Selbsthilfegruppe

Angehörige psychisch kranker Menschen begleiten

Reden, zuhören und die Sorgen miteinander teilen sind wichtige Aspekte bei den monatlichen Treffen

Von 
Heike von Brandenstein
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Die Sozialpädagoginnen Hannah Kemmer (links) und Tessa Schubert wünschen sich, dass die Selbsthilfegruppe für Angehörige psychisch kranker Menschen wieder Fahrt aufnimmt. © Heike von Brandenstein

Tauberbischofsheim. „Psychische Krankheiten sind immer noch Tabuthemen, weil man sie den Menschen einfach nicht ansieht“, sagt Tessa Schubert. Sie und ihre Mitstreiterin Hannah Kemmer sind Sozialpädagoginnen. Beide engagieren sich in der Selbsthilfegruppe für Angehörige psychisch kranker Menschen. Jeden dritten Montag im Monat bieten sie Treffen im früheren Rathaus in Dittigheim an. Jeder kann kommen, die Tür steht für Menschen ab 16 Jahren offen.

Der Bedarf ist da

„Wir leiten die Gruppe nicht, sondern wir begleiten“, erläutert Hannah Kemmer das Konzept. Begleiten heißt zuhören, zum Reden ermuntern, Mut machen, Vor- und Rückschritte teilen, sich austauschen und Tipps geben. Die Gruppe selbst existiert schon länger und wurde vor dem Duo von Hannahs Mutter geleitet. Seit Januar vergangenen Jahres sind die Sozialpädagoginnen im Boot. Corona und die damit verbundenen Einschränkungen haben die Teilnehmerzahl abschmelzen lassen. Jetzt soll die Gruppe wieder Fahrt aufnehmen. „Der Bedarf ist da“, wissen beide.

Einen sicheren Raum bieten und Anonymität zusichern gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen, um Vertrauen zu erlangen. Anfangs hören die meisten erst einmal zu, sind schüchtern und zurückhaltend. Doch schnell werde gemerkt, dass die Probleme von anderen häufig ähnlich gelagert sind wie die eigenen.

Ängste thematisieren

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Nina Kugler
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Ängste zu thematisieren, mit Gleichgesinnten zu teilen und dadurch Sicherheit zu erfahren, seien wichtige Aspekte, so Tessa Schubert und Hannah Kemmer. Breiten Raum nehme die Sorge um ihre psychisch erkrankten Angehörigen ein. Das können Ehefrau oder -mann, Partner, Geschwister oder Eltern sein. Häufig herrsche auch Ungewissheit darüber, wie es dem anderen überhaupt geht. Stimmt die Floskel „Mir geht es gut“ wirklich, laute dann die Frage.

Ein wichtiges Thema sei nicht nur, wo und wie Hilfe geholt werden kann, sondern auch, ob sie überhaupt angenommen wird. „Der Mensch bestimmt selbst, welche Hilfe er für sich akzeptiert“, weiß Hannah Kemmer. Wenn eine solche gefunden und der Angehörige zugestimmt hat, beginnt oft das lange Warten auf den begehrten Therapieplatz. Das, so die Sozialpädagoginnen, gehe häufig mit Machtlosigkeit einher und sei für alle Beteiligten sehr anstrengend.

Eine Möglichkeit zu reden und die Sorgen miteinander zu teilen, wollen Tessa Schubert und Hannah Kemmer mit der Selbsthilfegruppe bieten. Ohne Anmeldung und auch nur zum Reinschnuppern vorbeizukommen, ist möglich.

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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