Schrozberg. Der Schrozberger Gemeinderat hat einen schwierigen Haushaltsplan beschlossen: 2,5 Millionen Euro Defizit sind veranschlagt. In Alarmstimmung versetzte das aber nur eine Fraktion.
Mit den Reden der Fraktionssprecherinnen und -sprecher erreichen in Schrozberg die Haushaltsberatungen ihren Höhepunkt, bevor endgültig über das Zahlenwerk entschieden wird.
Drei Gegenstimmen gab es diesmal, samt und sonders von der Wahlgemeinschaft für Jedermann (WfJ), alle anderen Stadträte votierten für den finanzpolitischen 2024er-Fahrplan.
Entsprechend war zuvor der Tenor der Reden ausgefallen. Während Freie Wählervereinigung, CDU und SPD bei aller Problemdiagnostik für Gelassenheit plädierten, eröffnete Susanne Martens (WfJ) ihre Ausführungen „mit einem aufrichtigen Appell zur Wachsamkeit und Besorgnis“. Der vorliegende Haushaltsplan verlange, die Realität ungeschönt zu betrachten.
Auch Ulrich Herrschner (Freie Wähler) färbte nichts schön, als er das 2,5-Millionen-Defizit an den Anfang seiner Ausführungen stellte und sich die Erträge und die Ausgaben anschaute. Die Gewerbesteuer habe Kämmerin Carmen Kloß gewohnt vorsichtig kalkuliert, ansonsten sei das Aufkommen recht stabil und biete keine großen Potenziale zum Löcherstopfen. Auf der Ausgabenseite warf er einen Blick auf steigende Personalkosten, die nicht zuletzt mit komplexeren Anforderungen zusammenhingen: „Umsatzsteuer, Doppik, Flüchtlingsunterbringung, Schaffung einer Krippe, vom Rat gewünschte Personalumstrukturierung, mehr Teilzeit.“ Gleichzeitig werde eine Rekordsumme von 8,4 Millionen Euro investiert – etwa in Brandschutz, also beispielsweise Feuerwehrgerätehäuser, in Infrastruktur wie Straßen und Wege und Maßnahmen zur Reaktion auf den Klimawandel. Trotz des negativen Ergebnisses sei es gut, viel zu investieren: „Die geplant höhere Verschuldung wird sich positiv auf unsere Stadt auswirken. Das Geld ist nicht verfrühstückt.“
Herrschner ging außerdem noch auf die zunehmende Bürokratie ein – und zeigte sich wenig zuversichtlich, dass sich daran so schnell etwas ändert. Denn: Weniger Regeln bedeuteten niedrigere Standards und weniger Gerechtigkeit. „Abbau von Bürokratie würde auch mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit von jedem einfordern. Eigentlich gut, im Gegenzug bräuchten wir dann aber auch eine Toleranz für Fehler und Unschärfen bei Entscheidungen“, sagte Herrschner.
Lothar Mühlenstedt (CDU) warf einen Blick zurück auf das, was 2023 erreicht wurde. „Es zeigt, dass wir trotz knapper Kassen für unsere Stadt noch einiges auf den Weg bringen können“, so Mühlenstedt.
Das Minus von 2,5 Millionen Euro im Jahr 2024 bedeute indes: Umsetzungszeiträume müssten eventuell gestreckt werden, manche Projekte ausgesetzt, vielleicht auch ganz aufgegeben werden. Der Schwerpunkt im Haushalt liege zwar auf der Erfüllung von Pflichtaufgaben, aber auch hier gelte: nicht alles und nicht zu jedem Preis. Ein Haushaltsplan sei freilich sowieso nicht in Stein gemeißelt, betonte Mühlenstedt. Das Planwerk sei für Verwaltung und Rat eine „Leitplanke“.
Mühlenstedt kritisierte scharf, dass die Kreisumlage um ein Prozent steigt. An den Landkreis Hall müssten deshalb 530 000 Euro mehr abgeführt werden. Das sei kontraproduktiv: „Solange ein Landkreis noch die Kommunen in der Rückhand hat und dort immer noch mehr Umlagen eintreiben kann, solange wird es auch in der Kreisverwaltung kein Umdenken geben“.
Der Christdemokrat erwartet, dass sich die Rahmenbedingungen für Kommunen weiter verschlechtern, also etwa weniger Fördermittel bereitstehen. Umso wichtiger sei es, sich auf die eigenen Kräfte zu besinnen – Wohnraum und Gewerbeplätze für junge Menschen schaffen, Jungunternehmer unterstützen, Vereinsarbeit fördern. Die Mitglieder der SPD-Fraktion fehlten in der Sitzung entschuldigt, deshalb verlas Bürgermeisterin Jacqueline Förderer die vorbereitete Haushaltsrede. Das ausgewiesene Ergebnis verwundert aus Sicht der Sozialdemokraten nicht, „haben wir doch in den vergangenen Jahren und Monaten lohnende Investitionen angeschoben und beschlossen“. Eine „temporäre Aufnahme von Fremdkapital“ sei ein bewährtes und auch völlig legitimes Mittel, um eine Kommune voranzubringen und zukunftssicher zu gestalten. Große Investitionen brächten über Jahre und Jahrzehnte konkrete Mehrwerte.
Die SPD plädiert dafür, sich weiterhin nicht nur auf Pflichtausgaben zu konzentrieren. „Auch künftige Entscheidungen wollen wir mit einer gehörigen Portion Mut, gepaart mit der nötigen Vernunft, die Chance geben, unsere Stadt weiterzuentwickeln, um nicht nur den Status quo zu verwandeln.“ Denn Stillstand sei Rückschritt.
Stillstand will auch die Wahlgemeinschaft für Jedermann nicht. Aber Susanne Martens klang weniger optimistisch als die SPD. „Bei uns sind 2,5 Millionen Defizit ohne Aussicht auf Besserung nicht akzeptabel. Wenn die Zahlen wie vorgelegt im Haushalt stehen bleiben, können wir dazu unsere Zustimmung nicht erteilen“, betonte Martens. So kam‘s dann auch.
Man sei derweil nicht Neinsager und Ablehner, sondern mache auch Vorschläge. Es sei „von größerer Wichtigkeit, eine gründliche Analyse zu starten, um die aktuellen finanziellen Engpässe zu überwinden“. Zum Beispiel beantragte die WfJ die Einrichtung einer Haushaltsstrukturkommission, was abgelehnt wurde. Außerdem, so Martens, bestehe die Herausforderung der Stunde darin, „genau zu untersuchen, auf welches Personal verzichtet werden kann und welche Aufgaben zukünftig möglicherweise effizienter in privatwirtschaftliche Hände überführt werden können“. Vorschläge waren darüber hinaus unter anderem, den Gewerbesteuer-Planansatz zu erhöhen, die Beträge für das Hochwasserschutzprojekt in Zell aus dem Plan zu nehmen, die Ersatzbeschaffung eines Feuerwehrfahrzeugs für Schrozberg zu verschieben, „solange die Sicherheit der Bürger nicht gefährdet ist“ und Vorschläge für eine Verringerung des Friedhofsdefizits vorzulegen. Vielmehr müsse die Stadt aber beim Thema Fotovoltaik auf städtischen Gebäuden tun. Und die WfJ beantragte eine Summe von 20 000 Euro für Bürgerideen zur Steigerung der Attraktivität der Stadt. Beides lehnte der Gemeinderat ab.
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