Niederstetten/Boston/Würzburg. Die wissenschaftliche Forschung ist gleichermaßen Steckenpferd und Leidenschaft von Professor Dr. Florian Kleefeldt. Der 32-Jährige hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser zu verstehen und Therapien zu deren Prävention zu entwickeln.
Für seine Forschung ist der gebürtige Niederstettener bereits reichlich mit Auszeichnungen dekoriert worden – zuletzt mit dem mit 10 000 Euro dotierten „Orlovic-Nachwuchsfonds Innovative Kardiologie“ 2023 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Derzeit hält sich der frischgebackene Juniorprofessor für Translationale Medizin für sieben Monate am Harvard Stem Cell Institute der gleichnamigen Universität in Boston auf. Im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten via Videoschalte gibt der aufstrebende Mediziner Einblicke in seine abwechslungsreiche Tätigkeit.
Interessanter Unterricht
„Erste Berührungen mit den Naturwissenschaften und der Biomedizin hatte ich am Gymnasium in Weikersheim – dank Lehrern, die den Unterricht interessant gestalteten“, betont der Vorbachtäler. Nach dem Medizinstudium in Würzburg sei durch die medizinische Doktorarbeit am Institut für Anatomie und Zellbiologie bei Professor Ergün der Weg in die wissenschaftliche Forschung geebnet worden, erläutert Kleefeldt. Begünstigt wurde dies zudem durch Teilnahme am Begleitstudiengang „Experimentelle Medizin“. „Das war eine gute Möglichkeit, erste Einblicke in die Forschung zu gewinnen und in Praktika in verschiedenen Laboren Forschungsmethoden und -techniken zu lernen, um dann in die Wissenschaft einzusteigen.“
„Nein, ich bin nicht medizinisch ,vorbelastet’ und wir sind auch keine ,Ärzte-Dynastie’“, lacht Florian Kleefeldt. Das könne sich aber durchaus ändern, denn auch sein Bruder arbeitet mittlerweile als Augenarzt an der Würzburger Uniklinik.
Im Gespräch ist immer wieder herauszuhören, dass die wissenschaftliche Tätigkeit dem 32-Jährigen „voll taugt“. „Unsere Tätigkeit bedeutet große Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, die unsere Arbeit mitfinanziert. Gleichzeitig genießen wir sehr viel Freiheit in unserer Forschung“, was für ihn ein ganz besonderer Reiz sei.
Oft werde er gefragt, was er in seiner Arbeit genau mache, teilt der engagierte Wissenschaftler weiter mit – die Antwort darauf sei jedoch gar nicht so leicht. „Wir sind quasi noch ,vor der Tablette’. Wir suchen nach Zielstrukturen, die später für die Therapie genutzt werden können“, beschreibt es der Neu-Professor. Ihm sei allerdings besonders wichtig, mit seiner Forschung einen späteren Nutzen für die Patienten zu schaffen.
Interview: „Für mehr Lebensqualität“
Professor Dr. Florian Kleefeldt: Es geht einerseits darum, Kontakte für spätere Forschungskooperationen zu knüpfen und das universitäre Umfeld in den USA kennenzulernen. Andererseits aber auch darum, Techniken zu lernen und sie dann nach Würzburg zu bringen. Würzburg ist bereits sehr stark in der Herz-Kreislauf-Forschung. Im Bereich der Regeneration von Herzgewebe sehe ich aber noch weiteres Potenzial. Dies möchte ich mit der Juniorprofessur heben und den Bereich Stammzellen und Herzmuskelersatz an der Universität Würzburg weiter stärken.
Was bedeuten für Sie Auszeichnungen wie der mit 10 000 Euro dotierte „Orlovic-Nachwuchsfonds“?
Kleefeldt: Ich fühle mich von der Auszeichnung sehr geehrt. Sie zeigt auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und motiviert mich, weiterzumachen. Für mich sind die damit verbundenen Forschungsgelder als Anschubfinanzierung sehr wichtig, denn Forschung ist sehr teuer. Mit diesen Mitteln können Vordaten generiert werden, um dann einen Antrag für ein großes Forschungsprojekt zu stellen.
Haben Sie Träume, Visionen?
Kleefeldt: Klar, die hat jeder. Geht man als Mediziner durch die Klinik, sieht man, wo es hakt, wo noch dringend bessere Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung fehlen. Das ist es, was einen tagtäglich antreibt. Durch meine Forschung möchte ich zu verbesserten Behandlungsmöglichkeiten beitragen.
Wissenschaftlicher Übergang
„Zunächst testen wir vorklinisch ohne Patienten und identifizieren so Zielstrukturen, um später Herz-Kreislauf-Erkrankungen möglichst verhindern zu können, so dass die Menschen gar nicht erst daran erkranken“, sagt Kleefeldt weiter. Dieser Bereich der Wissenschaft, translationale Medizin genannt, sei der Übergang der vorklinischen Grundlagenforschung zur Anwendung in der Klinik am Patienten. Hierbei handle es sich um das erste Glied der Kette – „das, was ich immer machen wollte, weil der Blick stets auch darauf gerichtet ist, was es den Patienten nutzen könnte“. Für die Menschen viel Gutes auf den Weg zu bringen, treibe ihn an, „was dann zur Marktreife kommt, um ihnen nachhaltig zu helfen“.
