Veredelungsaktion des Obst- und Gartenbauvereins - Apfelrarität nach Osterburken geholt / Blüte, Blätter, Frucht, Kerne und Holz zeigen auffällige Rotfärbung

„Roter Mond“ blüht erstmals im Bauland

Von 
Sabine Braun
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So kam der „Rote Mond“ ins Bauland: Erst mussten die Edelreiser der seltenen Apfelsorte aufgepfropft werden wie in der Aktion in Osterburken am vergangenen Freitag (links). An den im vergangenen Jahr veredelten Bäumen entwickeln sich jetzt die ersten roten Blättchen (Mitte), rechts ein aufgeschnittener Apfel der Sorte „Roter Mond“. Seit Donnerstag kann man an einigen der jungen Triebe Blüten entdecken. © Obst- und Gartenbauverein (3), Sabine Braun

Was sind das für rote Blüten an diesem ansonsten rosa-weiß blühenden Apfelbaum? Sie gedeihen an Zweigen der selten Sorte „Roter Mond“, und die kann man am Bronnacker Weg entdecken.

Osterburken. Der Obst- und Gartenbauverein hat im Frühjahr 2017 Edelreiser der alten, fast vergessenen Sorte „Roter Mond“ auf einen Apfelbaum am Bronnacker Weg aufgepfropft, berichten Alfred Bloos und Wolfgang Köhler bei einem Gang durch Osterburkens Streuobstwiesen. Auch Bloos und einige weitere Mitglieder haben das Experiment gewagt und eigene Bäume veredelt.

Blätter zeigen zartes Rot

Seit drei Wochen zeigen sich die ersten „Mond“-Blättchen, und auch sie sind zunächst rötlich gefärbt – ein interessanter und für den Laien erstaunlicher Kontrast zum „normalen“ Grün des restlichen Baums. Und seit Donnerstag kann man auch die kräftig roten Blüten der alten, russischen Sorte bestaunen.

Zwar sind die weißrosa-farbenen Blüten des „Untergrunds“, also des Mutter-Baumes, schon fast verwelkt. Trotzdem bildet die rote Blüte noch einen interessanten Kontrast dazu.

Im Herbst wird der Laie noch einmal ins Staunen kommen: Wenn an dem Baum, wahrscheinlich wieder etwas zeitversetzt, farblich und geschmacklich sehr unterschiedliche Äpfel reifen. Voraussichtlich im Oktober wird man die mittelgroßen und mittelfesten Früchte ernten können. Dann müssen sie allerdings schnell verarbeitet werden – lange lagerfähig ist die Sorte nicht.

Und warum haben die Osterburkener den „Roten Mond“ ins Bauland geholt, warum auf ihre Bäume aufgepfropft? Aus Neugier, und auch einfach aus „Spaß an der Freud’“, weil man von einem Experten gelernt hat, wie das Veredeln geht. Natürlich wollte man das auch mit dieser ganz besonderen Sorte ausprobieren, berichten die beiden Hobby-Pomologen. Denn einen besonderen Ertrag erwarten die Obst- und Gartenbaufreunde nicht von den wenigen Ästen.

Die jetzt blühenden Zweige des „Roten Monds“ werden, wenn alles gut geht, im Herbst einige wenige Früchte tragen. Auf diese sind Bloos und Köhler allerdings sehr gespannt, denn sie wissen, dass die Äpfel durch und durch rot sein werden. Daraus lässt sich pinkfarbenes Apfelmus oder Marmelade herstellen, ein origineller, rötlicher Kuchen backen oder ein roter Saft pressen.

Würzig und säuerlich

„Wegen des Geschmacks baut man den ’Roten Mond’ allerdings nicht an“, schmunzelt Wolfgang Köhler. Denn die Früchte seien eher säuerlich.

Kennengelernt haben die Osterburkener den „Roten Mond“ oder auch „Blutapfel“ bei einer Exkursion im September 2016. Eingeladen hatte der Pomologe und Obstbaumfachwart Klaus Rupp vom Obst- und Gartenbauverein Rohrbach am Gießhübel. 35 Mitglieder und Gäste des Vereins besuchten eine Blutapfelanlage im Kirschendorf Kraichtal-Unteröwisheim und wurden naturgemäß neugierig auf die rote Apfelsorte. Vor einer Woche war Klaus Rupp wieder einmal im Bauland, und als Ergebnis gibt es einige veredelte Apfelbäume mehr in Osterburken. Alfred Bloos zeigt beim Rundgang mit den FN ein kleines Bäumchen oberhalb von Osterburken, auf das der Fachmann gleich drei neue Apfelsorten „aufgepflanzt“ hat: Topaz, Red Delicious und „Schöner vom Gießhübel“, eine Rohrbacher Spezialität.

Auch sonst sind die Obst- und Gartenfreunde Osterburkens in den letzten Tagen sehr aktiv: Beim Landesschulzentrum für Umwelterziehung half man bei der Herrichtung beziehungsweise Neueinrichtung des Beerenbeetes.

Am Samstag führte eine Wiesenwanderung die wachsende Schar von Obstbaumfreunden – Bloos und sein Verein freuen sich über immer mehr Interessenten – durch die schönen, blühenden Streuobstbestände zwischen dem Gewann „Willemlein“ und dem Regionalen Industriepark (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite).

Alte Sorten geschnitten

Und in dieser Woche waren vier Aktive des Osterburkener Obst- und Gartenbauvereins beim Pomologen Hermann Schreiweis in Roigheim, um dort „Alte Sorten“ zu schneiden – alles im Interesse von Obstbau, Natur und Umwelt.

Die Geschichte der Apfelsorte

Der russische Botaniker und Obstbaupionier Iwan Mitschurin (1855 bis 1935) züchtete die kälteresistente, rotfleischige Apfelsorte „Jachontowoje“ aus dem Wildapfel „Malus niedzwetskyana“ und der Sorte „Antonovka“.

Gustav Rupp, Professor für Lebensmittelchemie und Direktor der Badischen Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Karlsruhe, hatte Kontakt zu Mitschurin.

Rupp wollte die widerstandsfähigen, rotfleischigen, säuerlich-würzigen Äpfel flächenhaft in Baden anbauen, weil er sich vom roten Pflanzenfarbstoff Anthocyanen eine stärkende Wirkung für die Bevölkerung versprach. Über eine Berliner Baumschule bezog Rupp Reiser der Sorte „Roter Mond“ und veredelte sie in Rohrbach auf eine Bittenfelder-Unterlage – wie man das auch heute noch macht.

Im Nazi-Deutschland wurden die russischen Mitschurin-Sorten dann verboten.

Oskar und Klaus Rupp (Obst- und Gartenbauverein Rohrbach am Gießhübel, aktives Mitglied der Landesgruppe Baden-Württemberg des Pomologenvereins) retteten die Sorte durch die Entnahme von Reisern für die Nachwelt, als der Rohrbacher Baum gefällt wurde. Heute kann man die Sorte wieder im Handel bekommen oder Reiser aufbringen. sab

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