Justiz

Osterburken: Stimmen befahlen Täter, 60-Jährigen zu bestehlen

21-Jähriger wegen Raubes angeklagt. Er hat im November 2022 einen 60-Jährigen in der Bahnunterführung in Osterburken überfallen

Von 
Nicola Beier
Lesedauer: 
Ein 21-Jähriger stand am Donnerstag vor Gericht, weil er im November 2022 einen 60-Jährigen in Osterburken angegriffen und beklaut haben soll. © Nicola Beier

Osterburken. Vor dem Landgericht Mosbach stand am Donnerstag ein 21-Jähriger gebürtiger Rumäne vor Gericht. Ihm wurde vorgeworfen, im November 2022 einen heute 60-jährigen Mann in der Bahnunterführung in Osterburken angegriffen, ihm den Geldbeutel unter Gewaltanwendung weggenommen und 200 Euro geklaut zu haben. Die Tat wurde auf Video aufgezeichnet, weshalb an der Schuld kein Zweifel bestand. Da der Täter aufgrund einer paranoiden Schizophrenie zum Tatzeitpunkt allerdings „akut psychotisch“ war und somit nur eingeschränkt schuldfähig ist, wurde er von Richterin Dr. Barbara Scheuble freigesprochen. Sie ordnete allerdings die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

So lief die Tat ab

Der Angriff ereignete sich am 11. November 2022. Täter Romeo L. war mit dem Zug von Stuttgart nach Osterburken gefahren. Auf dem Video der Überwachungskameras im Tunnel ist zu sehen, wie das Opfer gegen 16 Uhr die Unterführung in der Bahnhofstraße betritt. Romeo L. kommt dem 60-Jährigen entgegen und scheint zunächst an ihm vorbei zu gehen, ehe er umkehrt, den Mann von hinten angreift und umklammert. Dann schupst er ihn von der einen auf die andere Seite des Tunnels. Romeo L. entwendet ihm schließlich den Geldbeutel aus der Hosentasche und flüchtet in Richtung Stadtgarten. An die Tat könne er sich nur bruchstückhaft erinnern, gibt der 21-Jährige zu. Auch wann und warum er nach Osterburken gefahren sei, wisse er nicht. „Ich habe Stimmen gehört, die mir gesagt haben, ich soll das Geld nehmen“, beschreibt er den Grund für die Tat.

Ein 24-jähriger Mann, der kurz nach dem Angriff ebenfalls in den Tunnel kam und als Zeuge aussagte, habe noch gesehen, wie Romeo L. aus dem Tunnel gegangen sei. Der Zeuge folgte dem Täter bis in den Stadtgarten und rief währenddessen die Polizei.

Er habe beobachtet, wie der Täter auf der Brücke im Stadtgarten den Geldbeutel des Opfers durchsucht habe, schilderte er vor Gericht. Romeo L. sei anschließend weiter in Richtung Baulandhalle gegangen, bis er dort von der Polizei gestellt wurde.

„Er hat dort gemeint, dass er unschuldig sei und nicht versteht, wieso man ihn verfolgt“, erinnert sich der 24-jährige Mann. Schon zu diesem Zeitpunkt schien sich der Täter nicht mehr daran erinnern zu können, was zuvor passiert war.

„Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich kenne ihn nicht als Gewaltmensch“, sagt ein guter Bekannter von Romeo L. über den 21-Jährigen. Der freischaffende Künstler hat den jungen Mann vor fünf Jahren in Stuttgart kennengelernt, als dieser bettelte. Der 63-jährige Künstler half dem Jungen und nahm ihn nach einiger Zeit bei sich auf. Während des Lockdowns wohnte Romeo L. bei dem 63-Jährigen. „Es gab keine Vorfälle“, erklärte dieser. Allerdings sei dem Künstler mit der Zeit aufgefallen, dass Romeo L. immer häufiger "abwesend wirkte“. Zu diesem Zeitpunkt behauptete er aber noch nicht, Stimmen zu hören.

Gemeinsam mit zwei Freunden überfiel er 2020 in Bad Cannstatt eine Prostituierte und stahl ihr den Geldbeutel mit 300 Euro, wofür er zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Auch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln wurde er drei Mal verurteilt, wobei der Künstler nicht mitbekommen habe, dass er Marihuana konsumiert habe.

Wegen seines Verhaltens wurde der Angeklagte im August 2020 erstmals in einer Klinik behandelt und bekam Medikamente. Dort diagnostizierte man auch die paranoide Schizophrenie. Nach wenigen Woche entließ sich Romeo L. jedoch selbst und zog wieder bei dem 63-Jährigen ein. Dort sei der junge Mann dann überzeugt gewesen, dass er durch LED-Lampen überwacht und ausspioniert werde, beschreibt der 63-Jährige. Einmal bemerkte dieser auch, dass Romeo L. mit sich selbst redete. Wegen der Stimmen im Kopf, die ihm sagten, er solle Menschen verletzten, ging er freiwillig mehrfach zur Polizei und hoffte dort auf Hilfe. Die Beamten verhafteten ihn aber nicht. So kam es wenige Monate später zur Tat in Osterburken. Die Diagnose „Paranoide Schizophrenie“, gemeinsam mit den Aussagen der Zeugen und des Täters deuten auf eine „akut psychotische“ Handlung im Tunnel hin, weshalb Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine Freilassung und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus plädierten. Richterin Dr. Scheuble kam dem nach.

Redaktion Im Einsatz für die Redaktionen Buchen und Sport

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten