Autorinnen und Autoren aus der Region vorgestellt

Erstes Literatur-Jahrbuch für den Kreis

„Emigs Literaturbetrieb“ will eine literarische Entdeckungsreise ermöglichen

Von 
Inge Braune
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Günther Emig mit dem Literatur-Jahrbuch. © Inge Braune

Was Günther Emigs Literatur-Betrieb nach nur sieben Monaten zwischen Idee und Präsentation zum Leseherbst serviert, ist ein dicker Brocken: 670 Gramm bringt „JB 23 – Das Jahrbuch für Literatur aus dem Main-Tauber-Kreis“ auf die Waage.

Niederstetten. Kein Wunder bei seinen 480 Seiten, auf denen Verleger Emig und das „Lyriksündikat“ (Marion Betz, Armin Hambrecht, Martin Köhler und Brigitte Volz) zu einer spannenden Entdeckungsreise durch die in der Region wurzelnde Literatur einladen.

Insgesamt 30 Autorinnen und Autoren trommelten sie zusammen, aus der Region stammende und Zu- wie Weggezogene, noch fest im Dialekt verwurzelte ebenso wie solche, die eher in fremder Zunge denn auf Hohenlohisch oder Fränkisch parlieren.

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lis
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Das Altersspektrum: groß, vom Teenie bis zum altersweisen Granden. Beruflich alles drin: Lehrende, Lernende, künstlerisch Tätige, in und mit der Natur Arbeitende ebenso wie mit fremden Kulturen, der Sicherheit, Gesundheit oder Marketing Befassten. Auch ein Ingenieur, ein Philosoph, ein Theologe und ein Offizier finden sich unter den Autoren.

Vielfältige Genres

Entsprechend vielfältig sind Genres und Themen: sie greifen in Lyrik und Prosa Gegenwartsprobleme auf, ertasten die Vergangenheit, erforschen Lebensgeschichten von der ersten Liebe bis zur Altersweisheit, gestalten Fabel, Krimi und Momentaufnahmen, setzen der Landschaft, ihren Menschen und der Natur ein Wortdenkmal. Mancher ruft in Erinnerung, wer hier in jüngerer und älterer Vergangenheit zur Feder griff. Ein Text (Horst-Dieter Radke) begleitet Mörike, ein anderer (Wolf Wiechert) formuliert Nachgedanken zu Gottlob Haag. In der überarbeiteten Fassung seines Vortrags zu schreibenden Kurgästen ergänzt Hartwig Behr das aktuelle Autorendefilee beispielsweise um Hans Fallada, Hans Heinrich Ehrler, Eugen Roth, Thaddäus Troll und Martin Walser.

Dass es sich Verleger Günther Emig nicht nehmen ließ, das Jahrbuch nicht nur um Kurzporträts der Beteiligten, sondern auch um ein „Vorläufiges Taubertäler Autorenalphabet“ zu ergänzen, versteht sich da fast schon von selbst.

Prall gefüllt ist dieses Jahrbuch, das zur Wiederbegegnung etwa Carlheinz Gräter, Uwe Klausner, Willi Mönikheim und Ulrich Rüdenauer, um nur einige Namen zu nennen, einlädt; das neugierig macht auf das literarische Schaffen anderer, deren Leserkreise noch kleiner sind oder weiter entfernt zu Hause.

Preziosen dabei

Preziosen sind darunter, etwa ein in den 1930ern angesiedelter Kriminalfall (Bernd Marcel Gonner), intensive Augenblicksskizzen eines Neulings in der Ferne (Ulrich Rüdenauer) oder die fein ausgearbeitete Studie eines Tatzeugen (Matthias Ulrich). Immer wieder Überraschungen: Kipppunkte, die kichern lassen, zu Tränen rühren, nachdenklich stimmen, genaueren Blick einfordern.

Für nur 20 Euro bringt Emig die vom Autorenquartett aus den Einreichungen gewählte Sammlung auf den Markt: unfassbar, zumal das Opus ohne jeglichen Zuschuss, allerdings auch ohne Honorar für die Autoren, das initiierende Autorenquartett oder den Verleger, realisiert wurde.

So etwas gibt es nur, wenn eine Menge Herzblut pulst. Emig versteht sich als „begeisterter Initiator und Anstifter“ – und mit der Idee eines literarischen Jahrbuchs aus dem Kreis trug er sich schon seit ein paar Jahren. Sein Ziel?

Er wolle, sagt der Verleger, Vernetzung mit gestalten und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die für Wein, Kur und Natur, für Klöster, Schlösser, Burgen, Musik und Riemenschneider bekannte Kulturregion auch Literatur „als weitere Facette der Kultur des Landkreises“ (Landrat Christoph Schauder im Grußwort) zu bieten hat. Dafür hat der Niederstettener Verleger schon in der Vergangenheit in seiner Regionaliareihe nicht nur mit der Herausgabe von Hartwig Behrs „Zur Geschichte des Nationalsozialismus im Altkreis Mergentheim“ beigetragen, sondern auch mit Reprints und Neuauflagen etwa von Ottmar Schönhuth, Max Schermann oder der Dallmann/Veith-Sagensammlung aus dem Main-Tauber-Kreis. Die Regionalia stellen zwar nur ein gutes Dutzend Zentimeter des auf insgesamt rund fünfeinhalb Meter angewachsenen Buchrückenstapels, den Emig im Lauf seines Herausgeberlebens edierte, dokumentieren aber deutlich das ernsthafte Interesse des Kleist-Spezialisten an der Wahlheimat Main-Tauber-Kreis.

Drei Ausgaben geplant

Ob es ihm und der aus Marion Betz, Armin Hambrecht, Martin Köhler und Brigitte Volz bestehenden Autorengruppe „Lyriksündikat“ gelingen wird, im kommenden Jahr weitere Texte aus Schubladen zu befreien und weitere Autoren aus der Anonymität herauszulocken?

Drei Jahrbuch-Ausgaben zumindest hat Emig sich vorgenommen – notfalls auch unter Einsatz von Eigenkapital.

Schöner wäre es natürlich, so der Verleger im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten, regionale Sponsoren für weitere Ausgaben zu finden: schließlich gehöre die Literatur auch zum Fundus der Kulturregion.

Die brachte in der Vergangenheit etwa mit Hans Heinrich Ehrler, Felix Fechenbach, Gottlob Haag, Willi Habermann, Wilhelm Hartlaub, Heinz Sausele und Ottmar Schönhuth schon so einige über die Region hinaus bekannte Literaten hervor.

Schon das erste literarische Jahrbuch beschenkt mit vielfältigen Eindrücken, die neugierig machen auf Weiteres von den Autorinnen und Autoren. Manche Geschenksuche für weihnachtliche Gabentische dürfte sich mit dem „JB 23“ erledigt haben.

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