Liobakirche

Emotional eindringliche Aufführung

Chor von St. Bonifatius brachte mit musikalischen Gästen die Matthäuspassion von Johannes Georg Kühnhausen zu Gehör

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Der Chor von St. Bonifatius bei der Aufführung der Matthäuspassion in der Liobakirche. © Andreas Brachs

Tauberbischofsheim. Mit einer einer inhaltlich sehr fokussierten, das Wesentliche herausarbeitenden und emotional eindringlichen Aufführung der Matthäuspassion von Johannes Georg Kühnhausen lieferte der Chor von St. Bonifatius unter seinem derzeitigen Leiter Arno Leicht einen künstlerisch eindrucksvollen Beitrag zur vorösterlichen Passionszeit. An der Aufführung in der zu diesem Anlass gut besuchten Liobakirche wirkten außerdem insgesamt sieben Gesangssolist(inn)en und zwei Instrumentalist(inn)en mit.

Als optische Ergänzung des musikalischen Geschehens wurden dazu auf einer Projektionsfläche Passions-Abbildungen aus verschiedenen Epochen der Kunstgeschichte gezeigt.

Die um 1700 entstandene Vertonung der Passion nach Matthäus von Johann Georg Kühnhausen(1640 - 1714) stellt das einzig erhaltene Werk des Hof- und Kirchenmusikers dar, der von 1661 bis 1714 als Stadtkantor in Celle wirkte. Wie in anderen Passionsmusiken seiner Epoche steht bei diesem Komponisten der vom Evangelisten(zumeist ein Tenor) rezitierte Evangelientext im Mittelpunkt, zuzüglich der solistischen Rollen von Christus(Bass) und diverser Nebenfiguren wie Petrus, Kaiphas oder Pilatus. In den dazwischen eingeschalteten Chorälen und Arien wird das Passionsgeschehen kommentiert und der gläubigen Gemeinde zur frommen Betrachtung vorgehalten. Zugleich spielt der Chor im vertonten Evangelientext selbst als Akteur und Stimme der „Menge“(turba) während der Gerichtsverhandlung eine wichtige Rolle. Kühnhausens Matthäuspassion, die mit dem Tod Christi am Kreuz endet, lässt sich natürlich nicht mit den ein Vierteljahrhundert später entstandenen Schöpfungen von Bach vergleichen, sie ist nach Aufwand und künstlerischem Anspruch viel geringer, doch entwickelt sie in der Schlichtheit und Begrenztheit ihrer Mittel durch die dadurch notwendige Verlagerung des Schwerpunkts auf die Texte, in erster Linie das Evangelium, ihre eigene stille und eindringliche Wirkung.

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Der Notentext der Psssion ist nicht vollständig überliefert, daher wurden für den Bonifatiuschor die Choräle von Arno Leicht neu bearbeitet. Dass der Aufführung in der Liobakirche eine lange, sorgfältige und intensive Einstudierung vorausging, konnte man beim Auftritt des gemischten Chors erleben, der unter dem Dirigat von Ursula Leicht mit seiner durchgehenden stimmlichen Präsenz, sauberen Intonierung und Klarheit des Klangbildes einen starken Eindruck hinterließ. Dass dabei die Frauenstimmen(wie in so vielen anderen gemischten Vokalensembles) die dominierende Rolle spielten, war ihrer Überzahl geschuldet. Den Chorälen eignete innere Beseeltheit und Teilnahme, den kurzen, heftigen Einwürfen der „Menge“ in den Gerichtsszenen des zweiten Teils impulsive, furiose Lebendigkeit. Solistisch lag das Hauptgewicht naturgemäß auf den Rollen des Evangelisten, dem Arno Leicht mit kantabler, geschmeidiger Leichtigkeit und guter Textverständlichkeit Stimme verlieh, ihm zur Seite ein gehalten würdiger und souveräner Christus, verkörpert von Andreas Stoy. Gut charakterisierend agierten in anderen Rollen auch Fabian Waldherr und Marco Hassmann, alle geschmeidig und präzise begleitet von Jessica Unsinn(Violoncello) und Martin Wetterich am Cembalo, die für das betont sparsame instrumentale Fundament(Generalbass) sorgten. Ein besonderes Charakteristikum der Kühnhausen’schen Matthäuspassion bilden die teils weiblichen, teils männlichen Gesangsduette, die als betont lyrische Choralarien meditative Momente der Besinnung ins dramatische Geschehen einfügen. Filigran und einfühlsam gesungen von den Sopranistinnen Amina Krause und Brigitte Waldmann-Grotz und den beiden Tenören Fabian Waldherr und Xaver Dobmeier milderten sie die Härte und Grausamkeit des Passionsberichts mit einer Note voll zarter Empfindsamkeit. the

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