Mit einem Festakt und einer Fortbildung zum Thema „Kreative Lösungen von psychischen Konflikten und Krisen“ hat die Allgemeinpsychiatrische Tagesklinik des Krankenhauses Tauberbischofsheim ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert.
Tauberbischofsheim. „Die Eröffnung am 2. Juli 2012 war der Beginn einer Erfolgsgeschichte“, berichtete der Chefarzt der Abteilung Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Krankenhauses Tauberbischofsheim und Ärztlicher Direktor Dr. Mathias Jähnel bei der festlichen Veranstaltung im Rathaussaal in Tauberbischofsheim.
„Kurz darauf, im Jahr 2015, konnten wir bereits eine Außenstelle der Tagesklinik mit psychiatrischer Institutsambulanz (PIA) am Caritas-Krankenhaus eröffnen und im Jahr 2016 kam mit der psychosomatischen Tagesklinik am Standort in Tauberbischofsheim ein weiteres teilstationäres Therapieangebot hinzu“, erläuterte Jähnel. Mit diesen Erweiterungen sei eine gestufte Behandlung mit stationären, teilstationären und ambulanten Therapiemöglichkeiten für die Gesamtbevölkerung des Main-Tauber-Kreises etabliert worden.
Die enorm wichtige Arbeit, die das gesamte Team der Ärzte und Ärztinnen, Therapeuten und Therapeutinnen sowie der Pflegenden leiste, zahle sich ebenso aus wie die gute Arbeit und gezielte Fortbildung von Hausärzten. Sie seien meist erster Ansprechpartner bei persönlichen Problemen oder Depressionen.
Der Regionalleiter der BBT-Gruppe Thomas Wigant dankte Dr. Mathias Jähnel und seinen Mitarbeitenden für den kontinuierlichen Einsatz. Das Erfolgsrezept der gesamten Abteilung sei Kreativität, ein ausgezeichnetes Netzwerk sowie die hervorragende Verzahnung zwischen den Berufsgruppen, zwischen stationär und ambulant tätigen Mitarbeitenden, so Wigant weiter.
Geschichte des Erfolgs
Die Geschichte dieses Erfolges habe im Oktober 1979 mit der Gründung der Abteilung für Psychiatrie am damaligen Kreiskrankenhaus Tauberbischofsheim mit 80 Betten als Auslagerung des Landeskrankenhauses in Weinsberg begonnen, blickte Jähnel in die Geschichte. Dem hohen Bedarf entsprechend und mit einem ausgezeichneten und zukunftsweisenden Gespür für die medizinischen Bedürfnisse sei das Angebot stetig weiter ausgebaut worden. Heute hat die Klinik 105 Betten und 44 Tagesklinik-Plätze für Erwachsene an den zwei Standorten. Darüber hinaus gibt es zehn durch die Johannes-Diakonie Mosbach betriebene Tagesklinikplätze für Kinder und Jugendliche in den Räumlichkeiten des Krankenhauses Tauberbischofsheim sowie sechs Plätze für psychosomatische Medizin.
Auch Elisabeth Krug, Dezernentin für Jugend, Soziales und Gesundheit des Main-Tauber-Kreises betonte im Namen des Landkreises in ihren Jubiläumswünschen, dass die Eröffnung der Allgemeinpsychiatrischen Tagesklinik vor zehn Jahren ein zukunftsweisendes Ereignis gewesen sei. „Neben den kirchlichen und den freigemeinnützigen Trägern ist die Landkreisverwaltung selbst ebenfalls ein Akteur im Gemeindepsychiatrischen Verbund zusammen mit dem Krankenhaus Tauberbischofsheim.“ Die Zusammenarbeit mit der Psychiatrie, den Tageskliniken und den PIAs erfolge jederzeit sehr gut und vertrauensvoll. Der Main-Tauber-Kreis sei sehr dankbar für die wohnortnahe Versorgung, die nicht mehr wegzudenken sei.
Außerordentlich wichtig sei neben der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen außerdem das Zusammenspiel innerhalb der beiden BBT-Partnerkrankenhäuser in Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim: „Wir arbeiten an einer zunehmenden Vernetzung mit der Somatik beispielsweise durch die für die Patienten enorm wichtige und hilfreiche Mitbetreuung der Geriatrie, der konservativen Orthopädie oder der Psychoonkologie“, erläuterte Dr. Jähnel. Diese hob auch der Ärztliche Direktor des Caritas-Krankenhauses Dr. Ulrich Schlembach hervor: „Der Erfolg liegt in der vertrauensvollen Zusammenarbeit, im hohen Engagement und dem persönlichen Einsatz der Beteiligten.“ Der Bedarf der professionellen Betreuung, insbesondere unter psychischen Belastungen, sei nach Erkenntnissen von Beginn des Jahres 2022 riesig: Jährlich seien knapp 18 Millionen Menschen in Deutschland von psychischen Erkrankungen betroffen, 3,6 Million davon suchten sich professionelle Hilfe.
„Viele Patienten kommen oft nicht nur mit körperlichem Leiden, sondern bringen auch ein seelisches Leiden mit. Da ist es ein ausgesprochen gutes Gefühl zu wissen, dass wir in den Kolleginnen und Kollegen aus Tauberbischofsheim kompetente Partner haben, auf deren psychiatrisch-psychosomatische Expertise wir zurückgreifen können“, so Schlembach im Namen aller Ärztinnen und Ärzte des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim.
Die hervorragende Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten betonte der Vorsitzende der Kreisärzteschaft Sebastian Gerstenkorn. Neben Lob gab es von allen Rednern aber auch Kritik an den Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen. Moniert wurden die Überregulierung, die Reglementierung, die Bürokratisierung und ein hoher Personalausfall durch die Coronapandemie. All das erschwere die tägliche Arbeit und Versorgung der Patienten zunehmend.
Kreative Lösungen
Im Rahmen der fachlichen Weiterbildung referierte Prof. Dr. Rainer Holm-Hadulla, Direktor des Heidelberger Instituts für Coaching und Professor für Psychotherapeutische Medizin an der Universität Heidelberg, zum Thema „Kreative Lösungen von psychischen Konflikten und Krisen“. Er führte aus, wie traumatische Erlebnisse aber auch ein Mangel an existenziellen Begegnungen, an Kohärenz, Anerkennung, Kommunikation und Verstandenwerden zu psychischen Erkrankungen führen kann.
Außerdem erklärte er, wie erlittene Traumata, negative Gefühle und schlechte Erfahrungen, aber auch Stress durch Kreativität transformiert werden können. „Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sehe ich einen deutlichen Zusammenhang von psychischen Störungen durch fehlende Rituale. Verbindliche, kohärente Rituale geben Denkräume, in denen wir fantasieren können, um lebendig zu bleiben.“
Rituale wie der sonntägliche Kirchgang, ein gemeinsames Essen mit tiefgründigen Gesprächen, der Theaterbesuch oder die Wissenschaft seien Möglichkeiten aus der horizontalen Welt und der alltäglichen Beschäftigung herauszugehen und anders zu denken, erläuterte Professor Holm-Hadulla mit kritischem Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen.
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