Tauberbischofsheim. Viele Menschen, jüngere und ältere Mitbürger gleichermaßen, waren an den Veranstaltungen der Liobafestwoche 2023 beteiligt: Verschiedene Gottesdienste mit Liobaspiel für die Kindergartenkinder und Schüler bis hin zu einer feierlichen Lichterprozession am Freitagabend, in der die Reliquien der Heiligen Lioba von St. Martin durch die Stadt zur Bonifatiuskirche getragen wurden – viele Zeichen der Verbundenheit mit der Heiligen Lioba.
Ein Höhepunkt neben der Fahrzeugweihe (siehe gesonderten Artikel) war zweifellos der sehr gut besuchte Festgottesdienst am Samstag in der Stadtkirche St. Martin: Dekan Thomas Holler würdigte in seinen Begrüßungsworten die Heilige Lioba, die sichtbar Spuren in der Stadt hinterlassen und Impulse gesetzt habe, den Blick nicht auf sich, sondern immer auf Andere gerichtet, um zu helfen und für ein gutes Miteinander zu sorgen.
Der neue Kaplan Thomas Rudolf zog in seinen Predigtworten die Zuhörer in seinen Bann: Er erinnerte sie an Strandspaziergänge oder Schneewanderungen, bei denen man gut sichtbare Spuren hinterlässt, wie auf dem weißen Tuch, das vor dem Ambo hing. Verschiedene Schuhe haben Spuren hinterlassen. Bei der Lichterprozession am Vorabend durch die Fußgängerzone hatten die Schuhe keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Aber dennoch sei man Spuren gefolgt, den bleibende Spuren, die die Heilige Lioba hinterlassen habe und die helfen wollen, ihrem Beispiel zu folgen: Sie hat ihre Heimat England verlassen und ist mit einigen Gefährtinnen gekommen, um das neugegründete Kloster hier in Tauberbischofsheim zu leiten. Als Äbtissin habe sie entscheidend dazu beigetragen, das Licht des Glaubens in die hiesige Gegend zu bringen, eine gute Bildung zu ermöglichen und eine Armenfürsorge aufzubauen. „Dankbar schauen wir noch heute auf ihr segenreiches Wirken vor über 1300 Jahren zurück. Auf ein Leben, das bestimmt auch nicht einfach war.“
Die Aufforderung Jesu, für das Reich Gottes Zeugnis abzulegen, gelte nicht nur den Jüngern von damals. Das Reich Gottes beginne hier und jetzt, mit dem, „was wir tun oder auch nicht tun, wir tragen Mitverantwortung“. Wichtig war ihm: Jesus „sandte sie zu zweit“, nicht allein, sondern gemeinsam. Das Reich Gottes brauche keine Einzelkämpfer, es erfordert Team-Arbeit und Gemeinschaft. Auch die Heilige Lioba kam nicht alleine aus England, sie brachte einige Gefährtinnen mit, um gemeinsam am Reich Gottes zu bauen. Und wer versuche, ganz allein zu bauen, der überfordere sich selbst dabei. Jesus verlangte seinen Jüngern durchaus etwas ab, und wer sich für das Reich Gottes engagiere, für den sei das kein Strandspaziergang, bestimmt auch kein Urlaubstrip im Winter mit Ersatzwäsche und Rücktrittsversicherung.
Dass Jesus seine Jünger damals ohne Schuhe losschickte, sei ein Zeichen für den Verzicht auf alles Überflüssige. „Schuhe gehörten heute zu unserem Kulturkreis.“ Schuhe hinterlassen Spuren und nun wurde es spannend: denn Schuhe waren heute auch im Kirchenraum zu finden, die Kinder durften beim Suchen helfen und die Besitzer erklärten mit ein paar Worten die Hintergründe: Dekan Holler brauchte seine Schuhe unter anderem für Krankenhausbesuche, Schwester Tessy war mit ihren Schuhen aus ihrer Heimat Indien nach Deutschland gekommen wie einst Lioba aus England, um dem Ruf Gottes zu folgen und hier in Tauberbischofsheim am Reich Gottes mitzuarbeiten, die Kinderschuhe am Taufbecken gehörten einem Kleinkind, das bald getauft werde, und Bezirkskantorin Julia Kohler erklärte, dass sie ihre geschmeidigen Orgelschuhe nutze, um durch die Musik hörbare Spuren in den Herzen zu hinterlassen.
Abschließend ging Kaplan Thomas Rudolf auf seine eigenen Wanderschuhe ein, mit denen er auch schon in der Wüste unterwegs war. Sein eigener Berufungsweg war nicht klassisch: Er war den Spuren Jesu gefolgt als Ministrant und im Pfarrgemeinderat, bei der Arbeit als Sozialpädagoge, beim Arbeitsamt, in der Verrechnungsstelle bis Jesus ihn gerufen habe und auf seinen Ruf habe er sich eingelassen. Er teile nun sein Leben mit vielen Menschen und in den letzten Jahren als Priester in besonderer Weise. Wichtig sei ihm: „Gemeinsam sind wir auf dem Weg, hinterlassen Spuren auf dem Weg den Gott bereitet hat und den er mit uns geht“. Die Spuren auf dem Tuch vor dem Altar zeigten in eine Richtung. Sie gehen auf den Altar zu. „Wenn wir uns um den Altar versammeln, um gemeinsam auf Gottes Wort zu hören und Eucharistie – Danksagung feiern, dann dürfen wir uns stärken lassen für den Weg, den wir gehen sollen und für den uns Gott auch die richten Schuhe, notwendigen Fähigkeiten gibt“.
Der Gottesdienst wurde musikalisch vom Kirchenchor St. Martin und dem Kinderchor Mini-Maxis, beide unter der Leitung von Julia Kohler musikalisch mitgestaltet mit Teilen aus der Franziskusmesse von Klaus Wallrath, am Klavier war Benjamin Scheuermann. Besonders beeindruckend war, dass beide Chöre zu den Liedern vorne auf den Altarstufen standen und zur Gemeinde gesungen haben, so dass die Abwechslung der Gesänge, auch mit den Liobaliedern, zu einem musikalischen Genuss wurden.
Zum Schluss des Gottesdienstes erfolgte die Segnung der Liobabrötchen, die anschließend durch die Ministranten an die Gottesdienstbesucher verteilt wurden. Anschließend stand, dank dem Gemeindeteam und vielen Helferinnen und Helfern rund um die Kirche die Begegnung im Mittelpunkt. Die syrisch-orthodoxe Gemeinde erweiterte das Essensangebot in bewährter Weise. Starken Zuspruch fand der erstmals durchgeführte Bücherflohmarkt der Kommunionkinder. Soli-Brote vom Brotkörble unterstützten außerdem Misereor. Für die Neubürger und Neubürgerinnen gab es eine Stadt- und Kirchenführung. Viele Kinder fanden sich in der Kindertagesstätte ein, dort verfolgten sie gespannt „Kasperle und das verschwundene Zauberbuch“, welches die Erzieherinnen der Kita St. Martin aufführten. Den Abschluss des Festes bildete am Sonntagabend die Vesper in der Stadtkirche. bk
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