Corona-Pandemie - Hohes Infektionsgeschehen erschwert Kontakt-Ermittlung / FN sprachen mit Verantwortlichen / „Geschehen beherrschbar“

Im Main-Tauber-Kreis bisher über 6900 Mal Quarantäne angeordnet

Das Coronavirus ist allgegenwärtig. Seit Wochen ist das Infektionsgeschehen im Main-Tauber-Kreis hoch. Die Lage ist angespannt, aber, so betonen die Verantwortlichen, weiterhin unter Kontrolle.

Von 
Fabian Greulich
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Tauberbischofsheim. Das Coronavirus ist allgegenwärtig. Seit Wochen ist das Infektionsgeschehen im Main-Tauber-Kreis hoch. Die Lage ist angespannt, aber, so betonen die Verantwortlichen, weiterhin unter Kontrolle.

„Wir verzeichnen seit Wochen einen deutlichen Anstieg des Infektionsgeschehens im Landkreis. Es bewegt sich auf einem noch nicht dagewesenen Niveau und ist vor allem diffus, mit vielen kleinen Infektionsquellen anstatt größerer, klar abgegrenzter Cluster“, betont Landrat Reinhard Frank auf Nachfrage der FN. Dennoch bleibe das Geschehen aktuell beherrschbar.

Frank: „Wichtige Beiträge hierzu werden geleistet durch die höchst engagierte Arbeit der Mitarbeiter unseres Gesundheitsamts, des Arbeitsstabs, aller anderen beteiligten Kräfte im Landratsamt sowie bei den Städten und Gemeinden.“

Hervorzuheben sei das außerordentliche Engagement der medizinischen Partner im Abstrichzentrum in Bad Mergentheim, in Arztpraxen und Krankenhäusern. An die Bevölkerung appelliere er, strikt auf die Einhaltung der „AHA“-Regel (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) sowie regelmäßiges Lüften zu achten und die Corona-Warn-App zu nutzen.

„Dies gilt mindestens so lange, bis ein wirksamer Impfstoff einem großen Teil der Bevölkerung verabreicht wurde beziehungsweise bis eine wirksame medikamentöse Behandlung zur Verfügung steht“, so Frank. Nachfolgend beantworten der Leiter des Arbeitsstabs Corona am Landratsamt, Erster Landesbeamter Christoph Schauder, und Pressesprecher Markus Moll Fragen zur aktuellen Lage im Landkreis.

Wieviele Mitarbeiter des Landratsamts sind direkt mit der Bewältigung der Pandemie betraut?

Markus Moll: Im Gesundheitsamt sind rund 60 Personen – darunter auch Teilzeitkräfte – für die wichtige Arbeit in Zusammenhang mit der Corona-Krise eingesetzt. Etwa 35 Personen davon bilden das Kernteam, 25 unterstützen das Team nur befristet. Zur Ermittlung von Kontaktpersonen gibt es aber auch noch zusätzliche Verstärkung aus anderen Bereichen des Landratsamts. So sind etwa abwechselnd das Veterinäramt, das Sozialamt sowie das Vermessungs- und Flurneuordnungsamt in die Kontaktpersonennachverfolgung eingebunden. Koordiniert und angeleitet wird die Arbeit vom Arbeitsstab Corona. Auch die Bereiche Personal, Organisation und IT sind bei dem Thema Corona besonders gefordert.

Wie schätzen Sie die gegenwärtige Personallage ein? Oder anders gefragt: Ist Ihre Mannschaft groß genug, um die Lage unter Kontrolle zu behalten?

Christoph Schauder: Im Main-Tauber-Kreis konnten seit Beginn der Pandemie bis heute alle Kontaktpersonen zeitnah ermittelt und in Quarantäne verfügt werden. Um dies zu erreichen, wurde das Team des Gesundheitsamts erweitert, beispielsweise durch zusätzliches ärztliches und nichtärztliches Personal, durch kurzfristige Beschäftigungen, durch Soldaten der Bundeswehr und durch Unterstützung aus anderen Bereichen des Landratsamts. Hierzu wurden und werden in großem Umfang Überstunden geleistet.

Immer wieder springen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch an eigentlich freien Tagen kurzfristig ein. Diese Mitarbeiter engagieren sich in außerordentlich hohem Maß. Wir bemühen uns, die Arbeitsbelastung durch ein rollierendes System zu senken und so Ruhephasen zu ermöglichen.

Wurde das zusätzliche Personal neu eingestellt?

Schauder: Insgesamt hat sich personell in diesem Jahr sehr viel bei uns getan – auch und besonders wegen der Corona-Krise.

Beispielsweise wurden im gesamten Landratsamt allein in den vergangenen Monaten rund 180 Personen – wenn auch zum Teil nur zeitlich befristet – eingestellt. Dem gegenüber stehen 140 Personen, die ausgeschieden sind. Viele dieser Personalwechsel hängen direkt mit der Bewältigung der Pandemie zusammen.

Seit Oktober erhalten Sie Unterstützung von Bundeswehrsoldaten. Hilfe, die Sie gut brauchen können, nicht wahr?

Schauder: Ja, absolut. Die fünf Soldaten unterstützen unser Gesundheitsamt seit 21. Oktober bei der Ermittlung von Kontaktpersonen im Zusammenhang mit Coronavirus-Infektionen. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Kräfte bereits wenige Tage nach ihrer Anforderung zur Verfügung standen. Dies hat schnell und unkompliziert geklappt und ja, wir können diese Unterstützung sehr gut gebrauchen. Die fünf Soldaten leisten gute und wichtige Arbeit. Deshalb haben wir auch die Verlängerung des Einsatzes beantragt. Die Genehmigung erfolgte ebenfalls sehr schnell und völlig reibungslos. Darüber sind wir sehr froh. Des Weiteren prüfen wir derzeit die Möglichkeit einer weiteren Aufstockung der Bundeswehrkräfte.

