Kunstverein

Ein magischer Erzählton

Beim ersten Literaturabend in der Peterskapelle las Ruth Frobeen aus ihrem Roman „Irmelin Fuchs“

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Die Autorin Ruth Frobeen beim Literaturabend des Kunstvereins in der Peterskapelle. © Dagmar Wolf

Tauberbischofsheim. Nicht der Engelsaal, sondern die altehrwürdige und aus diesem Anlass voll besetzte Peterskapelle war Schauplatz einer Lesung des Kunstvereins, der ersten von insgesamt dreien, in der die Hamburger Autorin Ruth Frobeen aus ihrem neuesten Werk, dem Roman „Irmelin Fuchs“, über rund eineinhalb Stunden eine ausgiebige Kostprobe lieferte.

Es war der erste von insgesamt drei Literaturabenden in diesem Monat, in denen zeitgenössische Autor(inn)en in kleinem Rahmen ein Forum für ihre Arbeit geboten wird und für die Dagmar Wolf vom Kunstverein verantwortlich zeichnet.

Die Autorin

Ruth Frobeen, ihres Zeichens Autorin, Texterin und Übersetzerin, hat mit dem 2022 im Eigenverlag erschienenen Buch „Irmelin Fuchs“ im Lauf von fünf Jahren bereits ihr fünftes Buch veröffentlicht, gedacht als Roman „über die Kraft der Wörter und die Magie des Erzählens.“ Die Handlung des Romans, den man wegen seines eher schmalen Umfangs auch als längere Erzählung bezeichnen könnte, ist nicht so einfach nachzuerzählen.

Der Roman

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Die 19-jährige Protagonistin Irma Sabrina Fuchs erwacht im Sommer 1939, also kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, in einem Altersheim in New York aus dem Koma und kann sich weder an ihre Herkunft, ihre Eltern noch ihr vergangenes Leben erinnern.

Sie weiß nur, dass sie von ihrem Aufenthaltsort weg will und findet schließlich Unterkunft bei der blinden Mrs. Rothman, der sie zunächst als Vorleserin dient und bald auch als Stenotypistin, damit beauftragt, die biografischen Geschichten abzutippen, die ihre Gastgeberin ihr diktiert.

Aus diesen Binnen-Erzählungen innerhalb des Romans ergibt sich dann wie in einer Art Puzzle allmählich auch die Aufklärung der mysteriösen Existenz der Protagonistin Irmelin Fuchs, wobei auf die Leser(innen) zum Ende hin freilich noch einige Überraschungen warten..

Vergangenheitsrätsel

Die Lösung des Vergangenheitsrätsels in Mrs. Rothmans insgesamt vier Geschichten blieb dem größtenteils weiblichen Publikum in der Peterskapelle aus Zeitgründen freilich vorenthalten.

Die Autorin Ruth Frobeen, eine zarte, aparte und kapriziöse Erscheinung, Typ Garconne mit dunkler Hornbrille und schwarzer Bob-Frisur, musste sich bei ihrer Lesung mit den ersten beiden Kapiteln begnügen, in denen die prekäre Existenz ihrer jungen Heldin(und ihres Liebhabers, der als Koch im Altersheim arbeitet) im New York der späten 30er Jahre zunächst einmal vorgestellt wird.

Dies geschieht in einer zugleich modernen und zugleich naiven oder auch scheinbar naiven Erzählstil, der sich letztlich an der Methode des Bewusstseinsstroms („stream of consciousness“) orientiert und in kurzen, knappen Sätzen nur flüchtig geordnete Gedanken, Beobachtungen und Bemerkungen aneinanderreiht, aus denen sich dann ein leicht groteskes Bild der Gesamtwirklichkeit ergibt.

Es ist die Sicht einer jungen Frau, die so gut wie nichts von sich weiß, und daher mehr als ihre Zeitgenossen fähig scheint, die Widersprüche und Absurditäten ihrer Zeit, Umwelt und Gesellschaft wahrzunehmen. Dies geschieht im Plauder- und Plapperton eines jungen Mädchens, manchmal mit überraschenden Pointen, manchmal auch hart am Rande der Banalität, eigentümlich distanziert und emotionslos, mit virtuoser Leichtigkeit und Sprachbeherrschung.

Wer sich auf diesen in der Tat magischen Erzählton einmal eingelassen hat, wird sich der Kraft und dem Sog, die davon ausgehen, nicht so leicht entziehen können,

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