FN-Serie „FitNess“

Sport und Beruf unter einen Hut bekommen? Stefanie Megerle zeigt, wie es geht

Die 28-jährige Stefanie Megerle aus Öhringen hat es als Polizeibeamtin und Kickboxerin in die Weltspitze geschafft. Wie sie Beruf und Sport vereint und was sie motiviert.

Von 
Klaus T. Mende
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Stefanie Megerle (rechts) voll in ihrem Element. Die 28-Jährige gehört zu den weltbesten Kickboxerinnen in ihrer Gewichtsklasse. © Archiv Megerle

Odenwald-Tauber/Heilbronn. Beruf und Sport unter einen Hut zu kriegen, ist gar nicht so einfach. Bei Stefanie Megerle indes funktioniert’s. Die 28-Jährige ist passionierte Polizeibeamtin – und gehört seit vielen Jahren weltweit zu den besten Kickboxern in ihrer Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm. 2025 will sie ihre aktive Laufbahn beenden: „Ich habe alles erreicht, was möglich ist. Aufhören sollte man, wenn es am schönsten ist.“ Und schmunzelnd ergänzt sie: „Ich bin ja schon ein paar Jährchen älter als meine Mitstreiterinnen – aber zum ,alten Eisen’ gehöre ich noch lange nicht.“

Seit mehr als zwei Jahrzehnten betreibe sie Kickboxen aktiv und seit zehn Jahren stehe sie für den Verband Wako – vom DOSB und vom IOC als nicht-olympische Sportart offiziell anerkannt – auf der Matte, erzählt die Öhringerin. Und mittlerweile stünden auch viele Erfolge zu Buche – mehrfache Deutsche Meisterin, Gewinnerin zahlreicher World- und European-Cups, WM-Silber 2021 und -Bronze 2023.

Auf den ersten Blick ungewöhnlich

Frau und Kickboxen – auf den ersten Blick eher ungewöhnlich. Wie kam’s denn dazu? „Das ist ganz witzig. Ich war sechs oder sieben. Meine Lehrerin meinte, ich sei zu aufgedreht und sollte mit einem Sport anfangen, um die überschüssige Energie loszuwerden. Und deshalb wollte ich Fußball spielen. Von dieser Idee war meine Mutter aber nicht so begeistert“, blickt Stefanie Megerle zurück. Wohl aus Trotz habe sie dann verkündet, Kampfsport machen zu wollen, weil sie dachte, auch hierzu laute die Antwort „Nein“. Doch weit gefehlt: „Meine Mutter war davon total überzeugt, vor allem wegen der Werte, die dadurch vermittelt werden. Also bin ich ins Probetraining. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mich dazu entschloss, weiterzumachen.“ Inzwischen gebe es in ihrem Club, im Sarantoudis Sport Martial Art Center in Niedernhall, sogar einen Mädchen-Überschuss.

© Megerle

Die 28 Jahre alte Kriminaloberkommissarin, übrigens stellvertretende Leiterin der Ermittlungsgruppe „Hydra“ beim Heilbronner Präsidium, liebt ihren Sport, den sie als Amateurin betreibt. Stefanie Megerle ist im Point-Fighting aktiv, das in jeweils zwei Durchgängen über die Bühne gehe und bei dem schlussendlich die Matte als Sieger verlasse, der mehr Punkte nach Treffern errungen habe. „Ein kleiner Fehler kann den ganzen Kampf entscheiden, denn es kommt vor allem auf Taktik, Schnelligkeit und Timing an. Die Schläge sind dennoch hart, da sie mit voller Geschwindigkeit ausgeführt werden.“ Vor allem in der Spannung liege für sie der große Reiz, wobei die mentale Stärke eine große Rolle spiele.

„Blaue Flecken gehören freilich dazu, sie sind Standardrepertoire“, lacht die sportliche Beamtin. „Bis auf einen Bänderriss hatte ich aber noch keine schwerwiegenden Verletzungen. Ich vergleiche das gerne mit Fußball – das viel gefährlicher für den Körper ist als irgendein Kampfsport.“

Hohes Trainingspensum

Was das Trainingspensum angeht, spiele es eine Rolle, in welcher Vorbereitungsphase der Saison sie sich befinde, sagt die ambitionierte Kickboxerin, deren letzten große Ziele die EM dieses Jahr und 2025 die World-Games sowie die WM sind. Vor World-Cups trainiere sie fünf bis sechs Mal pro Woche – drei bis vier Kickbox-Einheiten, hinzu gesellten sich klassisches Ausdauertraining wie Laufen, Radfahren, Schwimmen. Wichtig seien aber ebenso Krafttraining zum Muskelaufbau und zur Steigerung der Maximalkraft. „Wenn ich mich auf WM und EM vorbereite, absolviere ich über einen Zeitraum von zehn bis zwölf Wochen zwei Einheiten pro Tag – periodisiert in drei Blöcken: Zunächst werden die Basics gelegt, danach folgt der Bereich Kraft/Ausdauer, ehe zum Schluss die Schnell- und Explosivkraft, gepaart mit Technik- und Taktikeinheiten, im Fokus stehen.“ Da könne es auch schon mal vorkommen, dass sie um 4 Uhr aufstehe, um Sport und Job unter einen Hut zu bekommen“. Am Abend gehe es dann wieder ins Training – „bevor ich wie tot ins Bett falle“, schmunzelt die aufgrund ihres Sports höchst gelenkige Kriminaloberkommissarin.

Bedeutende Komponente

Trainingsfleiß sei, so Megerle im Gespräch mit den FN, eine bedeutende Komponente, um über solch einen langen Zeitraum in der absoluten Weltspitze mitzumischen – doch dies allein genüge nicht. „Kondition, Erfahrung und Antizipationsfähigkeit sind mindestens ebenso wichtig. Was aber auch nicht unterschätzt werden darf, ist die mentale Stärke, um die Nervosität so weit zu unterdrücken, dass man trotzdem klar im Kopf bleibt und nichts überstürzt.“ Manche kämen über Kraft und Schnelligkeit zum Erfolg, „meine Stärke ist mein gutes Auge, denn ich erkenne kleine Fehler im Bewegungsablauf – und nutze sie aus.“

Stefanie Megerle bestreitet das Kickboxen professionell – doch rund um den Erdball ist sie als Amateur unterwegs. Sie profitiere – im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten – nicht von der Spitzensportförderung und werde für Wettkämpfe auch nicht freigestellt, erzählt sie, die jedoch die gute Unterstützung vonseiten des Heilbronner Polizeipräsidiums hervorhebt. „Ich bekomme für WM und EM einen Tag Sonderurlaub, und wenn ich es dort aufs Podium schaffe, einen weiteren. Ansonsten nehme ich für alles Urlaub.“ Und ihre Kollgen hielten ihr auch den Rücken frei, so gut es gehe. „Bisher hat es immer ausgezeichnet geklappt.“

Mehr als zwei Jahrzehnte auf allerhöchstem Niveau, das bedeute auch, auf einiges zu verzichten, gibt die aufstrebende Polizeibeamtin zu. Und fügt an: „Ich würde lügen, wenn ich sage, ich gehe immer gern zum Training. Es gibt auch mal Tage, da habe ich wenig Lust und würde mich lieber auf die Couch legen. Dann braucht es eine Portion Disziplin, denn schließlich verfolge ich ein langfristiges Ziel, das ich erreichen will. Es ist wichtig, immer fokussiert zu bleiben.“

„Mutter der Kompanie“

Auch mit 28, gewissermaßen als „Mutter der Kompanie“ in ihrer Gewichtsklasse, arbeitet Megerle an Schwächen. „Mir fällt bei jedem Turnier irgendwas auf, womit ich nicht zufrieden bin. Denn ich bin ein superkritischer und perfektionistischer Mensch.“ Dies sei umso wichtiger, weil sie sich gegenwärtig auf einem Karrierehoch befinde, dieses Jahr jedes Turnier gewonnen habe und es so gut laufe wie noch nie. „Wenn ich auf diesem Niveau kämpfen will, muss man jeder Kleinigkeit arbeiten und versuchen, negative Dinge zu verbessern.“

„Wenn ich auf Turniere gehe, ist es mein Ziel, zu gewinnen. Ich gehöre mittlerweile zu den Besten in der Welt. Mein Bestreben ist stets, die Beste zu sein. Das ist der Anspruch, den ich an mich selbst habe. Es ist wichtig, ehrlich zu sich zu sein“, gibt sich die Öhringerin selbstbewusst. Verbissenheit und Druck seien für sie der verkehrte Weg und Niederlagen auf der Matte sie eine Art Ansporn, um weiter an sich zu arbeiten – bis Ende 2025. „Denn dann hänge ich die Ausrüstung an den Nagel, werde aber weiter trainieren. Ab dann steht allerdings der Spaß am Sport im Vordergrund.“

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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