Sängerin im FN-Interview

Lilly Among Clouds: Wir werden diesen Abend feiern

Lilly Among Clouds wurde beim ESC-Vorentscheid 2019 einem großen Publikum bekannt. Die ganze Bandbreite ihrer Musik will die Sängerin, Komponistin und Texterin an diesem Donnerstag in Tauberbischofsheim zeigen.

Von 
Sabine Holroyd
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Elisabeth Brüchner alias Lilly Among Couds gastiert an diesem Donnerstag in Tauberbischofsheim. © Sonja Stadelmaier

Tauberbischofsheim. Die Atmosphäre des Klostergartens ist wie geschaffen für Lilly Among Clouds, die in der Nähe von Würzburg lebt und in Straubing aufgewachsen ist. Im FN-Interview berichtet sie, wie sie die Lockdowns überstanden hat, was sie heute über ihren Auftritt beim ESC-Vorentscheid denkt und gesteht: „Ich mag einfach Stress“.

Lilly, wie haben Sie denn die Corona-Zeit mit den Lockdowns überstanden, so ganz ohne Publikum und Bühne?

Lilly Brüchner: Es geht so. Aber sie ist ja leider noch gar nicht ganz vorbei. Ich hatte ziemlich Glück, dass ich die Tour Ende Februar 2020 fertig spielen konnte. So gerne würde ich sagen, dass ich die Zeit gut nutzen konnte, viel auf meinen Instrumenten geübt und Songs geschrieben habe. Gefühlt waren meine Musikerkollegen auch so aufgeteilt: Die einen haben sich in kreative Prozesse geworfen und richtig was auf die Beine gestellt, während die anderen total den Boden unter den Füßen verloren haben.

Ich gehörte eher zu Letzteren und wusste gar nicht, wohin mit mir. Ich mag einfach Stress. Ich brauche Deadlines und Zeiträume, um richtig im Arbeitsflow zu sein, und habe das Gewusel, das Publikum und die Livestimmung, meine Mitmusiker – einfach das ganze Drumherum – total vermisst. Aber selbst Kollegen produktiver Art haben nach einem ganzen Jahr Corona-Auszeit 2021 etwas den Drive verloren. Für den Herbst sind alle jetzt einfach doch skeptisch und vorsichtig geworden. Man weiß jetzt so gar nicht mehr, was man erwarten kann oder soll.

Aber der eine oder andere Song ist doch bestimmt in dieser Zeit entstanden.

Brüchner: Ja und nein. Ich hatte viele Ideen, aber gleichzeitig viel verworfen – es war einfach zu unsicher, wann man die Ideen wirklich umsetzen kann.

Jetzt bin ich entspannter, hab ins Equipment investiert und genieße das Musikbasteln zuhause. Aber vermutlich auch nur, weil ich im Juli Bandkonzerte hatte und jetzt mit der Cellistin Clara Jochum ein paar Termine im August spielen kann.

Entdecken Sie die Freude an der Live-Musik noch mal ganz neu nach dieser langen Zeit?

Brüchner: Neu entdecken musste ich es gar nicht. Ich habe ein total tolles Publikum und wusste, wir werden alle zusammen den Abend feiern wie einen lange vermissten und guten Freund. Genauso war es auch. Es war solch ein Fest. Ich wusste vorher nie, wofür ich auf die Bühne sollte – aber wenn wir dann alle eine super Zeit mit Musik und Emotionen haben, einen Abend aus dem Alltag ’raus, dann bewegt es mich total und es freut mich, dass ich meinen Teil zum Alltag der Leute beitragen kann.

An diesem Donnerstag treten Sie im Tauberbischofsheimer Klostergarten auf. Haben Sie ganz zufällig auch einen Hang zu Klöstern? Könnten Sie sich vorstellen, mal auf Zeit in einem zu leben?

Brüchner: Nein, das nicht. Aber ich beobachte, dass Museen, Klöster und ähnliche Kulturstätten sich immer mehr Mühe geben, ihr Programm vielfältig zu gestalten und neben Klassik- oder Jazzmusikern auch mal jemanden wie mich einladen. Das feier’ ich total, denn es ist mutig. Oft braucht es dann erstmal ein bis zwei Jahre, bis das Publikum sich darauf einlässt oder neugierig vorbeikommt – das will ich unbedingt unterstützen. Ganz allgemein finde ich, dass in Deutschland bei Festivals und Veranstaltungen oft zu genremäßig gedacht wird. Im Ausland habe ich schon einige total gemixte, super gelungene Festivals erlebt, die ich in Deutschland in dieser Form vermisse.

Worauf dürfen sich Ihre Fans bei Ihrem Konzert in Tauberbischofsheim freuen?

Brüchner: In meiner Musik findet man Balladen, Pop und elektronische Klänge – die Konzerte im Akustik-Duo sind natürlich dann eher in der ruhigeren Ecke zu finden, haben aber auch ihren ganz eigenen Reiz.

Mit Clara Jochum habe ich eine fantastische Cellistin dabei, die mich mit spannenden Arrangements, einer Loopstation und Sounds ergänzt. So können wir die Songs intim und direkt, aber auch spannend- spielerisch gestalten.

Dabei sind Orte wie der Klostergarten sehr romantisch – an einem warmen Sommerabend mit Freunden oder der Familie ein wunderschönes Setup.

Durch den Auftritt mit Ihrem Song „Surprise“ beim ESC-Vorentscheid 2019 sind Sie weit über die Grenzen Deutschlands bekannt geworden. Wie schauen Sie heute darauf zurück? Ist das eine Erfahrung, die Sie nicht missen möchtest oder sagen Sie, dass es reicht, einmal im Fernsehen gewesen zu sein?

Brüchner: Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, beim Fernsehen reinzuschauen. Ich war erstaunt, wie wenig mir die Kameras und das Drumherum ausmachen, also eigentlich gar nicht stören oder irritieren.

Ich fand es toll, Teil eines Teams zu sein und den Luxus zu haben, „nur“ singen zu müssen. Auf den „normalen“ Kulturbühnen hat man mit den ganzen Vorbereitungen, der Anreise und dem Soundcheck gefühlt einfach viel mehr zu tun und muss an vielen Ecken gleichzeitig arbeiten.

Bei der Show selbst kam mir schon mal der Gedanke, dass ich mir das öfter vorstellen könnte. Allerdings müsste man dafür dann genau so viel Zeit investieren wie ich bei meinem Musikprojekt brauche. Dafür sind mir die Liveauftritte und die Abende mit dem Publikum einfach viel zu wichtig und ans Herz gewachsen.

Die Liebe zur Musik und die Emotionen eines Abends kann man einfach nicht genauso im Fernsehen spüren. Das Fernsehen hat eine andere Faszination, die ich aber momentan nicht gegen die „Live-Liebe“ tauschen möchte.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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