Buch herausgegeben

Rothenburg und sein Umland spielten im Bauernkrieg eine wichtige Rolle

Horst F. Rupp und Gerhard Simon widmen sich dem Prediger Teuschlein, der in Rothenburg hingerichtet wurde

Von 
Dieter Balb
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Rothenburg. Die seit 750 Jahren freie Reichsstadt geht harten Zeiten entgegen – der Bauernkrieg naht! Aber zum Glück nur in der Erinnerung: Auf das veranstaltungsreiche Festjahr der seit 1274 königlich privilegierten Reichsstadt folgt 500 Jahre nach dem 1525 blutig niedergeschlagenen Bauernaufstand gleich das nächste Gedenkjahr. Der nahtlose Übergang fand kürzlich mit einer wissenschaftlichen Tagung über den Rothenburger Prediger Johannes Teuschlein als Einstieg ins kommende Thema statt, wozu jetzt noch das ausführliche Buch erschien. Was die Schauplätze des Aufstandes anbelangt, so haben Rothenburg und das Taubertal einiges beizusteuern.

In jener Zeit galt Rothenburg als mächtige und einflussreiche Stadt, die im Reichstag Gewicht hatte und der Bürgermeister Heinrich Toppler (1350 – 1408) mit der Landhege ein großes Territorium beschert hatte, weit ins benachbarte heutige Württemberg hineinreichend. „Eines der Aufstandszentren war Franken, und hier bildete die im Grenzgebiet von Hohenlohe und Franken gelegene Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber einen Hotspot des Geschehens“, bringt es Prof. Dr. Horst Rupp auf den Punkt.

Er hatte zusammen mit Dr. Gerhard Simon nicht nur die hochkarätige Tagung organisiert, sondern beide sind auch Herausgeber des wissenschaftlich fundierten Werkes über den lutherischen Prediger Johannes Teuschlein (zirka 1485 – 1525), der als prägende Gestalt Rothenburgs im Frühjahr 1525 gesehen wird. Er stammte aus Frickenhausen am Main und hatte vor Rothenburg im benachbarten Windsheim gewirkt.

Auch der Wittenberger Reformator Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, gehört zu den wichtigen zur Bauernkriegszeit in Rothenburg agierenden Personen. Spannende Episoden dazu finden sich im reich bebilderten Buch mit vielen Dokumenten ausführlich beschrieben. Außerdem bot der Taubertäler „Pfeifer von Niklashausen“ schon lange vor dem Bauernaufstand mit seinen sozial-revolutionären Reden einen Vorgeschmack auf die späteren Unruhen. Zigtausende sind ihm gefolgt. Der aufrührerische Prediger endete bereits 1476 am Schottenanger in Würzburg, wo man ihn als Ketzer und Volksaufwiegler verbrannt hat.

Tagung und Buch haben einen hohen Stellenwert, denn seit mehr als 120 Jahren hat sich die Forschung nicht mehr so intensiv mit Teuschlein auseinandergesetzt. Das Ergebnis des jahrelangen Projektes von acht Historikern wurde in der mit einhundert Teilnehmern gut besuchten Rothenburger Tagung am Campus der Öffentlichkeit präsentiert. „Wir sind über die Vorgänge rund um die Bauernkriegsgeschehnisse in Rothenburg relativ gut unterrichtet“ unterstreicht Prof. Horst F. Rupp. So gibt es neben umfangreichem Archivmaterial auch zwei städtische Chroniken als Augenzeugen-Berichte. Zum einen das im Nachgang zu den Bauernkriegsgeschehnissen zur Verteidigung der Haltung Rothenburgs verfasste chronistische „buch der bewrischen auffrur“ des Stadtschreibers Thomas Zweifel, und zum anderen die Chronik des Priesters Michael Eisenhart. Auf beide Werke hat die Bauernkriegs-Forschung intensiv zurückgegriffen.

