Reichenbach/Seckach. Nach vierjähriger Corona-Zwangspause hieß Reichenbachs Bürgermeisterin Carina Dittrich ihren Seckacher Kollegen Thomas Ludwig mit knapp 30 Seckachern „von 13 bis 82 Jahren“ für zur 33. offiziellen Partnerschaftsbegegnung auf dem Marktplatz und im Via-Regia-Haus willkommen. Die Wiedersehensfreude war auf beiden Seiten groß und wurde am Abend im Rahmen des 25. Fischerfestes im Ortsteil Zoblitz weiter gefeiert.
Wie groß der Freundschaftskreis zwischen Seckach im Bauland und Reichenbach in der Oberlausitz ist, zeigte die Anwesenheit zahlreicher Reichenbacher, darunter Reichenbachs Pfarrer Christoph Wiesener und eine Delegation aus den Ortsteilwehren der Freiwilligen Feuerwehr Buttenheim (Landkreis Bamberg), weshalb es sich die an diesem Abend aufspielende Live-Band auch nicht nehmen ließ, mit kräftiger gesanglicher Unterstützung aller Gäste neben dem Schlesierlied auch das Oberfrankenlied und das Badnerlied zu intonieren.
Der zweite Besuchstag stand ganz unter dem Motto „Auf geht´s ins Nachbarland“ und führte nach Tschechien in die Gemeinde Kunratice u Cvikova (Kunnersdorf) in der Reichenberger Region (Libereck kraj). Dort wurde die Glashütte Pacinek besichtigt. Es war hochspannend zu beobachten, wie Glasbläsermeister Jirí Pacinek aus den glühend heißen Glasklumpen innerhalb weniger Minuten Skulpturen, Vasen, Tiere usw. formte. Die Exponate der Glashütte Pacinek sind weit über Tschechien hinaus bekannt und sorgen auch bei Kunstausstellungen in Deutschland, Frankreich und vielen anderen Ländern immer wieder für großes Aufsehen.
Am Nachmittag fuhr man weiter nach Grabtejn (Grafenstein), um die nahe dem Dreiländereck zwischen Tschechien, Polen und Deutschland gelegene gleichnamige Burg zu besichtigen. Ihre ältesten Bauteile stammen aus dem 13. Jahrhundert, ehe in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts der Umbau in ein Renaissanceschloss erfolgte. 1945 ging das Schloss in den Besitz des tschechischen Staates über. Die voll ausgestatteten Innenräume der Burg sorgen dafür, dass die besondere Atmosphäre der historischen Zeitalter vom 13. bis zum 20. Jahrhundert erlebbar wird.
Görlitz steht traditionell regelmäßig auf dem Besuchsprogramm aller Seckacher Delegationen und dennoch können immer noch neue Sehenswürdigkeiten entdeckt werden. Dieses Mal galt das besondere Interesse der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften. Sie besteht seit 1726 und verfügt heute über etwa 150 000 Exponate. Der Bestand umfasst Werke zur Naturkunde, Ökonomie, Geschichte und Philosophie, aber auch Schriften zur Landeskunde der Oberlausitz spielen eine große Rolle.
Weiter ging es für die Seckacher Gäste mit einer Führung durch die Görlitzer Altstadt unter Leitung der historischen Figur von Johannes Haß (1476 bis 1544), Stadtschreiber und mehrmals Bürgermeister von Görlitz. Er wusste nicht nur vieles über die historischen Gebäude rund um den Untermarkt mit dem Rathaus zu berichten, sondern auch über die Lebensumstände und Eigenheiten der Menschen jener Zeit.
Bevor es dann am Tag der Deutschen Einheit wieder nach Hause ging, traf man sich zum protokollarischen Höhepunkt einer jeden Partnerschaftsbegegnung: dem Begegnungsabend. Im voll besetzten Via-Regia-Haus hieß Bürgermeisterin Carina Dittrich auch zahlreiche Stadträte, Schulleiter, Vereinsvorstrände und Verwaltungsmitarbeiter willkommen. Bürgermeister Thomas Ludwig nutzte die Gelegenheit, um sich im Namen der Seckacher Delegation bei allen Personen zu bedanken, die wieder auf so herzliche Art und Weise zum Gelingen des Treffens beigetragen hatten, allen voran neben Bürgermeisterin Dittrich insbesondere die privaten Gastgeber und die für die Gesamtorganisation verantwortliche Leiterin der Stadtinformation Reichenbach, Bianka Senger. In ihrem gemeinsamen Resümee fassten Dittrich und Ludwig zusammen, dass die Pflege von Städtepartnerschaften in den heute wieder so unruhigen Zeiten wichtiger denn je ist. Gleichzeitig gelte es, die Begeisterung für diese Partnerschaft 33 Jahre nach ihrer Begründung an die nächsten Generationen weiterzugeben, zum Beispiel über die Schulen und die Vereine.
Interessanter Film
Nach dem Abendimbiss setze der Filmemacher Jürgen Dettling mit der Vorführung seines Dokumentarfilms „Neulich in Deutschland“ den Schlusspunkt unter diese Partnerschaftsbegegnung. Das in den Jahren 2019 bis 2021 entstandene Werk geht in Reichenbach und Seckach der Frage nach, wie weit die deutsche Einheit drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall schon vorangekommen ist. Dazu hatte Dettling viele Bürgerinnen und Bürger jeden Alters interviewt. Zahlreiche Alltagsszenen laden auch zum Schmunzeln ein. Natürlich waren die Aussagen nicht einheitlich, aber klar wurde eines: die wenigsten Probleme gibt es, wenn sich die Menschen kennen und wenn sie miteinander reden statt übereinander.
Im zweiten Teil des Films arbeitet der inzwischen in Reichenbach wohnhafte Dettling aber auch heraus, dass sich Deutschland angesichts großer Herausforderungen in einer kritischen Phase befindet, in welcher ernsthaft um den gesellschaftlichen Zusammenhalt gebangt werden muss. Sicher nicht ohne Absicht lässt Dettling die Zuschauer einem dicken Fragezeichen alleine zurück – de facto als eine Aufforderung, bei der Suche nach den Antworten und Auswegen auch selbst aktiv zu werden.
Ganz im Sinne des Weiteraktivwerdens und -bleibens hatte Bürgermeisterin Carina Dittrich noch eine Überraschung für alle Seckacher in petto, nämlich die Einladung, schon im kommenden Jahr 2024 wieder nach Reichenbach zu kommen. Damit wird zwar vom üblichen Rhythmus der gegenseitigen Besuche abgewichen, aber das Jubiläum „350 Jahre Kirchweih“ der St. Johanneskirche in Reichenbach, das am vorletzten Juni-Wochenende mit großem Festprogramm einschließlich dem Stadtfest gefeiert wird, gibt hierfür allemal Anlass genug.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/seckach_artikel,-seckach-pflege-der-partnerschaft-wichtiger-denn-je-_arid,2135430.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/seckach.html