Main-Tauber-Kreis. Auch im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn, zu dem die Landkreise Main-Tauber und Neckar-Odenwald gehören, sorgen Raser und Poser regelmäßig für erhebliche Probleme im Straßenverkehr. Vor allem innerorts kommt es in schöner Regelmäßigkeit zu gefährlichen Situationen und Verkehrsunfällen – nicht selten mit schweren Folgen. Andere Verkehrsteilnehmer fühlen sich dadurch massiv gefährdet oder verunsichert, zusätzlich leidet die Bevölkerung unter Lärm- und Immissionsbelastungen.
Nicht selten sind Fahrmanöver hochriskant
„Profilierungsfahrten – also die Zurschaustellung von Fahrzeugen durch wiederholtes Hin- und Herfahren innerorts, meist verbunden mit einer vermeintlich eindrucksvollen Lärmkulisse durch manipulierte Abgasanlagen oder starkes Beschleunigen – bis hin zu hochriskanten Fahrmanövern – sind ein bundesweites Phänomen. Dies betrifft Fahrzeuge auf vier ebenso wie auf zwei Rädern“, erklärt Frank Belz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn, gegenüber den Fränkischen Nachrichten. Ziel solcher Auftritte sei häufig die Erlangung von Aufmerksamkeit, entweder direkt vor Ort oder durch Inszenierungen in den sozialen Medien.
Während in Ballungsräumen und Großstädten das sogenannte „Autoposing“ immer wieder Schlagzeilen macht – bis hin zu illegalen Straßenrennen, die zumeist nachts stattfinden – breitet sich das Problem mittlerweile auch von Autobahnabschnitten und Gewerbegebieten in die Innenstädte aus. Traurige Bekanntheit erlangten Fälle wie die „Ku‘damm-Raser“ in Berlin oder der „Wollhausraser“ von Heilbronn, die mit tödlichen Unfällen endeten und zu Mordverurteilungen der Fahrer führten.
Doch auch in ländlichen Regionen ist das Phänomen präsent, wenn auch in geringerem Umfang. Dort zeigen sich ähnliche Erscheinungsformen: sogenannte „Spots“ und „Applauskurven“ üben eine starke Anziehungskraft auf Raser und Zuschauer aus. Abgelegene Industrie- und Gewerbegebiete werden zu Trainingsarealen für riskante Fahrmanöver, während Parkplätze an kurvenreichen Streckenabschnitten zu Treffpunkten für Schaulustige werden, die mit Handykameras oder sogar professioneller Fotoausrüstung das Geschehen dokumentieren. Zwischen den rennähnlichen Trainingsfahrten überprüfen Fahrer die Aufnahmen ihrer Actioncams – mit dem Ziel, die Videos anschließend im Internet zu veröffentlichen.
Auch die Tuningszene trägt ihren Teil bei, wenn auch weniger durch gefährliche Fahrweisen. Hier stehen Individualisierung, technische Veränderungen und die Zurschaustellung der Fahrzeuge im Vordergrund. Doch nicht selten sind Umbauten unzulässig, und Treffen oder gemeinsame Ausfahrten führen regelmäßig zu erheblicher Lärmbelästigung.
Dem Polizeipräsidium Heilbronn sind diese Entwicklungen bestens bekannt. Entsprechend konsequent wird die Problematik konzeptionell und ganzheitlich angegangen – in enger Zusammenarbeit mit der Verkehrspolizeiinspektion sowie den Verkehrsdiensten in Mosbach und Tauberbischofsheim. „Derzeit haben sich im Main-Tauber- und im Neckar-Odenwald-Kreis keine festen Szenen etabliert, wenngleich die Thematik punktuell vorhanden ist“, betont Belz. Anders als im Heilbronner Stadtgebiet stellen Raser und Poser hier keine außergewöhnliche Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. Die Lage werde – abgesehen von Einzelfällen – insgesamt als ruhig bewertet. Gleichwohl bleibe die Polizei wachsam und verfolge die Thematik nicht nur im Rahmen von Sonderkontrollen, sondern auch im täglichen Streifendienst und bei speziellen Veranstaltungen.
Wie nötig diese Maßnahmen sind, zeigte sich erst vor wenigen Tagen: Beamte der Polizeireviere Bad Mergentheim und Wertheim kontrollierten gemeinsam mit Einsatzkräften der Verkehrspolizei Tauberbischofsheim in und um Bad Mergentheim zahlreiche Fahrzeuge. Das Ergebnis: 33 Autos und 55 Personen wurden überprüft. Bei zehn Fahrzeugen war die Betriebserlaubnis erloschen. Ein Lenker erhielt eine Anzeige wegen unnötiger Lärmbelästigung, sechs weitere wegen Missachtung der Gurtpflicht – teilweise sogar, weil Kinder ungesichert im Fahrzeug saßen.
Ein Fahranfänger fiel auf, weil er bei erlaubten 100 km/h fast doppelt so schnell unterwegs war – er muss nun für längere Zeit auf seinen Führerschein verzichten. Ein anderer Verkehrsteilnehmer wurde gänzlich ohne Fahrerlaubnis erwischt und muss sich strafrechtlich verantworten. Zudem wurde ein Kleinkraftrad sichergestellt, das laut Zulassung nur 45 km/h hätte fahren dürfen, auf dem Rollenprüfstand jedoch eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h erreichte. Das Fahrzeug wird nun einem Gutachter vorgeführt.
Das Spektrum der Sanktionen ist recht breit
Doch was droht Verkehrsteilnehmern, die erwischt werden? „Eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich“, erklärt Belz. Das Spektrum der Folgen sei breit und reiche von Verwarnungen, Bußgeldern und Mängelberichtsverfahren über Meldungen an die Führerscheinstelle bis hin zu Fahrverboten, der Untersagung der Weiterfahrt oder der Sicherstellung des Fahrzeugs samt Sachverständigengutachten. Besonders hart werden illegale Kraftfahrzeugrennen sanktioniert: Sie ziehen zwingend eine Strafanzeige nach § 315d Strafgesetzbuch nach sich und sind mit führerscheinrechtlichen Maßnahmen verbunden – im Extremfall sogar mit der Beschlagnahme oder Einziehung des Fahrzeugs.
Abschließend macht Frank Belz unmissverständlich deutlich: „Der öffentliche Straßenverkehr ist kein Spielplatz für Raser und Poser. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs ist uns ein großes Anliegen. Entsprechend hoch priorisiert ist die Thematik beim Polizeipräsidium Heilbronn angesiedelt.“
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