Tauberbischofsheim. Das Gewesene ist vorbei – so wie das Heute morgen schon wieder gestrig ist. Mit seinen „Gute-Leute-Geschichten“ möchte Werner Krug die Vergangenheit bewahren. Dabei war ein „richtiges“ Buch zunächst gar nicht geplant.
„Eigentlich schwebte mir eine Dokumentation für meine Kinder und Enkelkinder vor. Ich wollte, dass sie auch später noch nachlesen können, wie ihr Vater und Großvater aufgewachsen ist, was ihn geprägt hat.“ Weil Alexander Gaab vom Heimatverein Dittigheim Zeitzeugen suchte, die über die Nachkriegszeit in Dittigheim erzählen konnten, wurde er in seiner Idee zu einer Dokumentation bestärkt.
Da Werner Krug seine frühe Kindheit in Dittigheim verbracht hat, wusste er von den kargen Zeiten, die ihn bis heute geprägt haben: „Es fällt mir immer noch schwer, etwas wegzuwerfen“, gibt der 76-Jährige im Gespräch mit den FN zu. Der Konsum spiele auch jetzt noch keine große Rolle in seinem Leben – genauso wenig ist es ihm wichtig, „in der heutigen quirligen Gesellschaft noch präsent zu sein“.
„Aus dem Herzen geschrieben“
Doch die Jahre nach dem Krieg waren nicht nur von Armut und harter Arbeit geprägt: „Diese Epoche war auch eine Zeit der emotionalen Nähe und des Zusammenhalts. Viele Familien trauerten ja auch um im Krieg gefallene Väter und Söhne. Doch Not schweißt auch zusammen.“
Von Anfang an stand für ihn fest, dass dieses Buch kein „Heimatbuch“ sein soll wie das Werk seines Vaters Karl mit Dr. Elmar Weiß. „Ich wollte berichten, wie ich mein Leben und das der Menschen in meinem Umfeld erlebt habe. Ich wollte aus dem Herzen schreiben und nicht nur nüchtern aus dem Kopf formulieren.“ Das Schreiben selbst war dann auch ein Nacherleben für ihn persönlich. „Vielleicht hat mich die Vergangenheit schon auch ein bisschen festgehalten“, sinniert er und kommt zu dem Schluss: „Ich will sie festhalten, damit ich dann auch mit ihr abschließen kann.“
Der heimatgeschichtlich interessierte Journalist Burkard Gassenbauer ermutigte ihn nach der Lektüre des Manuskripts, ein Buch mit seinem reichen Erfahrungsschatz zu veröffentlichen, und unterstützte ihn „mit großer Geduld“, wie der Autor lachend betont.
Werner Krug, der immer wieder auch mit Ausstellungen seiner Bilder und Holzskulpturen von sich reden machte und auch schon Lyrikbände veröffentlicht hat, kann es selbst kaum glauben, welch große Veränderungen es in einem Leben geben kann. Als Beispiel führt er die Entwicklung von der früheren Selbstversorgung der Menschen bis zum heutigen Massenkonsum an – und natürlich die „Erfindung“ des Internets. Lachend gibt er zu, dass er jedoch immer noch eher „analog“ geprägt sei.
Kreisarchivarin Claudia Wieland, die Leiterin des Staatsarchivs Wertheim im Kloster Bronnbach, war dann die Zweite im Bunde, die ihn ebenfalls zu einer Veröffentlichung seiner Geschichten ermunterte. Die „Gute-Leute-Geschichten“ hat Werner Krug auch dem Kreisarchiv und den Nutzern des Archivverbunds zur Verfügung gestellt. Sie sind in der Onliner-Bibliothek dort abrufbar. So ist die Familie Krug nun sogar in dreifacher Form mit ihren Werken in den Archivbeständen vertreten: Werner Krugs Vater Karl Krug, früherer Leiter des Kreisplanungsamts und zeitweiliger Geschäftsführer des „Lieblichen Taubertals“, mit seinem Heimatbuch, Werner Krug mit seinen persönlichen Erinnerungen sowie seine Tochter Katinka, die über das Kloster Bronnbach promoviert hat und das Archiv mit ihrem Buch über dessen Baugeschichte bereichert.
„Nachtkrabb“ und „Greddlsuppe“
Werner Krugs lebendige, lebhafte und oft auch humorvoll geschilderten Erinnerungen lesen sich leicht, lassen einen gleichermaßen schmunzeln und nachdenklich werden. Die Erzählungen vom „Nachtkrabb“, der „Greddlsuppe“ und den „Ami-Betten“ fesseln ebenso wie seine Anekdoten über die Menschen und ihren oft entbehrungsreichen Alltag.
Viele Schwarzweiß-Fotos machen die Lektüre auch optisch zu einem Vergnügen. Eines zeigt seine Mutter Rita Vath, die 1944 anstatt in einer Munitionsfabrik im Wertheimer Bahnhofsrestaurant als Kellnerin arbeitete.
Diese Geschichte „garniert“ er ebenfalls mit einer lustigen Begebenheit – nämlich ihrer „Fischertaufe“.
Auch wenn Werner Krug nun schon lange in Tauberbischofsheim lebt, pflegt er noch immer eine enge Beziehung zu Dittigheim. Seine Sorge, was er denn mit den 100 Bänden der „Gute-Leute-Geschichten“ anstellen könnte, falls sich niemand dafür interessiert, erwies sich als völlig unbegründet: Die Bücher waren blitzschnell vergriffen.
Nun arbeitet Werner Krug an einer erweiterten Neuauflage.
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