Osterburkener Bahnhofsgebäude

Bahnhof Osterburken: Auf der Suche nach Konzept und Investor

Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, hat am Mittwoch den Osterburkener Bahnhof besichtigt. Sie wünscht sich, dass neues Leben in das historische Gebäude einkehren möge.

Von 
Martin Bernhard
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Zukunft ungewiss: das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude von Osterburken. © Helmut Frodl

Osterburken. Die Besichtigung eines historischen Gebäudes gleicht meist einer Entdeckungstour. Das stellten auch die etwa 25 Teilnehmer fest, die Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, und Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz, am Montagnachmittag bei deren Rundgang durch das Osterburkener Bahnhofsgebäude begleiteten. Der CDU-Stadtverband Osterburken und die „Junge Union Bauland“ hatten zu diesem Termin eingeladen. Denn man will von dem Sonderprogramm „Wohnen im Kulturdenkmal“ der Landesregierung profitieren und hofft auf die Unterstützung der Ministerin.

Entdeckungstour durch Bahnhof

Und so erklommen die Teilnehmer die Treppen in den beiden Türmen. Sie besichtigten die Vereinsräume der BSW-Fotogruppe und erfuhren dort von Architekt Egon Bermayer, dass man über einen Balkon und Aufzug die Wohnungen in den beiden Geschossen von außen erschließen könne.

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Die Besuchergruppe wurde über Wasserschäden informiert, die entstanden waren, weil der vormalige Eigentümer, die Deutsche Bahn, das Gebäude weitgehend sich selbst überlassen hatte. Man erfreute sich im anderen Turm an einem Kachelofen und fühlte sich an längst vergangenen Zeiten erinnert, als man auf ein Bad mit einem mit Holz zu beheizenden Warmwasserspeicher stieß. Die Teilnehmer waren immer wieder begeistert von den großen Räumen, aus denen man schöne Wohnungen machen könnte. Im Gewölbekeller war es angenehm kühl. Wer den Spinnweben ausweichen wollte, musste geduckt laufen. In einem ehemaligen Partykeller waren Bilder unter anderem von Gerd Müller und Marilyn Monroe aufgehängt. Manch einer fühlte sich an seine Jugendzeit erinnert.

Neues Leben einhauchen

Vor der Besichtigung hatte sich die Gruppe im Ausstellungsraum des Bahnhofs getroffen. „Unser Bahnhof steht stellvertretend für viele Bahnhöfe“, stellte Margarete Horb, CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat Osterburken, fest. „Es gilt, ihm wieder Leben einzuhauchen.“ Viele Menschen aus der Stadt seien dem Bahnhof „mit Herzblut verbunden.“

© Martin Bernhard

Bürgermeister Jürgen Galm ging auf die Geschichte des Gebäudes ein. So sei der Bahnhof im Jahr 1861 erbaut worden. Fünf Jahre später sei die Staatsbahn in Betrieb gegangen. Wenn Züge mit Schlafwagen in Osterburken hielten, seien Bäcker und Metzger gelaufen gekommen, um die Reisenden zu verköstigen. „Da muss richtig was los gewesen sein“, vermutete der Bürgermeister.

Heute zählt man nach den Worten vom Galm an Schultagen 3500 bis 4000 Reisende. Dass das Bahnhofsgebäude, das die Stadt inzwischen erworben hat, sich in einem so maroden Zustand befinde, verdanke man dem Vorbesitzer. „Die Bahn hat jahrzehntelang keinen Euro in den Bahnhof gesteckt“, sagte Galm. Die Stadt versuche, den Bahnhof mit dem angrenzenden Postareal zu vermarkten. Doch der Denkmalschutz schrecke Investoren ab.

Landrat Dr. Achim Brötel wies auf die kulturhistorische Bedeutung des Bahnhofs hin. So sei dieser nach dem Vorbild des Karlsruher Hauptbahnhofs dem Ideal eines barocken Schlossbaus nachempfunden und verfüge über eine klassizistische Fassadengestaltung. Brötel stellte einen „beispiellosen Niedergang der Deutschen Bahn“ fest, der sich auch am Zustand ihrer Bahnhofsgebäude auf dem Land erkennen lasse. „Der Zustand vieler Haltepunkte im ländlichen Raum ist fernab der normalen Standards des zivilisierten Lebens“, sagte Brötel. Er lobte die Stadt Osterburken dafür, das zentral gelegene Gebäude erworben zu haben. Jetzt gehe es darum, ein umsetzungsfähiges Konzept zu entwickeln. Er appellierte an die Vertreter des Denkmalschutzes, sich hier kooperativ zu erweisen. „Man kann nämlich auch in Schönheit sterben“, mahnte der Landrat.

Wohnen im Kulturdenkmal

„Osterburken war schon zur Römerzeit Verkehrsdrehscheibe“, stellte Ministerin Nicole Razavi fest. „Der Bahnhof stiftet Identität für Osterburken und die Raumschaft.“ Man wolle solchen identitätsprägenden Gebäuden wieder Leben einhauchen. „Wohnen im Kulturdenkmal ist mir sehr wichtig“, sagte Razavi. Sie betonte, dass sich die Denkmalschutzbehörde als „Ermöglicher, nicht als Verhinderer“ vestehe. „Denkmalschutz funktioniert nicht unter der Käseglocke“, sagte die Ministerin.

Der Osterburkener Bahnhof soll kein Museumsstück werden. Denn in Zeiten des Wohnungsmangels zähle jede Wohnung, auch die in denkmalgeschützten Gebäuden. Sie wies auf das Sonderprogramm „Wohnen im Kulturdenkmal“ hin. Bis Ende September kann man Konzepte und Leuchtturmprojekte einreichen.

Redaktion

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