Aub. „Die Hessen kommen!“ schallte es am Samstag durch die Straßen von Aub. Die Auber Stadtwache war zur Stelle, versperrte am Stadtturm den Zugang zur Stadt. Der Kaufmannszug aus Seligenstadt war wieder da.
Trommelschläge schallten weithin hörbar durch die Straßen. Männer in bunten Uniformen, teils mit Trommeln, teils mit Gewehren ausgerüstet, marschierten auf die Stadt zu. Planwagen folgten, Menschen zu Fuß und auf den Wagen fahrend bewegten sich auf das Auber Stadttor zu.
Seit 20 Jahren, turnusgemäß alle vier Jahre, machen sich Menschen aus Seligenstadt auf den Weg. Wie die Vorfahren zur Zeit des Rokoko bewegen sie sich mit Pferdekutschen oder zu Fuß, dieses Mal von Augsburg kommend, auf ihr heimatliches Seligenstadt zu. Wie seinerzeit die Kaufleute, die Wagen beladen mit Waren, gemeinsam im Konvoi und unter Geleitschutz, um Wegelagerer und Räuber abzuschrecken, sind sie unterwegs, schlüpfen für eine oder zwei Wochen in Kostüme und wollen das Leben der Kaufleute aus jener Zeit nachempfinden.
Rund 20 Fuhrwerke, gezogen von etwa 45 Pferden, begleitet von rund 190 Darstellern ist der Kaufmannszug unterwegs. Die Nacht vorher haben sie in Rothenburg verbracht, am Samstag hatten sie sich mit einer Geschwindigkeit von sieben bis acht Stundenkilometern, der Schrittgeschwindigkeit der Pferde, auf den Weg nach Aub gemacht, wo sie am Nachmittag ankamen.
Kaufleute, Soldaten, Fuhrleute, Pilger, Knechte und Mägde werden nun am Stadttor von der Auber Stadtwache angehalten. Ob alle gesund seien, ob sie ansteckende Krankheiten mitbringen, wollte der Hauptmann wissen. Die Kaufleute verneinten und durften schließlich, nicht bevor ein Obolus den Besitzer gewechselt hatte, den Stadtturm passieren.
Zum sechsten Mal in Aub
Unter lautem Trommelschlagen zogen die Fußsoldaten, Fuhrwerke und kostümierten Darstellerinnen und Darsteller in die Stadt ein. Beeindruckt zeigen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn ein Wagen nach dem anderen die steile Etzelstraße hinabfuhr, wenn Begleitpersonen die Fuhrwerke mit Hilfe von Seilen bremsen mussten und sich die Fuhrwerke schließlich am Marktplatz sammelten.
In Aub machte der Kaufmannszug zum sechsten Mal Station. Hier wurden die Seligenstadter vom ersten Mal an herzlich aufgenommen, hier rasten sie jeweils einen Tag lang, gönnen auch den Pferden, die die Wagen ziehen, einen Tag Ruhe. Viele Freundschaften sind bereits entstanden. „Wenn wir Aub erreichen, ist es fast schon wie eine Heimkehr,“ erklärten die Kaufleute beim Empfang auf dem Marktplatz. Bürgermeister Roman Menth, eskortiert von den Mitgliedern des Stadtrates, war gekommen, um die Kaufleute willkommen zu heißen.
Ein Teil der Mitreisenden wurde auf private Quartiere verteilt, ein Teil nächtigte bei den Pferden und Wagen. Alle zusammen begaben sich nach der Begrüßung zum Festplatz am Spitalgelände, wo die Historische Trachten- und Stadtkapelle für die Bewirtung sorgte und der Abend in froher Stimmung ausklang. Gemäß dem alten Stapelrecht packten die Kaufleute auch ihre Waren aus, bauten Verkaufsstände an und boten den Bürgerinnen und Bürgern ihre Waren zum Kauf an. Den Sonntag verbrachten die Kaufleute und ihr Tross in Aub, ehe es am Montag weiterging, via Unterwittighausen, dem heimatlichen Seligenstadt entgegen.
Dort werden sie am Wochenende zurückerwartet. ag
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