Hochhausen. Der Gesangverein Hochhausen hat sich in seiner letzten Mitgliederversammlung aufgelöst. Das Alter der Sänger, Mitgliederschwund und fehlender Nachwuchs waren die Hauptgründe. Der Gesangverein Liederkranz Hochhausen wurde 1862 von 16 sangesfreudigen jungen Männern als einer der ersten Gesangvereine in dieser Region ins Leben gerufen.
Bei der Gründungsversammlung wurde Josef Geier zum Vorsitzenden gewählt, er war zugleich der Dirigent des Chores. Im gleichen Jahre wurde auch der Badische Sängerbund gegründet.
Bereits zwei Jahre später wurde eine wertvolle Fahne angeschafft. Sie hat drei Kriege überdauert und stellt nach mehreren Instandsetzungen das wertvollste Stück des Inventares dar.
Während der Verein nach einem glanzvollen Stiftungsfest zum 50-jährigen Bestehen 1912 den Ersten Weltkrieg auf Sparflamme überstand – es liegen kontinuierlich Daten der jeweiligen Dirigenten von 1914 bis 1920 vor – wurde die Vereinstätigkeit aus politischen Gründen 1935 vorläufig beendet.
Zu jener Zeit war bereits Paul Frank zum Vorstand gewählt worden, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs am Dreikönigstag 1952 zur Wiederbelebung des Vereines aufrief. Das Echo war groß. In die aufgelegte Mitgliederliste trugen sich am gleichen Abend über 50 Sangesfreunde ein. Paul Frank wurde zum Vorsitzenden, Sebastian Pfriem zu seinem Stellvertreter gewählt.
Fahne geweiht
Lehrer Alois Wissmann übernahm den Dirigentenposten, so dass man bis zum Maisingen zehn Lieder lernen und öffentlich auftreten konnte. Ein Jahr später wurde die inzwischen instandgesetzte Vereinsfahne geweiht, was mit einem Festgottesdienst und Theaterabend verbunden war. Bei diesem Anlass wurden auch elf altgediente Sängerveteranen zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Der nächste Höhepunkt war das Stiftungsfest zum 100-jährigen Bestehen 1962. Es begann mit einem Fackelzug am Samstagabend zum Festzelt, wo Landrat Schwan dem Jubelchor die Zelterplakette überreichte.
Dem Festgottesdienst mit Kirchenparade am Sonntagmorgen folgte am Nachmittag ein Festzug der teilnehmenden Vereine durchs Dorf.. Bemerkenswert zu diesem Fest ist, dass an diesem Tag eine grimmige Kälte herrschte, weshalb Bürgermeister und Pfarrer als Teilnehmer an dieser Kundgebung mit Wintermänteln bekleidet waren. Die Festdamen hingegen mussten in ihren eigens angeschafften Festgewändern ausharren, sie haben erbärmlich gefroren, es war der 1. Juli 1962.
Frauen ab 1973 zugelassen
Oberlehrer Felix Epp übernahm 1962 den Dirigentenstab von Alois Wissmann, bis er 1998 aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat. Wegen der abnehmenden Zahl der aktiven Sänger beschloss man im Frühjahr 1973, auch Frauen in den Chor aufzunehmen. Auf entsprechende Einladung erklärten sich spontan 25 Frauen und junge Mädchen, darunter fast alle Frauen des Kirchenchores, bereit, dem Verein beizutreten. So trat bereits beim Gruppensingen im Juni 1973 in der Festhalle in Tauberbischofsheim der neue gemischte Chor erfolgreich auf.
Zum 120-jährigen Bestehen des Vereins an Pfingsten 1982 hatte man den Festplatz in den Bereich des Grünauer Hofes verlegt. Es war ein mit Festgottesdienst und erneuter Fahnenweihe durch Dekan Mohr verbundenes gelungenes Fest.
Die 125-Jahr-Feier 1987 stand unter keinem guten Stern. Zwar hatte man in den Tauberauen ein großes Festzelt aufgebaut. Starker Regen am Samstag und Hochwasser verhinderten jedoch das Fest. Nur das Freundschaftssingen im Konradsaal wurde durchgeführt. Während der Festverlauf erfolgreich stattfinden konnte, fielen die Aktivitäten am Montag wegen erneut starken Regens buchstäblich ins Wasser. Es war das letzte größere Fest des Vereins.
Aufgabe erfüllt
Seine Aufgabe als Kulturträger des Dorfes erfüllte der Verein bis zu diesem Zeitpunkt insbesondere durch sein Singen bei der Maibaumaufstellung, dem alljährlichen Liederabend sowie bei der Mitwirkung bei Jubiläen oder anderen Anlässen.
Von 1999 bis 2005 wurde der Chor von Johanna Hefner geleitet, danach übernahm Otto Wilhelm Dölzer die Stabführung. Seit 2007 führte die Vizechorleiterin Elisabeth Teller die Proben durch.
Probenbesuch ließ nach
Anlässlich der 140-Jahr-Feier des Vereins 2002 fand ein Liederabend statt. 2003 waren nur noch durchschnittlich zwölf bis 14 Sänger bei den Proben anwesend. Daher beschloss der Vorstand, dass der Chor nicht mehr alleine öffentlich auftreten solle. Trotzdem sollte sichergestellt werden, dass der Chor beim jährlichen Gedenkgottesdienst für verstorbene Mitglieder sowie beim Ableben eines Vereinsmitgliedes singt.
2016 übernahm Herbert Elsner den Verein. Mit neuem Elan versuchte er, die Vereinsmitglieder, zusammen mit ehemaligen Mitgliedern, für Projektchöre zu begeistern. So kamen ein Liederabend und auch ein geistliches Chorkonzert in der Kirche St. Pankratius zustande. Dann kam die Corona-Pandemie. Sie brachte beinahe alle Aktivitäten zum Erliegen.
Bereits im Oktober 2021 war man sich in einer Versammlung einig, dass der Verein im Folgejahr aufgelöst werden sollte. In der Jahreshauptversammlung am 16. Mai 2022 wurde der Verein aufgelöst. Die Mitglieder sind traurig über den Auflösungsbeschluss, sehen ihn aber als alternativlos an.
Weitermachen war nicht möglich
Das Alter der Aktiven – das älteste Mitglied ist 93 Jahre alt – , nachlassende Stimmbildung, körperliche Einschränkungen, kein Nachwuchs an Sängern und Sängerinnen machten ein „Weiter so“ beim Gesangverein nicht möglich.
Der Wille zur Kameradschaft und zum Weitersingen auch ohne Vereinsmitgliedschaft ist bei vielen jedoch vorhanden. he
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