Amateur-Sportler

Tauberbischofsheim: Philipp Karpeles läuft Marathon in Top-Zeiten

Mit strukturiertem Trainingsplan und ohne Vereinszugehörigkeit sprintet er von Erfolg zu Erfolg.

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Heike von Brandenstein
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Philipp Karpeles bei einem Halbmarathon in Ingolstadt. © Marathon Photos

Tauberbischofsheim. Philipp Karpeles ist ein Leistungssportler, der in keine Kategorie passt. Außer vielleicht in die: Einzelkämpfer. Er gehört keinem Verein an, trainiert allein, fährt auch schon mal mit dem Zug von Tauberbischofsheim nach Niederstetten, um von dort wieder nach Hause zu laufen. Das liegt 42 Kilometer entfernt von der Kreisstadt – also fast genau auf Marathondistanz. Das zumindest sagt seine Uhr, die neben Strecken auch andere Parameter, wie den Puls, anzeigt.

38-mal in der Minute schlägt sein Herz in Ruhe, 170- bis 180-mal, wenn er im Wettkampf alles gibt. Mit seiner Zeit beim Frankfurt-Marathon vor einer guten Woche liegt er laut Gesamtbestenliste des Deutschen Leichtathletik-Verbands aktuell auf Platz 26, in seiner Altersklasse hält der 35-Jährige sogar den 15. Rang. Doch auf der DLV-Liste findet man ihn nicht. „Meine Zeit wird offiziell nicht gewertet“, begründet Philipp Karpeles diesen Fakt. Das liegt daran, dass kein Verein seine Zeiten verantwortet, so dass sie als inoffiziell gelten, auch wenn sie offiziell gestoppt wurden. Karpeles ist das egal. „Ich mache alles allein, ich brauche keinen Verein“, sagt er.

Landesbediensteter im Umweltschutzamt

Ein Self-Made-Athlet ist Philipp Karpeles, den nur diejenigen auf dem Schirm haben, die den Laufzirkus in der Region und darüber hinaus intensiv verfolgen. Der gebürtige Erlanger lebt seit 2019 in der Kreisstadt. Nach seinem Geografie-Studium mit der Vertiefung Wasserressourcenmanagement in Bonn absolvierte er als Landesbediensteter eine viermonatige Station in Karlsruhe, bevor er nach Tauberbischofsheim kam. „Gilt ja auch als Franken“, sagt der Mittelfranke. Hier arbeitet er beim Umweltschutzamt des Landratsamts.

Sport war schon immer sein Ding. Als Kind begann er zunächst mit Fußball. Später wechselte er zum Rudern und wurde Leistungssportler. Kilometer um Kilometer absolvierte er auf dem Main-Donau-Kanal, lernte viel über Trainingsaufbau, -intensität und -disziplin. „Technisch ist es mir beim Rudern leider nicht immer gelungen, meine Kraftausdauer ins Wasser zu bringen“, begründet er die Aufgabe dieser Sportart.

Premiere war im Bremerhaven

Coronazeit, Lockdown und Homeoffice haben Philipp Karpeles auf die Idee zum Laufen mit dem Ziel Marathon gebracht. Nach sechs Monaten intensiven Trainings und einem rein privaten Test-Marathon 2020, startete 2021 die Wettkampf-Premiere in Bremerhaven. In 2:52 Stunden kam er nicht nur ins Ziel, sondern gewann einen der ganz wenigen Läufe, die damals überhaupt stattfanden. 2022 folgten Würzburg und Frankfurt, Ende März 2023 verbesserte er seine Zeit durch einen Leistungssprung beim 42,195 Kilometer Rennen in Hannover auf 2:28. Den Würzburg-Marathon sollte er nur einen Monat später in 2:27:47 als Erster finishen.

Philipp Karpeles steigerte sich kontinuierlich, bis ihn eine Verletzung ein wenig zurückwarf. Deshalb startete er 2024 in der unterfränkischen Metropole „nur“ beim Halbmarathon, doch siegte er auch da. Im Herbst setzte er in Frankfurt aber wieder auf die komplette Marathon-Distanz und kam mit Bestzeit ins Ziel, die er in diesem Jahr wiederholt toppen sollte. Und so ganz nebenbei heimste er noch den Taubertal-Pokal ein, der ihm ein Jahr zuvor verwehrt war, weil er einen Lauf zu wenig vorzuweisen hatte. Ehrgeiz gehört zum Leistungssport, wie ihn Philipp Karpeles betreibt. Doch der Läufer stellt sein Licht gern ein wenig unter den Scheffel. „Bei jedem Start weiß ich nicht, ob es vielleicht der letzte ist“, lautet sein Understatement.

Spaß am Laufen steht im Vordergrund

Unter Druck setzen lassen will er sich nämlich nicht. Er möchte selbst entscheiden, was er wann wie macht. Er sucht sich seine Rennen aus und hat dabei weder Berlin noch New York im Kopf. Er macht sein Ding, möchte Spaß am Laufen haben und jedes Rennen genießen. Ihm ist es lieber, echte Chancen auf eine gute Platzierung oder sogar den Sieg zu haben, als sich weit hinter Profis aus aller Welt einzureihen. In Frankfurt hatte er sich zunächst einer Gruppe Afrikanerinnen angeschlossen, die sich eine Zeit um die 2:25 vorgenommen hatten. „Die sind aber viel zu schnell angegangen, so dass ich dann allein im Wind stand“, resümiert er. „Wenn das Wetter in Frankfurt gepasst hätte, wäre ich ein bis zwei Minuten schneller gewesen.“

Jetzt im Herbst, nach der Zeitumstellung, trainiert Philipp Karpeles weiter nach seinem streng strukturierten Plan. Nach der Arbeit geht es mit Kopflampe auf die geteerten Fahrradwege im Taubertal und Umgebung, am Sonntag steht immer die große Strecke auf dem Programm. Mehr als 100 Kilometer legt er wöchentlich zurück. Kraft- und Stabilisationsübungen baut er ebenso ein wie Höhenmeter und Intervalltrainings auf der Tartanbahn für die Grundschnelligkeit. Beim Wettkampf trägt er gut dämmende Carbonschuhe, „weil damit das Laufen noch mehr Spaß macht“.

Ein wenig schade findet er das Fehlen von Mitstreitern. „Es wäre schön, wenn hier das Laufen mehr Leute auf ähnlichem Niveau betreiben“, meint er. Doch eines weiß Philipp Karpeles und nennt die Einschränkung deshalb gleich mit: „Ich laufe Zeiten, bei denen sich andere strecken müssten.“

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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