„Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“

Ministerin Razavi: „Denkmalreise“ nach Großeicholzheim

Die Ausgrabungen an der mittelalterlichen Befestigungsanlage „Birk“ in Großeicholzheim enthüllen Geschichte zum Tag des offenen Denkmals.

Von 
Liane Merkle
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An der mittelalterlichen Befestigungsanlage „Birk“: Ministerin Razavi freute sich, dass in Großeicholzheim „Geschichte ausgegraben wird“, denn diese sei im wahrsten Sinn des Wortes „Wertvoll, aber ebenso unbezahlbar oder unersetzlich“. © Liane Merkle

Großeicholzheim. „Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“ lautet das Motto des mittlerweile 33. bundesweiten Tags des offenen Denkmals am kommenden Sonntag und der dazugehörigen „Denkmalreise“, mit der auch Nicole Razavi als Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Staatssekretärin Andrea Lindlohr MdL und Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder zusammen mit zahlreichen Fachleuten, darunter Landesarchäologe Professor Dr. Dirk Lutz Krausse und Professor Dr. Claus Wolf als Direktor am Archäologischen Landesmuseum sowie der Luftbildarchäologe Rudolf Landauer den ideellen Wert von Kulturdenkmalen in den Mittelpunkt rückten.

Vor allem Günter Schmitt-Haber als Vorsitzender des Vereins „Großeicholzheim und seine Geschichte“ (GusG), Kerstin Köpfle als Bürgermeisterstellvertreterin und Rainer Müller als stellvertretender Ortsvorsteher freuten sich, dass dabei auch die aktuellen Forschungsgrabungen unter Leitung von Dr. Folke Damminger und Marianne Lehmann M.A. zusammen mit Baggerfahrer Amed Furan und einigen Ehrenamtlichen – wie zum Beispiel Iris Masterson als Archäologin und Schriftführerin des GusG - an der frühmittelalterlichen Befestigungsanlage „Birk“ in Großeicholzheim in den Fokus rückten.

Und nachdem Kerstin Köpfle die Delegation begrüßt und die „liebenswerte Baulandgemeinde Seckach“ und ihren ältesten Ortsteil Großeicholzheim vorgestellt hatte, dankte Ministerin Razavi für den herzlichen Empfang auf dem idyllischen Gelände der „Birk“. Sie freute sich, dass hier „Geschichte ausgegraben wird“, denn diese sei im wahrsten Sinn des Wortes „Wertvoll, aber ebenso unbezahlbar oder unersetzlich“.

Unsere kulturellen Denkmale seien in Geld nicht zu beurteilen, jedoch ihr ideeller Wert mache sie aus. „Was wir als wertvoll empfinden, erzählt viel über uns als Personen und als Gesellschaft. Denkmale bewahren Erinnerungen und geben uns Halt in einer Zeit des Wandels.“ Und in die faszinierende Welt der Geschichte gehören neben Burgen, Fachwerkhäusern und Kirchenanlagen auch Bodendenkmale wie diese mittelalterliche Befestigungsanlage „Birk“ auf Gemarkung Großeicholzheim, die seit Mitte August Gegenstand einer Forschungsgrabung des Landesamtes für Denkmalpflege ist. Ihr Dank richtete sich an das der haupt- und nebenberufliche Ausgrabungsteam für dessen fachlich kompetente Arbeit, die außerdem Wissensdurst, Geduld und Ausdauer erfordere, aber auch an den Grundstücksbesitzer Lars Unangst, der diese Ausgrabung erst ermöglicht und mit Interesse verfolgt.

Professor Dr. Claus Wolf schloss sich ihrem Dank an und betonte, wie froh er sei, einmal eine so entspannte, aufgeräumte und übersichtliche Ausgrabung ohne den sonst üblichen „Baudruck“ und vor allem zu dem sehr seltenen Thema „Karolingerzeit“ durchführen zu können. Man sei überaus gespannt auf die Ergebnisse. Und davon konnte Dr. Damminger tatsächlich schon einige vorlegen, nachdem sich auch Günter Schmitt-Haber für die Grabungen – sicher ein Jahrhundertereignis für Großeicholzheim - und das Interesse im Rahmen des Deutschen Denkmaltages bedankt und die Hoffnung geäußert hatte, dass dieses neue Denkmal in Baden-Württemberg entsprechend seiner Bedeutung in Zukunft auch für die Öffentlichkeit adäquat behandelt wird. Doch diese Frage blieb leider nur spärlich beantwortet.

Bei der „Birk“ handelt es sich um eine obertägig nicht mehr sichtbare Befestigungsanlage auf einem flachen Geländesporn. Im Rahmen archäologischer Untersuchungen in den Jahren 1897/98 konnte unter anderem die zwei Meter mächtige Umfassungsmauer dokumentiert und Fundmaterial aus spätkarolingisch-ottonischer Zeit geborgen werden. Als Luftbildarchäologe Rudolf Landauer mit seiner Cessna und später mittels Spezialdrohne diesen Hof wiederentdeckt und der Denkmalbehörde vermittelt hatte, wie stiefmütterlich die Deutsche Karolingerzeit bisher erforscht sei, kamen die Dinge ins Laufen.

Die Grabungen und Magnet-Untersuchungen ergaben bisher, dass vor diesem Herrenhof wohl schon in frühkarolingischer Zeit hier eine nicht gemauerte Siedlung gestanden hat, die wohl abgebrannt ist. Im ehemaligen Haupthaus ist man bisher zwar auf wenig Keramik gestoßen, dafür konnte man aber unter anderem Gewichte für einen Standwebstuhl ausmachen, die auf Webkeller schließen lassen und auf ländliches Handwerk neben der Landwirtschaft.

Auch Glimmerware oder ein Beifuß wurden entdeckt und Dr. Damminger freut sich schon jetzt, wenn er Funde vorlegen kann, die bestimmte Theorien und Annahmen in den nächsten vier Wochen belegen können. Er wurde von der Ministerin bestärkt: „Jeder Fund an der Birk ist ein Puzzlestück, das unser Bild von der Geschichte Baden-Württembergs vervollständigt. Solche Orte sind unbezahlbar und verdienen unsere Aufmerksamkeit“. Um auch die Jugend für Geschichte zu interessieren, regte sie bei ihren Mitarbeiterinnen an, die Geschichte der Hofanlage Birk mit in ein digitales Spiel aufzunehmen, was mit Begeisterung aufgenommen wurde.

Die derzeit laufende archäologische Untersuchung wird im Rahmen des Tags des offenen Denkmals auch der Öffentlichkeit durch Führungen mit Dr. Folke Damminger und Marianne Lehmann M.A. zugänglich gemacht. Hierzu ist die Bevölkerung am Sonntag, 14. September, wahlweise um 10 oder 14 Uhr willkommen.

Im Rahmen ihrer „Denkmalreise“ machte Nicole Razavi als Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen Station an der mittelalterlichen Befestigungsanlage „Birk“. © Liane Merkle

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