Mulfingen. Niedrigere Steuern, wo gibts denn sowas? Seit Mittwoch steht die Antwort fest: In Mulfingen. Bei seiner jüngsten Gemeinderatssitzung senkten die Räte auf Vorschlag von Bürgermeister Sören Döffinger die Hebesätze für die Gewerbesteuer von 360 auf 340 Punkte.
Bereits im Vorfeld der Sitzung bestätigte Sören Döffinger im Gespräch mit den FN, dem Gemeinderat einen entsprechenden Vorschlag als „Signal an die Firmen und nach außen“ machen zu wollen. „Ob es aber durchgeht, weiß ich noch nicht“, ergänzte der junge Rathauschef schnell.
Die Unsicherheit hat einen Grund: Die Gewerbesteuer gilt als wichtigste Einnahmequelle für Kommunen. Ein Absenken der Gewerbesteuer bedeutet dementsprechend niedrigere Einnahmen für die Gemeindekasse. In Zeiten von allgemein angespannten Finanzen in zahlreichen deutschen Kommunen sicher ein Schritt, der nicht nur kritiklos aufgenommen werden könnte.
So sah es wohl auch Döffinger. Noch bevor er den Vorschlag im Gemeinderat konkret zur Sprache brachte, wählte er einen verhältnismäßig langen Einstieg. „Von rund einer Million Euro Gewerbesteuer landen nur etwa 180 000 Euro bei der Stadt, der Rest geht an die höheren Ebenen“, erklärte Döffinger beispielsweise. Man wolle neue Wege gehen. „Wir agieren im Miteinander, wir leben von den Firmen vor Ort“, führte er weiter.
Dann die Überleitung zum konkreten Vorschlag. „Die Gewerbesteuer belastet die Firmen, bei denen aktuell ohnehin die Kurzarbeit ein Thema ist“, so der Bürgermeister. Als Signal, dass man zu den Unternehmen auch in schwierigen Zeiten stehe, schlage er daher eine Senkung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer von aktuell 360 auf nun 340 Punkte vor.
Nun lagen die Karten also offen auf dem Tisch. Konkret bedeutet das aber auch Mindereinnahmen von rund 300 000 Euro jährlich. „Wir gehen einen Schritt zurück, um perspektivisch zwei bis drei Schritte nach vorne zu gehen“, versuchte sich Döffinger an einer positiven Einschätzung des Fehlbetrags.
Trotz niedrigerer Steuern kein Minus bei der Gemeinde?
Denn das Minus bei der Steuer soll sich nach Vorstellungen des Amtsinhabers nicht zwingend in Mulfingen bemerkbar machen. Neue Spenden und Kooperationen der Firmen mit der Gemeinde sollen das entstehende Steuerloch anderweitig schließen – und vielleicht sogar noch übertreffen. Darüber hinaus soll von der Senkung eine Signalwirkung über die Gemeinde hinaus an Firmen in der Region ausgehen, die Mulfingen als interessanten Standort für ihr Gewerbe neu entdecken könnten.
Doch die Entscheidung zur Steuersenkung lag nicht alleine bei Sören Döffinger, der von seinem Vorschlag natürlich überzeugt war. Der Gemeinderat müsste ein solches Vorhaben absegnen und es zeichneten sich prompt einige Wortmeldungen ab.
„Das wäre ein sehr gutes Zeichen in schweren Zeiten“, befand Thomas Lanig, denn den Betrieben gehe es nicht so gut. Kollege Karl-Heinz Model war erstmal überrascht von der Idee Döffingers. „Aber wenn die Darstellung so stimmt, ist das für mich in Ordnung“, ergänzte er.
Model sprach damit einen Aspekt an, der mehreren Räten wichtig war. Sie machten deutlich: Die Senkung an sich ist in Ordnung, es soll aber dadurch eben kein Fehlbetrag in Mulfingen selbst entstehen. „Wenn wir den kommunalen Fehlbetrag durch andere Quellen wieder reinholen, stimme ich dem zu. Andernfalls müssen wir wieder über eine Erhöhung reden und diese Gespräche mit den Unternehmen dürfen sie dann auch führen“, ließ Gemeinderat Martin Landwehr zumindest leise Vorsicht anklingen.
Wie denn das Landratsamt zu solchen Vorschlägen stehe? „Das ist meine Aufgabe, dort die Überzeugungsarbeit zu leisten“, wich Döffinger grinsend einer direkten Antwort aus. Denn natürlich wird man auch dort zur Kenntnis nehmen, dass eine Kommune ihre Einnahmen durch eine eigene Entscheidung verringert. Zumal diese auch Auswirkungen auf die Kreisumlage, eine Abgabe der Gemeinden an den Landkreis abhängig von der Finanzkraft, haben kann.
Räte loben Bürgermeister für „sehr progressive“ Idee
„Wir waren in den Vorgesprächen sehr überrascht, sehen den Vorschlag jetzt aber sehr positiv“, so Sabine Hirschlein in der Debatte. Es sei ein Anreiz für Unternehmen und „eines der ersten Ergebnisse Ihrer Arbeit“, beschrieb Hirschlein in Richtung Döffinger.
Die Stimmung war trotz auf dem Papier geringerer Einnahmeerwartungen sehr gut. Welche Erfolgsaussichten eine Senkung um weitere 20 Punkte hätte? „Das Signal wäre natürlich umso größer, aber der Marsch aufs Landratsamt wäre immer schwieriger“, kam die Antwort mit einem Schmunzeln seitens der Verwaltungsbank. Der Bürgermeister wäre einer solchen Idee grundsätzlich wohl nicht abgeneigt, merkte man hier.
Letztlich nahmen die Räte den Vorschlag Döffingers mit großem Lob für „eine fortschrittliche“, „progressive“ Idee einstimmig an. Sehr zur Freude und Erleichterung des Bürgermeisters: „Wir bringen damit etwas Tolles in Fahrt, das ist ein gutes Signal nach außen.“ Die neuen Hebesätze – auch für die Grundsteuer A und B – gelten ab 1. Januar 2025 für zwei Jahre.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Warum die Steuersenkung in Mulfingen absolut korrekt ist