Jüdisches Museum Creglingen - Das Jahr 2016 war geprägt vom Tod des Museums-Stifters Arthur S. Obermayer / Neue Ausstellungen geplant

"Was habt ihr da für einen Brauch?"

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Das Ölporträt Arthur S. Obermayer von Marlis Glaser (2015) wird im Februar 2017 seinen Platz im jüdischen Museum in Creglingen finden.

© Marlis Glaser

Creglingen. Das Jüdische Museum in der Badgasse 3 blickt auf ein erfolgreiches Jahr mit zwei interessanten Sonderausstellungen und mehreren informativen Veranstaltungen zurück.

Creglingen. Dank des unermüdlichen Einsatzes des ehrenamtlichen Museumsteams konnte die Anzahl der Ausstellungs- und Veranstaltungsbesucher des Vorjahres um ein Haar wieder erreicht werden. Erfreulicherweise verdoppelte sich gegenüber 2015 die Anzahl der Führungen von Schulklassen durch die Museumsräume.

Sehr gut besucht war die große Sonderausstellung "Zeitzeugen - Fotografien jüdischer Friedhöfe", die von Mitte Juni bis Ende Juli zu sehen war. Die beiden engagierten Fotografen Gerd Brander und Walter Höring haben in über 50 ausgestellten Bildern die besondere Atmosphäre jüdischer Grabstätten in der Rhein-Main-Region und darüber hinaus eingefangen.

Dr. Rotraud Ries vom Johanna-Stahl-Zentrum in Würzburg informierte in einem Vortrag gegen Ende der Ausstellung über viele interessante Details zu den zahlreichen jüdischen Friedhöfen in Unterfranken und Nordbaden.

Als Besuchermagnet erwies sich die kleinere, von Mitte September bis Ende Oktober gezeigte Sonderausstellung "Krankenmord im Nationalsozialismus - Grafeneck 1940" über die einstige, vom NS-Regime errichtete Tötungsanstalt von Behinderten auf der Schwäbischen Alb. Die sachkundige Einführung der wissenschaftlichen und pädagogischen Mitarbeiterin der dortigen Gedenkstätte, Franka Rößner, und der souveräne zweistündige Vortrag des Gedenkstättenleiters Thomas Stöckle fanden großes Interesse.

Die Stiftung musste am 10. Januar mit großer Betroffenheit das Ableben des Initiators und Hauptstifters des Jüdischen Museums, Dr. Arthur S. Obermayer (USA), eines familiengeschichtlich sehr interessierten Nachfahren von Creglinger Juden, zur Kenntnis nehmen. Sein örtlicher Vertreter im Vorstand, Martin Heuwinkel, Geschäftsführer der Stiftung, wohnte der Gedenkfeier der Familie am 28. Februar im Temple Shalom in Newton (Massachusetts/USA) bei. Das Creglinger Museumsteam organisierte am 6. November eine anrührende Veranstaltung zum Gedenken an den Verstorbenen, ohne dessen Engagement das Jüdische Museum in Creglingen heute nicht existieren würde. Neben Heuwinkel schilderte Vorstandsmitglied Ulrich Schönberger seine persönlichen Begegnungen mit Obermayer, der ihm zum Freund und Vorbild geworden war, und eine der Preisträgerinnen der "Obermayer German Jewish History Awards" von 2015, die Künstlerin Marlis Glaser aus Attenweiler bei Biberach, präsentierte ihr farbenfrohes Porträt des Verstorbenen, das ab 2017 im Creglinger Museum als Leihgabe einen Ehrenplatz einnehmen wird.

Im Februar veranstaltete das Jüdische Museum gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Niederstetten im "Kult" ein sehr gut besuchtes Konzert des vielfach preisgekrönten Tübinger Klezmer-Quartetts "Jontef". Auf Veranlassung und unter fachmännischem Einsatz von Ulrich Schönberger konnte im Juni 2016 im Beisein des Landesrabbiners Netanel Wurmser eine verloren geglaubte Inschriftenplatte wieder an einem Grabstein im jüdischen Friedhof angebracht werden.

Der ehemalige Realschulrektor Albert Krämer hielt Anfang September anlässlich des "Europäischen Tages der Jüdischen Kultur" einen kenntnisreichen Vortrag über "Die jüdischen Schulen in Creglingen und Archshofen". Am 9. November fand in den Museumsräumen eine gemeinsam mit der Stadt, der Evangelischen Kirchengemeinde und dem DGB-Kreisverband Main-Tauber veranstaltete Gedenkstunde zur Reichspogromnacht statt.

Schließlich erschien im Jahresverlauf auch der 2013 im Jüdischen Museum von dem namhaften Historiker Prof. Dr. Wolfgang Benz (Berlin) gehaltene Vortrag "Aufkündigung der bürgerlichen Humanität. Die Novemberpogrome 1938 - insbesondere in Franken" um ein Jahr verspätet im "Jahrbuch Württembergisch Franken" 2015 gedruckt. Das Jahrbuch ist beim gleichnamigen Historischen Verein für 25 Euro erhältlich, Telefon 0791/6350, E-Mail: herta.beutter@schwaebischhall.de. Auch im neuen Jahr wird das Jüdische Museum wieder zwei attraktive Sonderausstellungen nach Creglingen holen. Von Mitte Juni bis Ende Juli wird die Sonderschau "Was habt ihr da für einen Brauch?" über die wichtigsten jüdischen Feste und Riten gezeigt, die von "ImDialog. Evangelischer Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau" zusammengestellt worden ist.

Für den Herbst ist eine Präsentation über den Einsatz von Zwangsarbeitern in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges geplant. Bis zum 7. Februar ist im Jüdischen Museum Winterpause, erstmals geöffnet ist das Haus in der Badgasse 3 wieder im neuen Jahr am 8. Februar (Mittwoch) zum Pferdemarkt von 14 bis 17 Uhr.

Und am folgenden Freitag, 10. Februar, wird abends im Rahmen einer kleinen Feier das Obermayer-Porträt von Marlis Glaser seinen Platz im Museum finden und zugleich eine neue Medienstation mit den 22 Lebensläufen zur jüdischen Porträtgalerie ihrer Bestimmung übergeben. CB

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