Main-Tauber-Kreis. Etwas vergessen, Lust auf Grillen, weil der Sommerabend schöner ist als angesagt, oder Nachschub für unangemeldete Gäste holen? Wer einen Smart Store in der Nähe hat, der rund um die Uhr geöffnet hat, weiß dieses Angebot zu schätzen. In Baden-Württemberg haben sich kassenlose Mini-Supermärkte als ergänzendes Angebot zum klassischen Handel mittlerweile etabliert. Gemeint sind 24/7- oder verlängert geöffnete Läden mit App-Zugang, Self-Checkout oder sensorgestützter Erfassung. Eingekauft werden kann dort wie im normalen Supermarkt.
Rund 180 Smart Shops zählt die Duale Hochschule Heilbronn im Südweststaat, um die 600 in Deutschland. Unter der Ägide von Prof. Dr. Stephan Rüschen hat die Hochschule eine Datenbank aufgebaut, die den Zuwachs der 24/7-Läden, also solchen Geschäften, die rund um die Uhr geöffnet sind, erstellt. Sie wird stetig aktualisiert.
Rechtssicherheit soll geschaffen werden
Nun aber gibt es eine Gesetzesvorlage, um die Öffnungszeiten zumindest an Sonn- und Feiertagen auf acht Stunden zu begrenzen und die Hauptgottesdienstzeiten zu berücksichtigen. Denn die 24/7-Läden befinden sich durchaus in einer Grauzone. Laut Ladenöffnungsgesetz von Baden-Württemberg müssen Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen nämlich geschlossen bleiben. Eine Ausnahmeregelung gibt es für Verkaufsautomaten auf Bauernhöfen, in denen selbst erzeugte landwirtschaftliche Produkte angeboten werden. „Smart Stores, die den Self-Checkout als Technologie verwenden, befinden sich in Deutschland bereits im Rollout. Insbesondere die Konzepte Tante-M, Teo, Tante Enso, Dorfladenbox und Nahkauf Box sind bereits sehr präsent“, heißt es auf der Homepage der DHBW. Im Main-Tauber-Kreis gibt es einen „Tante-M“- Laden in Reicholzheim.
Melissa Mayer betreibt ihn als Einzelunternehmerin seit April 2024. Sie sieht die Gesetzesvorlage kritisch. „Mir drohen ordentliche Umsatzeinbußen“, stellt sie gegenüber dieser Zeitung fest. „Sonntags läuft das Hauptgeschäft.“ Sie erzielt an diesen Tagen den doppelten Umsatz im Vergleich zu Werktagen. Melissa Mayer beschäftigt zwar drei Mitarbeiter, die Waren in die Regale des Ladens räumen. Doch diese seien hauptsächlich für die Postagentur tätig, die sie montags bis samstags an jeweils drei Stunden pro Tag geöffnet hat. Wenn die Gesetzesänderung beschlossen würde, wäre ihr Laden in seiner Existenz gefährdet. „Ich werde mich dagegen wehren“, kündigt sie an.
Ich bin erst einmal tiefenentspannt.“
Stefanie Schröter, die „24/7“-Läden in Tauberbischofsheim, Grünsfeld, Großrinderfeld, Unterbalbach, Bad Mergentheim, Marlach und demnächst auch in Gerchsheim betreibt, meint zur Gesetzesvorlage: „Das ist mal wieder typisch Deutsch. Da gibt es andere Themen, um die sich die Politik kümmern sollte.“ Schließlich störten die Läden niemanden, sie machten keinen Partylärm, sondern bereicherten das Angebot auf dem Land. Wenn man da etwas hätte regeln wollen, hätte man das früher in Angriff nehmen müssen und nicht erst dann, wenn der Markt mit solchen Angeboten ausgelastet ist. „Ich glaube nicht, dass das kommt. Ich bin erst einmal tiefenentspannt“, sagt sie.
Beim Thema Smart-Stores hat für die Industrie- und Handelskammern Baden-Württembergs die Region Bodensee-Oberschwaben die Federführung. „Die IHKs Baden-Württemberg begrüßen grundsätzlich die Gesetzesinitiative zur Neuregelung des Ladenöffnungsgesetzes für vollautomatisierte Verkaufsstellen, sogenannte digitale Kleinstsupermärkte oder Smart Stores. Die vorgeschlagene Regelung schafft Rechtssicherheit für Betreiber solcher Formate, die insbesondere für die Nah- und Grundversorgung vor allem in ländlichen Regionen auf eine Öffnung an Sonn- und Feiertagen angewiesen sind“, so Bernhard Nattermann, Handelsreferent der IHK Bodensee-Oberschwaben.
Gleichzeitig sieht man allerdings Verbesserungsbedarf. So schränke die geplante Beschränkung auf acht Öffnungsstunden sowie die Berücksichtigung der Gottesdienstzeiten den wirtschaftlich sinnvollen Betrieb der neuen, personallosen Nahversorgungsformate erheblich ein. Besonders die Vormittagsstunden an Sonn- und Feiertagen zählten zu den nachfragestärksten Zeiten, in denen Kunden diese Angebote nutzten. „Vor diesem Hintergrund schlagen die IHKs vor, die Öffnungszeiten auszuweiten und auf die Einschränkung durch Gottesdienstzeiten zu verzichten“, so Nattermann.
Einheitliche Regelung im Bund gewünscht
Darüber hinaus weist die IHK darauf hin, dass der derzeitige Flickenteppich an Regelungen in den Bundesländern die Expansion bewährter und wünschenswerter Formate behindere. Bernhard Nattermann: „Wir sprechen uns deshalb dafür aus, dass die Landesregierung auf Bundesebene auf einheitlichere Regelungen hinwirkt. Ziel muss es sein, den digitalen Nahversorgungsmarkt flächendeckend zu stärken und gleichzeitig Rechtssicherheit für die Betreiber zu gewährleisten.“
Insgesamt werten die IHKs die Initiative als Schritt in die richtige Richtung, da sie den gesellschaftlichen Wandel im Einkaufs- und Freizeitverhalten berücksichtige und Rechtssicherheit für digitale Kleinstsupermärkte schaffe. Das Fazit lautet: „Mit den vorgeschlagenen Anpassungen – insbesondere einer Ausweitung der Öffnungszeiten und dem Verzicht auf die Berücksichtigung der Gottesdienstzeiten – kann die Regelung praktikabel gestaltet werden, ohne die Ziele des Sonn- und Feiertagsschutzes grundsätzlich infrage zu stellen.“
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in Stuttgart hat den Entwurf zur Gesetzänderung auf den Weg gebracht, teilte es auf Anfrage dieser Zeitung mit. Mit der Änderung soll Rechtssicherheit für alle Beteiligten geschaffen werden. Das Gesetz über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sei seit seinem Inkrafttreten einem gesellschaftlichen Wandel hin zu einem immer mehr auf individuelle Bedürfnisse bezogenen Freizeitverhalten ausgesetzt, so das Ministerium. Daher bedürfe es einer Anpassung an die derzeitigen Lebenssituationen und -standards sowohl für die Städte als auch den ländlichen Raum.
Nach der Anhörung der Verbände ist der nächste Schritt die Einbringung des Regierungsentwurfs in den Landtag. „Wann das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein wird, ist nicht absehbar“, heißt es aus Stuttgart.
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