Juden fanden Zuflucht in der Nachbarschaft

Dr. Johannes Teuschlein (seit 1512 war er schon Prediger in Rothenburg) hatte sich bereits vor dem Bauernkrieg eifrig in die Stadtpolitik eingemischt, stellt Rupp fest. So sei er 1519/20 die treibende Kraft bei der gewaltsamen Vertreibung der letzten sechs jüdischen Familien aus der Reichsstadt ob der Tauber gewesen. Diese hätten wohl in der Nachbarschaft Zuflucht gefunden. Der Autor: „Es gibt Hinweise, dass einige der vertriebenen Juden in Creglingen untergekommen sind, das seinerzeit zur Markgrafschaft Ansbach gehörte“. Hier war Stefan von Menzingen als Ansbacher Amtmann tätig, der dann 1525 die Rothenburger Opposition zugunsten der Bauern in der Reichsstadt anführen sollte. Ihn kann man heute noch als Stifterfigur eines monumentalen Christophorus-Freskos in der Creglinger Herrgottskirche bestaunen. Horst F. Rupp ist vielen außerdem zusammen mit Hartwig Behr als Autor des 1999 erschienen Buches „Vom Leben und Sterben – Juden in Creglingen“ bekannt.

Bei der offiziellen Beendigung des Bauernaufstands wurde am 15. Mai 2025 die Jakobskirche, wie schon zuvor bei den Predigten, zum Schauplatz. Die Einigung mit den Bauern besiegelte man dort feierlich in Anwesenheit des Bauernhauptmanns Florian Geyer. Karlstadt und Stefan von Menzingen verließen die Stadt danach Anfang Juni. Im neuen Jahr dürften die Besucher bei Führungen viel vom grausamen Ende hören: nach dem Einzug von Markgraf Kasimir mit seiner Truppe müssen am 30. Juni und 31. Juli 2025 die Rothenburger auf dem Marktplatz den Untertanen-Eid schwören. Und sie werden Augenzeugen, wie insgesamt 25 Aufrüher durch den Henker geköpft werden, darunter auch Johannes Teuschlein und Stefan von Menzingen.

Historisches steht immer mehr im Fokus der touristisch-kulturellen Angebote. Das Jubiläum „750 Jahre Bestätigung des Reichsstadtprivilegs“ wurde von besonderen Kulturveranstaltungen begleitet. Vor allem hebt Tourismus- und Kulturschef Jörg Christöphler die wissenschaftliche Tagung von April zur „Modernität der Reichsstädte“ hervor. Somit wurden dieses Jahr gleich zwei Wissenschaftstagungen geboten. Dazu das Bürgerfest im Mai und die Reichsstadt-Festtage im September.

Der gelungene Auftakt zum Gedenkjahr 2025 war für Christöphler vor allem die wissenschaftliche Teuschlein-Tagung zu dem „Rothenburger Prediger und Agitator“. Mit dem Begriff der „Freyheyt“ (nach Schreibweise Martin Luthers 1520) sind die Werbeschriften im nächsten Gedenkjahr betitelt. Mit dem Jahresprogramm dazu versuche man erneut „den Spagat zwischen hochkulturellen, wissenschaftlichen Auseinandersetzungen, und eher populären Herangehensweisen“ zu schaffen, erläutert der Kulturchef. Beides vereinen werde das Gastspiel der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg am 28. Juni 2025 auf dem Marktplatz: Als mobiles Veranstaltungsformat soll die Gruppe „Uffrur“ ein fünfstündiges Spektakel zum Mitmachen aufführen, gedacht als„theatrale Reflexion über Fragen gesellschaftlicher Gerechtigkeit und Freiheit“.

Für weitere „nachhaltige Aufwertung des jüdischen Erbes Rothenburgs“ – zu der vor Monaten die Einweihung des Hauses Judengasse 10 mit der mittelalterlichen Mikwe gehörte – dürfte eine wissenschaftliche Tagung zu Rabbi Meir ben Baruch (1220 – 1293) sorgen, der als namhafter Gelehrter in Rothenburg wirkte. Dazu kooperiert die Stadt mit dem Jüdischen Historischen Museum in Amsterdam.

Wie in einem Brennglas fokussieren sich bei dem Prediger Teuschlein zentrale Themen der heraufziehenden Neuzeit, die uns bis heute umtreiben: Professor Rupp nennt das problematische Verhältnis von Religion und Gesellschaft sowie Formen der Diskriminierung von Minderheiten „in der Gestalt eines religiös fundierten Antijudaismus, der seit dem 19. Jahrhundert mutieren konnte zu einem rassisch begründeten Antisemitismus“. Der hat sich auch in Rothenburg gezeigt.

Autor Redakteur, Wort- und Bildjournalist, Video

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