Osterburken. Zwei Welten trafen am Freitagabend in Osterburken aufeinander: Vor der Halle skandierten rund 250 Demonstranten „Ganz Osterburken ist gegen die AfD“ und „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“. Sie hielten sich, wie von der Ordnungsbehörde vorgeschrieben, in einem mit Trassierband abgetrennten Korridor auf. Jenseits dieser Grenze betraten die Teilnehmer des „AFD-Bürgerdialogs“ – Menschen, wie man sie dem Augenschein nach in jedem Supermarkt, in jeder Kneipe und an jeder Bushaltestelle treffen könnte – die Baulandhalle. Nur ein Mal drohte die Situation zu eskalieren: „Du traust dich wohl nicht, du Feigling“, schrie ein Demonstrant im Alter von Mitte 30 einem untersetzten glatzköpfigen Ankömmling des „AFD-Bürgerdialogs“ zu. Dieser schien sich doch zu trauen und drohte, die Trassierbandgrenze zu überschreiten. Er wurde von Ordnern daran gehindert, und beide Beteiligte wurden beruhigt. Ansonsten liefen beide Veranstaltungen friedlich ab.
Innehalten am Gedenkstein
Die Teilnehmer der Demonstration unter dem Motto „Den Rechten keinen Raum“, zu der unter anderem SPD, Grüne, IG-Metall, die Initiative „Herz statt Hetze Neckar-Odenwald“ und der Deutsche Gewerkschaftsbund aufgerufen hatten, versammelten sich gegen 17.30 Uhr am Bahnhof in Osterburken. Von dort liefen sie durch die Unterführung, an der Sparkasse vorbei und die Galgensteige hinauf zum „Bürgerpark Alter Friedhof“. Hier befindet sich ein Gedenkstein, der an etwa 800 KZ-Häftlinge erinnert, die kurz vor Kriegsende in einem Zug in Osterburken gestrandet waren. Mindestens 16 von diesen starben an Unterernährung, Krankheiten und Entkräftung. Dorothee Roos, Vorsitzende des Vereins „KZ-Gedenkstätte Neckarelz“, erinnerte in einer Ansprache an das Leid, das Nationalsozialisten Juden, politischen Gegnern und Randgruppen zugefügt hatten. Sie zitierte die AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum aus Lauda-Königshofen, die die bisherige Erinnerungskultur in Deutschland infrage stellt, und wies auf den Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung hin. Anschließend sang ein Musiker das Lied „Wir sind die Moorsoldaten“, das 1933 im KZ Börgermoor entstanden war. Dann zogen die inzwischen etwa 250 Demonstranten skandierend vor die Baulandhalle.
Dort waren im Foyer Sicherheitskräfte damit beschäftigt, Besucher nach möglichen Waffen abzutasten. Beim Eintritt in die Halle war für kurze Zeit im Hintergrund leise die Nationalhymne zu hören. Später warteten die Teilnehmer zu modernen Rhythmen auf den Beginn der Veranstaltung. „Liebe Freunde, liebe Patrioten“, eröffnete Carolin Birzer, Büroleiterin von Christina Baum, den „Bürgerdialog“. Sie freute sich darüber, dass so viele Leute „sich ein eigenes Bild machen wollen, trotz Hass und Hetze der Medien“. Sie sprach vom „Hass der Regierung gegen das Volk“ und davon, dass „unschuldige Bürger zu Staatsfeinden erklärt“ würden wie der bayerische Landtagsabgeordnete Daniel Halemba. Gegen diesen ermittelt die Staatsanwaltschaft Würzburg wegen „Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ (wir berichteten).
Dr. Christina Baum war trotz eines Ischiasleidens in die Baulandhalle gekommen. Sie bezeichnete die Demonstranten als „verirrte Schafe“ und betonte, dass es zwischen der Bevölkerung und der AfD keine Brandmauer gebe. Baum ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags und sprach sich für die Homöopathie als anerkannte Heilmethode und gegen Pflichtimpfungen aus.
Gegen Verbrennermotor-Verbot
Dr. Dirk Spaniel, verkehrspolitischer Sprecher seiner Partei, würde, wenn er in Regierungsverantwortung stünde, das Neuzulassungsverbot von Autos mit Verbrennermotor ab 2035 aufheben. Bundestagsabgeordneter Karsten Hilse aus Bautzen äußerte Zweifel daran, dass der Klimawandel menschengemacht sei, und bezeichnete die Klimapolitik als „Vehikel, um sozialistische Verhältnisse“ einzuführen.
In der Fragerunde ging es unter anderem um die Themen Coronamaßnahmen, EU-Austritt, 49-Euro-Ticket, Lkw-Maut, den Rechtsstaat in Deutschland, die Ampel-Regierung, Wahlfälschung, den Ukraine-Krieg und das „Bündnis Sahra Wagenknecht“.
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