Schrozberg. Drei Einsprüche gegen die Gemeinderatswahl sorgen in Schrozberg für Aufregung. Einer davon kommt von Stadtrat Hans-Joachim Feuchter – nicht überraschend, sondern mit Ansage.
Rückblende in den Sommer 2022: Der Schrozberger Gemeinderat diskutiert über die unechte Teilortswahl. Handelt es sich dabei um ein überkommenes Relikt aus längst vergangenen Eingemeindungstagen oder um ein bis heute wichtiges Instrument, das die Repräsentation der Teilorte in der Stadtpolitik sichert? Um diese Frage ging es seinerzeit. Und die Meinungen gingen weit auseinander. Man müsse „in der Fläche denken, nicht in Teilorten“, sagte Susanne Martens (Wahlgemeinschaft für Jedermann) und plädierte für die Abschaffung der Teilortswahl. Ulrich Herrschner (Freie Wählervereinigung) hingegen sah eine „Rothenburgisierung“ Schrozbergs am Horizont aufziehen: In der mittelfränkischen Nachbarschaft seien Ortschaften wie Leuzenbronn oder Bettenfeld nicht mehr am Ratstisch vertreten – „und wer da rüberfährt, der sieht das auch“, so Herrschner. Dass überhaupt diskutiert wurde, lag an einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 19. Juli 2022. Die Richter hatten die Tauberbischofsheimer Gemeinderatswahl von 2019 für ungültig erklärt. Eine Bürgerin aus Impfingen, dem zweitgrößten Stadtteil, hatte geklagt, weil sie ihre Stimme als unterrepräsentiert betrachtete. Die unechte Teilortswahl sorgt nämlich dafür, dass Stadtteilen eine bestimmte Sitzzahl im Gremium garantiert ist – was zu Verzerrungseffekten führt. Im Falle von Tauberbischofsheim sah das Gericht die Verzerrung als zu groß an. In Crailsheim ist sie teilweise noch größer, auch dort wurde Einspruch gegen die jüngste Gemeinderatswahl eingelegt.
Und in Schrozberg? Die Verwaltung zeigte 2022 auf, dass es auch dort deutliche Über- und Unterrepräsentationen gebe, aber etwas weniger gravierend als in Tauberbischofsheim. Der Gemeinderat stimmte letztlich mit großer Mehrheit gegen die Abschaffung der unechten Teilortswahl. Ein Kompromissvorschlag der WfJ, das Stadtgebiet in drei Bezirke – Ost, West, Hauptort – aufzuteilen, stieß nicht auf Gegenliebe. Schon damals kündigte Stadtrat Hans-Joachim Feuchter an, notfalls selbst den Klageweg zu beschreiten. Die verzerrende Wirkung der Teilortswahl sei 50 Jahre nach der Gemeindereform nicht mehr zu akzeptieren. Feuchter bekennt sich dazu, einen von drei Einsprüchen gegen die Gemeinderatswahl 2024 beim Landratsamt in Hall eingereicht zu haben. Er spricht von „heftigen Reaktionen“ auf diesen Schritt – und begründet ihn so: „Der Hauptort ist aktuell mit 3873 Einwohnern zu fast 20 Prozent (minus 19,22 Prozent) unterrepräsentiert, die Teilorte Bartenstein mit 376 Einwohnern (plus 30,5 Prozent), Ettenhausen mit 168 Einwohnern (plus 37,9 Prozent), Schmalfelden mit 331 Einwohnern (plus 38,8 Prozent) und die restlichen Teilorte sind allesamt deutlich bis extrem überrepräsentiert.“ Vergleiche man den Hauptort mit manchem Teilort, ergebe sich ein Unterschied von oftmals über 50 Prozent. Es gehe ihm nicht darum, den Hauptort und Teilorte oder einzelne Weiler gegeneinander auszuspielen, betont Feuchter. Und heute wie schon vor zwei Jahren weist der WfJ-Stadtrat darauf hin, dass er auch nicht die Abschaffung der Ortsverfassungen anstrebe. „Teilorte brauchen Ortschaftsrat und Ortsvorsteher“, sagt Feuchter. „Beide sollen mit Anliegen, Wünschen und Beschlüssen auf den Gemeinderat einwirken. In Schrozberg ist das mit meiner Zustimmung stets gelebte Realität gewesen.“ Vor diesem Hintergrund sei es keineswegs schlimm, wenn ein Teilort irgendwann einmal keinen Vertreter im Rat haben sollte. Der Ortschaftsrat sei entscheidend.
Feuchter wirbt noch einmal für die Drei-Wahlbezirke-Lösung, mit festen Sitzzahlen entsprechend der Einwohnerzahlen: „Das wäre eine modifizierte unechte Teilortswahl, aber eine gerechte, und die 22er-Gesamtzahl des Gemeinderats würde bleiben.“ Die Entscheidung des Gemeinderats, die Ungleichgewichte einfach zu belassen, habe keine Zukunft. Deshalb habe er ein „ganz normales rechtsstaatliches Verfahren angestoßen“. Er fragt: „Ist es jetzt anrüchig, mit Fakten belegte Ansichten zu vertreten?“
Die drei Einsprüche gegen die Schrozberger Wahl liegen dem Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde vor. „Zunächst werden die Stellungnahmen der Stadtverwaltung Schrozberg eingeholt. Danach werden die Einsprüche unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen geprüft“, schreibt das Amt auf Nachfrage. „Eine konkrete Zeitangabe zur Verfahrensdauer kann heute noch nicht genannt werden.“ Würde einem der Einsprüche stattgegeben, müssten die Hauptsatzung geändert und die Wahl wiederholt werden. Sieht das Landratsamt die Wahlanfechtungen nicht als begründet an, steht weiterhin der Klageweg offen.
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