ihn stirbt die Hoffnung ohnehin zuletzt. Und so fügte er seiner Haushaltsrede den versöhnlichen Zusatz hinzu: „Das Schiff sinkt – Rettung ist noch möglich.“

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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