Wie genau setzt sich eigentlich der Arbeitsstab Corona zusammen?

Moll: Geleitet wird der Stab von Erstem Landesbeamten Christoph Schauder. Außerdem sind Gesundheits- und Sozialdezernentin Elisabeth Krug, der Kreisbrandmeister, ich als Leiter des Büros des Landrats und Pressesprecher – gelegentlich vertritt mich ein Kollege aus dem Tourismusbüro –, die Protokollführung mit drei Personen im Wechsel, die Lagekartenführung mit drei Personen im Wechsel sowie, nach Bedarf, das Personalamt und/oder das Justiziariat in den täglichen Lagebesprechungen dabei. Mit Landrat Reinhard Frank werden grundsätzliche und wichtige Themen jeweils zum Wochenbeginn in der Dezernentenbesprechung und darüber hinaus bei Bedarf abgestimmt.

Geben Sie uns einen Einblick in die wichtige Arbeit der Kontaktermittlung. Wie ist der Ablauf vom Eingang eines Testergebnisses an?

Moll: Wenn ein positives Testergebnis im Gesundheitsamt eintrifft, wird sofort die infizierte Person angerufen. Es wird, sofern noch nicht geschehen, eine häusliche Isolation mündlich angeordnet; ein schriftlicher Bescheid folgt. Dann wird die E-Mail-Adresse erfragt und die infizierte Person erhält einen Fragebogen zugesandt. In diesen muss sie schnellstmöglich alle ihre Kontaktpersonen eintragen und den Bogen an das Gesundheitsamt zurücksenden. Infizierte, die im medizinischen Bereich tätig sind, erhalten zwei Fragebögen: einen für private und einen für berufliche Kontakte. Bei Klinikpersonal wären das zum Beispiel Mitarbeiter der gleichen Station.

Nach dem Eingang der ausgefüllten Fragebögen beim Gesundheitsamt werden sofort die benannten Kontaktpersonen angerufen. Dabei wird festgestellt, ob sie der Kategorie K 1, K 2 oder K 3 angehören.

K 1, K 2 und K 3?

Moll: K 1 bedeutet engerer Kontakt, das heißt von Angesicht zu Angesicht über einen Zeitraum von mehr als 15 Minuten. K 2 bedeutet flüchtiger Kontakt, also „Face-to-Face“-Kontakt von weniger als 15 Minuten. Und K 3 entspricht Kontakt zu medizinischem Personal in Schutzausrüstung. Gegenüber Personen der Kategorie K 1 wird sofort mündlich eine häusliche Quarantäne und eine Testung angeordnet, unabhängig davon, ob Symptome vorliegen oder nicht. Ein schriftlicher Bescheid folgt automatisch.

Wieviele Corona-Tests wurden im Landkreis bislang insgesamt durchgeführt?

Moll: Allein im Abstrichzentrum in Bad Mergentheim beziehungsweise vorübergehend in Tauberbischofsheim erfolgten zwischen 16. März und 29. November 8333 Testungen. Bitte beachten Sie, dass diese Zahlen bei weitem kein vollständiges Bild über die im Main-Tauber-Kreis durchgeführten Abstriche bieten. Weitere Abstriche haben beispielsweise bei niedergelassenen Ärzten, in Krankenhäusern und Rehakliniken in großer Zahl stattgefunden. Da nur positive Testergebnisse dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen, ist daher keine Gesamtzahl der Abstriche im Landkreis bekannt.

Darüber hinaus haben im Rahmen der flächendeckenden Testung in 33 Heimeinrichtungen, die wir durchgeführt haben, insgesamt 3281 Tests stattgefunden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass anlassbezogen weitere Flächentestungen in zahlreichen Einrichtungen stattgefunden haben.

Wird im Main-Tauber-Kreis vergleichsweise viel oder wenig getestet?

Schauder: Im Main-Tauber-Kreis werden überdurchschnittlich viele Tests durchgeführt. Dazu zählen auch anlassbezogene Flächentestungen in Einrichtungen und Testungen im weiteren Umfeld von Infizierten. Wir fahren diese Strategie seit Mitte Juli, als es in Tauberbischofsheim und Lauda-Königshofen zu einem größeren Ausbruchsgeschehen gekommen ist. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, da es vielfach gelungen ist, Infektionsketten früh zu erkennen und zu durchbrechen.

Wie viele Menschen aus dem Kreis mussten bislang in Quarantäne?

Moll: Bis 29. November waren das rund 6900 Personen. Dabei handelte es sich um engere Kontaktpersonen und Infizierte. Zwischenzeitlich hat sich die Gesamtzahl natürlich weiter erhöht.

Wie beurteilen Sie die Disziplin der Menschen, die direkt von einer Infektion betroffen waren und in Quarantäne mussten (Infizierte oder Kontaktpersonen)?

Schauder: Soweit wir es beurteilen können, sind die Menschen im Main-Tauber-Kreis sehr diszipliniert. Infizierte halten sich an angeordnete Isolationen, Kontaktpersonen an angeordnete Quarantänen. Sofern die angeordneten Maßnahmen nicht eingehalten werden, wird dies im Einzelfall verfolgt und gegebenenfalls sanktioniert.

Die Ordnungsämter der Städte und Gemeinden sind für die Vor-Ort-Kontrollen der Einhaltung von Isolationen und Quarantänen zuständig. Es ist in einer solchen Zeit immer damit zu rechnen, dass das zuständige Ordnungsamt an der Tür klingelt und die persönliche Anwesenheit überprüft.

Redaktion FN-Chefredakteur

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