Distelhausen. Ausbilder Schmidt geht diesmal fremd: Gewohnte Tugenden wie Disziplin, Gehorsam, Standhaftigkeit oder Einsatzbereitschaft blieben am Mittwoch im Rahmen der Comedy-Führung durch die Distelhäuser Brauerei zu Recht auf der Strecke.
Kurz mal stramm gestanden
Rund 50 „Luschen“ versuchte er dabei gleich mehrfach, den nötigen Respekt abzuverlangen – Pustekuchen! Sie standen zwischendurch gewiss auch mal stramm – allerdings weniger, um den Befehlen des Uniformierten Folge zu leisten. Vielmehr war Anstehen angesagt, um frisch gezapftes Zwickelbier zu konsumieren. Dem Genuss desselben zu widerstehen fiel verständlicherweise allen weitaus schwerer als des Ausbilders Anordnungen zu beachten.
Gemeinhin hat „Schmidti“ etwas von einer männlichen Domina, etwas Respekteinflößendes. Diesmal war er jedoch fast handzahm – aber nicht weniger komisch, als man es sonst von ihm gewohnt ist.
Tolle Einblicke erhalten
Sudbereich, Filtration, Abfüllanlage – die „Luschen“ erhalten tolle Einblicke hinter die Kulissen eines Familienunternehmens, das bereits in siebter Generation erfolgreich geführt wird. Garniert mit reichlich Hintergrundwissen des „uniformierten Fremdgängers“ – das wiederum bringt ihm punktuell genau jenen Respekt ein, dem ihm eigentlich seine „Untergebenen“ stets entgegenzubringen haben.
Der Ausbilder, alias Holger Müller, ist ein kabarettistischer Tausendsassa. Das stellt er auch an diesem Abend wieder eindrucksvoll unter Beweis – zur großen Begeisterung seiner Fans. Er greift viele Themen auf, parodiert Biene Maya, Herbert Grönemeyer oder Udo Lindenberg erstaunlich echt. Das Publikum biegt sich vor Lachen, was derzeit ohnehin mal guttut.
„Man muss auch mal lachen in diesen schwierigen Zeiten“, so „Schmidtis“ Maxime. Und wie ist das möglich inmitten des Ukraine-Krieges und vor allem über jemand, der scheinbar alles Militärische liebt? Hier funktioniert’s (einmal mehr). Der Ausbilder schafft’s nämlich konsequent, keine Witze über Dinge zu machen, über die man derzeit auch keine macht. Und dennoch gibt es Gelegenheiten zur Genüge, dass sich die Zuhörer kaum mehr einkriegen, sich mitten im Einsatzgebiet von Absurdistan wähnen.
Besondere Aktion
Beispiel gefällig? Als er noch ein Kind gewesen war, habe es in der Stadtbibliothek eine Aktion gegeben, bei der man Kriegsspielzeug gegen Bücher habe eintauschen können. „Gut, ich habe die Bücher meiner Eltern genommen – da war dann die Bude voll . . .“
Voll ins Schwarze getroffen
So geht es den ganzen Abend, „Schmidti“ wird seinem Ruf als „König der Kalauer“ wieder einmal mehr als gerecht. Manche mögen den einen oder anderen Gag als oberflächlich oder flach empfinden. Der Ausbilder trifft aber – um es im militärischen Jargon auszurücken – voll ins Schwarze. Was jucken da manche Nörgler, die mit dieser Art des Humors überhaupt nichts anfangen können? Einfach ignorieren.
Ganz am Ende entledigt sich der Comedian dann seines Outfits und wird zum Holger Müller – dem personifizierten Widerspruch dessen, was er vorher war. Oder wie es Stefan Raab schon mal auf den Punkt gebracht hat: „Du siehst aus wie das Feindbild deiner Rolle!“
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