Tag der Pflegenden - Auch Pflegende aus dem Main-Tauber-Kreis beteiligten sich am Krankenhaus in Tauberbischofsheim an der bundesweiten Aktion

Pflegende in Tauberbischofsheim zeigen Gesundheitspolitik die „Rote Karte“

So geht es nicht weiter: Das machten rund 25 Mitarbeiter mit einer Aktion am Mittwoch vor dem Krankenhaus in Tauberbischofsheim deutlich. Sie zeigten der Gesundheitspolitik die „Rote Karte“.

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Rund 25 Beschäftigte in pflegenden Berufen zeigten am Mittwoch vor dem Haupteingang des Tauberbischofsheimer Krankenhauses der Gesundheitspolitik die „Rote Karte“. © Julian Geiger

Tauberbischofsheim/Main-Tauber-Kreis. „Unsere Bedürfnisse und Probleme werden zum großen Teil missachtet und uns wird weiterhin keine ausreichende Besserung in den nächsten Jahren in Aussicht gestellt“, war am Mittwoch der einhellige Tenor von rund 25 Beschäftigten der KHMT und umliegender Pflegeheime. „Das werden wir uns keine weitere Sekunde widerstandslos gefallen lassen.“

Druck auf Regierung erhöhen

Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen und um auch in der Öffentlichkeit ein Zeichen gegen die aktuelle Gesundheitspolitik zu setzen, zeigten sie am Tag der Pflege vor dem Haupteingang des Krankenhauses in Tauberbischofsheim der Gesundheitspolitik die Rote Karte.

Vor der Bundestagswahl erhöhen Beschäftigte aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen den Druck. Bedarfsgerechte Personalausstattung und eine flächendeckend angemessene Bezahlung: Das sind die Forderungen, denen durch den bundesweiten Aktionstag zum Internationalen Tag der Pflegenden Nachdruck verliehen werden soll. »Es müssen dringend die richtigen Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen in der Pandemie für das Gesundheitswesen gezogen werden. Die bisherigen Beschlüsse sind völlig unzureichend, von Entlastung ist im Betrieb nichts zu spüren – im Gegenteil«, sagte Petra Mann, Gesundheits- und Krankenpflegerin und Betriebsrätin.

Arbeiten am Limit

„Die Beschäftigten in den Krankenhäusern sind erschöpft. Sie arbeiten seit Monaten am Anschlag, um die Menschen in der Pandemie bestmöglich zu versorgen. Auch in der Altenpflege ist die Lage angesichts der Personalnot weiterhin extrem angespannt.«, berichtete Arne Gailing ver.di Gewerkschaftssekretär und Gesundheits- und Krankenpfleger. „Die beruflich Pflegenden brauchen jetzt das Signal, dass sich die Bedingungen schnellstmöglich und dauerhaft verbessern. Doch der Bundesgesundheitsminister spielt weiter auf Zeit.“

So habe Jens Spahn (CDU) zuletzt zwar etliche Gesetzesinitiativen vorgelegt, an den entscheidenden Stellen blieben diese jedoch weit hinter dem Notwendigen zurück. Weder in der Kranken- noch in der Altenpflege würden bedarfsgerechte und bundesweit einheitliche Personalvorgaben schnell auf den Weg gebracht.

Die beruflich Pflegenden brauchen jetzt das Signal, dass sich die Bedingungen schnellstmöglich und dauerhaft verbessern.
Gewerkschaftssekretär Arne Gailing

Koalitionsvertrag verpasst Chance

In Baden-Württemberg hätten Grüne und CDU gerade die große Gelegenheit verpasst, im Koalitionsvertrag endlich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Krankenhäusern, den Psychiatrien und der Altenpflege anzukündigen, so Gailing weiter. Seit Jahren sei bekannt, dass es hier dringenden Handlungsbedarf gebe. Konkrete Vorhaben fänden sich fast nur in Bezug auf die Gewinnung von neuen Fachkräften. Dass es allerdings in erster Linie darum gehen müsse, mit guten Arbeitsbedingungen und angemessener Bezahlung insbesondere Pflegekräfte im Beruf zu halten oder wieder zurückzugewinnen, scheint noch immer nicht angekommen zu sein.

Für die Pflege sehe der Koalitionsvertrag vor allem die Errichtung einer Pflegekammer vor. Die Pflege im Land brauche echte Entlastung, dringend und sofort, sowie eine spürbare Aufwertung. „Wir wollen zukünftig nicht als Kammermitglieder mit Pflichtmitgliedsbeiträgen dafür bezahlen müssen, in Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens Gehör zu finden. Dadurch ändert sich keine einzige Rahmenbedingung, unter der wir arbeiten müssen. Hört uns jetzt und sofort an, sonst gibt es uns bald nicht mehr,“ sagte Julian Geiger Gesundheits- und Krankenpfleger und Jugend- und Auszubildenden Vertreter.

„Damit der von Spahn vorgelegte Entwurf zur tariflichen Bezahlung in der Altenpflege nicht nur gut klingt, sondern tatsächlich das Problem löst, muss erheblich nachgebessert werden“, sagte Arne Gailing Gewerkschaft ver.di. Der Minister erwecke zwar den Eindruck, er wolle eine tarifliche Bezahlung in der Altenpflege sichern.

Flächentarifvertrag gefordert

Das sei aber nicht der Fall. Denn nicht die Einhaltung relevanter Branchentarifverträge wie des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) werde zur Bedingung für den Abschluss von Versorgungsverträgen gemacht.

„Tariflich nicht gebundene Arbeitgeber sollen sich vielmehr den für sie günstigsten Haustarifvertrag in ihrer Region aussuchen können, nach dem sie ihre Beschäftigten bezahlen«, so Gailing. »Die Niedriglöhne würden so zementiert statt überwunden.“ Nötig sei stattdessen die uneingeschränkte Anerkennung von in der Branche relevanten Flächentarifverträgen, wie des TVöD, der in kommunalen Altenpflegeeinrichtungen gilt. Damit höhere Löhne nicht auf Kosten der Bewohnerinnen und Bewohner gehen, plädiert ver.di für die sofortige Deckelung der Eigenanteile und perspektivisch die Übernahme aller pflegebedingten Kosten durch die Pflegeversicherung.

Keine Lösungen in Sicht

Auch in Bezug auf die Überlastung des Pflegepersonals in Krankenhäusern sei keine Lösung in Sicht. »Mit der PPR 2.0 liegt seit Januar 2020 ein Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege auf dem Tisch«, erläuterte Arne Gailing (ver.di) und beklagt: »Doch statt es nach 16 Monaten endlich in Kraft zu setzen, möchte Spahn die Beschäftigten weiter vertrösten, mindestens bis 2025. Das geht überhaupt nicht.

„Bundesregierung, Landesregierung und Arbeitgeber stehen in der Verantwortung, die Flucht aus den Pflegeberufen jetzt durch bessere Arbeitsbedingungen zu stoppen“, so Gailing weiter. „Die Beschäftigten zeigen der Gesundheitspolitik, die viel versprochen, aber keine Entlastung gebracht hat, zum Tag der Pflegenden die Rote Karte.“

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