„Für meine Mitstreiter und mich steht neben der Risikominimierung durch Prävention zunehmend auch die Behandlung nach Eintritt der Erkrankung im Fokus unserer Forschung. Was passiert, wenn der Schaden, wie zum Beispiel ein Herzinfarkt, bereits eingetreten ist?“, so der Niederstettener weiter gegenüber unserer Zeitung. Um konkreter zu werden: „Wie geht es nach einem Herzinfarkt weiter? Aus normalen Zellen des Patienten ist man in der Lage, Stammzellen zu erzeugen, um daraus zum Beispiel Herzmuskelzellen herzustellen.“ Sie könnten das tote Gewebe infolge des Infarkts ersetzen. Für die weiteren hierfür geplanten Forschungsprojekte soll auch der wissenschaftliche Aufenthalt am Harvard Stem Cell Institut beitragen. Ziel könnte sein, ein ganzes Herz in 3D zu drucken, was jedoch wohl noch einige Zeit dauern werde. „Aber da soll es hingehen!“.
Florian Kleefeldt ist gleichermaßen motiviert und zuversichtlich, auf dem Feld der Forschung auf einem guten Weg zu sein. „Wenn klinische Studien beginnen, braucht es mehrere Jahre, bis ein Wirkstoff zur breiten klinischen Anwendung kommt. Diese Zeiten sind notwendig, da der Faktor Patientensicherheit einen hohen Stellenwert hat, damit bei Einnahme eines Medikaments keiner zu Schaden kommt.“
Entzündungen im Alter
„Wir wollen Schritt für Schritt vorankommen – auf verschiedenen Gebieten“, erklärt der ambitionierte Wissenschaftler im FN-Gespräch – und geht erneut ins Detail: „Im Alter kommt es zu einer chronischen Entzündung im Blutgefäßsystem. Diese ist aber deutlich geringer als beispielsweise bei einer Infektion mit Bakterien. Diese chronische jahrelange Entzündung kann allerdings mit zunehmendem Alter zum Problem werden, denn diese verursacht Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie etwa Gefäßverkalkung und Herzinfarkt.“ Bestreben der Forschung sei, dieses Entzündungsniveau zu senken – und zwar auf eine Art und Weise, die dem Patienten nicht schade. Theoretisch sei es denkbar, bekannte Entzündungsmoleküle zu hemmen. Diese seien allerdings sehr wichtig für das Abwehrsystem – und deswegen nicht für eine Therapie geeignet. „Stattdessen wollen wir ein Medikament entwickeln, das in diese Entzündung nur ein bisschen eingreift, dabei aber das Immunsystem nicht belastet oder beeinträchtigt. Da wollen wir hin und hoffen, dies in den kommenden Jahren umsetzen zu können.“
Immer neue Fragen
„Das Schöne in der Wissenschaft ist: Sobald wir eine Frage beantwortet haben, ploppen gleich mehrere neue auf. Und das ist gut so, weil es zeigt, dass es immer weitergeht“, teilt der 32-Jährige mit, wobei er nochmals explizit hervorhebt, dass es stets hierbei darum gehe, was für den Patienten unterm Strich herausspringt. „Und daran wird man sich später auch selbst messen. Wer nichts versucht, erreicht sein Ziel auch nicht. Wenn man aber die Möglichkeit hat, im Leben etwas für die Menschen zu erreichen, sollte man sie auch ergreifen. Dies ist es, was mich antreibt.“
„Unsere Arbeit ist vor allem für Leute, die gegenwärtig noch gar nicht wissen, dass sie gesundheitlich mal ,Schiffbruch’ erleiden könnten“, beschreibt Kleefeldt sein wissenschaftliches Engagement. „Wir arbeiten an einer Art Sicherungssystem, das nicht als Autopilot zu verstehen ist, weil man die Richtung immer noch selbst beeinflussen kann. Aber wir entwickeln eine Art Schutzsystem wie das ABS im Auto – das vor dem eigentlichen Crash schützen soll.“
Derzeit erweitert der Vorbachtäler in Boston seinen persönlichen Horizont, wovon ab Herbst auch die Arbeit an der Würzburger Uni profitieren soll. „Hier habe ich ein tolles Umfeld, in dem ich mein Potenzial weiter entfalten kann.“ Die vielen Methoden, die er aus den Staaten mitbringt, wolle er in der Domstadt implementieren, „um sie anzuwenden“.
Rückschläge gehören dazu
Wer erfolgreich sein möchte, müsse auch Rückschläge verkraften können. „Im Labor braucht es sehr viel Frustrationstoleranz, das ist wichtiger als vieles andere“, plaudert der Jungprofessor aus dem Nähkästchen. Manchmal komme kein Resultat heraus, ein anderes Mal genau das Gegenteil dessen, was man sich im Vorfeld vorgestellt habe. Dabei sei es ratsam, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern „aus Rückschlägen zu lernen“, sagt Florian Kleefeldt abschließend, der in seiner Freizeit gerne Sport treibt, Rad fährt und Wandern geht: „Ich brauche eine gewisse Balance, um den Geist zu erneuern.“
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