Dittwar. Er ist ein eloquenter Tausendsassa, einer, der 32 Länder bereist hat, sich mit Religionen und Kulturen beschäftigt und dem Völkerverständigung am Herzen liegt. Heute feiert Rudolf – besser bekannt als Rudi Walz – seinen 80. Geburtstag.
Immer neugierig geblieben
Bodenständig und heimatverbunden, wortgewandt und neugierig, mit offenem Blick durchs Leben gehend: Rudi Walz ist einer, der sich durch viele Gaben auszeichnet. Er kann zuhören, Argumente abwägen und sich durchaus auch überzeugen lassen. Und das auch noch mit 80 Jahren. Altersstarrsinn liegt ihm fern, mit einer gewissen Altersweisheit kokettiert er aber auch nicht.
Geboren wurde der Jubilar 1944 in Magdeburg-Schönebeck, als sich das Ende des Dritten Reichs bereits abzeichnete. An seinem zweiten Geburtstag siedelte er mit seiner Mutter nach Dittwar – dem Heimatort des Vaters – über, wo er mit seiner Frau Hildegard heute noch lebt. Nach der Schulzeit begann er eine kaufmännische Lehre bei der IKK, wechselte dann zu Jana Bau.
Sprachliche Formulierkunst
Schnell erkannte man dort die geschliffene sprachliche Formulierkunst des jungen Angestellten und beauftragte ihn kurzerhand mit der Redaktion und Produktion der Hauszeitschrift „Bauklammer“. Diese Aufgabe machte ihm so viel Freude, dass er sich auf eine Anzeige von Weinig bewarb. Das Tauberbischofsheimer Maschinenbauunternehmen suchte Verstärkung für seine Werbe- und Presseabteilung.
Die Aussicht auf Mitarbeit an der Hauszeitung „Holzauge“ mit einer Auflage von 80 000 Exemplaren in fünf Sprachen beförderte den Wechsel. Bei Weinig fühlte sich Rudi Walz nicht nur gut aufgehoben, das Unternehmen sollte durch gezielte Fort- und Weiterbildungen an namhaften Management-Instituten und Akademien nicht nur seinen beruflichen Horizont erweitern, sondern auch seine Karriere fördern. Schnell kletterte er auf der Erfolgsleiter nach oben und avancierte vom Werbeassistenten über den Werbeleiter und Pressechef schließlich zum Bereichsleiter für Marketing und Mitglied im Führungsstab der Chefrunde. „Ich habe immer gern gearbeitet und mich für Weinig eingesetzt“, blickt Walz zurück.
Als Conférencier gefragt
Doch er wäre kein Tausendsassa, wenn ihm allein der berufliche Aufstieg gereicht hätte. Sein Spaß am Schreiben war durch die Tätigkeit bei den Hauszeitungen geweckt worden. Er verfasste Reden, Grußworte und Jubiläumsansprachen, wurde von Vereinen, Firmen und Politikern zwischen Aschaffenburg um Dinkelsbühl zur Unterstützung angefragt. Später dann kamen Texte für die Radiowerbung hinzu und Auftritte als Conférencier bei Modeschauen, bunten Abenden, Konzerten und Kongressen.
Dass er dabei selbst oft im Mittelpunkt stand, beschreibt seine extrovertierte Seite. Seine introvertierte ist das immerwährende Bemühen um soziale Gerechtigkeit, das sich bereits in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts zeigte. Damals kamen die ersten Gastarbeiter aus Italien, Griechenland und der Türkei in den Landkreis Tauberbischofsheim und benötigten Wohnraum. Rudi Walz unterstützte die Leiterin der Ausländerbehörde beim Landratsamt, Marianne Bauer, die er über die CDU kannte.
Formulare mussten ausgefüllt, Anträge gestellt, Wohnungen gesucht werden. Meist seien die ersten Unterkünfte Baracken gewesen, die eher an ein Straflager erinnerten, so Walz. Wenn er sich an diese Zeit zurück erinnert, sagt er: „Es war nicht einfach, diesen Menschen zu helfen, es gab unglaubliche Vorurteile und Sprachbarrieren.“ Sprachkurse seien privat organisiert worden, die katholische Kirchengemeinde habe das Winfriedheim als Schulungsort kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Überhaupt fühlt sich Walz bis heute der katholischen Kirche, aber auch anderen Religionen, eng verbunden. Früh wurde er Ministrant, engagierte sich bei der Organisation der Feier zu 300 Jahre Kreuzkapelle Dittwar und ist Mitglied im Verein für „Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“.
Holocaust mahnt
Mit dem Judentum als Religion, dem unmenschlichen Unrecht, das den jüdischen Mitbürgern in Europa und auch in Tauberbischofsheim während des Nationalsozialismus angetan wurde, beschäftigte sich Walz bereits in den 60er Jahren. Er suchte Kontakt zur jüdischen Gemeinde Würzburg, sprach mit Zeitzeugen, denen die Emigration nach Israel, in die USA oder nach Argentinen gelungen war . Er setzte sich gemeinsam mit anderen auch für die Gedenktafel im Foyer des Rathauses Tauberbischofsheim ein, die an die jüdischen Mitbürger erinnert.
Wunsch nach Versöhnung
Mit seinem Interesse am Judentum, vielen Besuchen in Israel und Freundschaften, die sich auch mit Palästinensern ergeben haben, geht sein tiefer Wunsch der Versöhnung in dieser unruhigen Nahost-Gegend einher. Ihm schwebte immer eine Art respektvolles Freundschaftsband auf persönlicher Ebene zwischen Juden und Palästinensern vor, was mit Blick auf die derzeitige Konfliktsituation ein unerfüllter Traum sein dürfte. Walz: „Das macht mich sehr traurig.“
Zu nennen in seinem rastlosen Leben sind auch sein Engagement in zahlreichen Vereinen, für den Bereich Natur, Wald, Holz und Holzprodukte, die SOS-Kinderdörfer und seine Aufnahme in den Deutschen Orden 2001, zu dem er als Mitglied des Lions Club Bad Mergentheim bereits 1998 in Kontakt kam. Hier avancierte Rudi Walz zum stellvertretenden Deutschherren- und Balleimeister, Komtureirat und schließlich zum Mitglied des Generalrats und Generalkapitels. Ein Erlebnis der besonderen Art war für ihn die Aufnahme des heutigen belgischen Königs Philippe in den Orden vom Goldenen Vlies in der Kirche der Residenz des Hochmeisters in Wien. Anwesend waren alle bedeutenden Königs- und Adelshäuser Europas.
Spenden statt Feier
Seinen heutigen Geburtstag feiert Rudi Walz nicht. Stattdessen wünscht er sich Spenden für das während des derzeitigen Krieges von Gaza nach Bethlehem evakuierte SOS Kinderdorf.
Spendenkonto: SOS Kinderdörfer, GLS Gemeinschaftsbank, IBAN: DE 11 4306 0967 2222 2000 04, BIC: GENODEM 1 GLS, Stichwort: AC 822479/ Gaza/Bethlehem.
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